Kommentar zur Weltgesundheitsversammlung
Eine Perspektive für die WHO?
Es ist ein wichtiges Signal, das Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Montag gegeben hat. Während der ab Juli anstehenden, halbjährigen EU-Ratspräsidentschaft will Deutschland zusammen mit Frankreich ein Konzept zur Reform der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vorlegen.
Der Zeitpunkt war nicht zufällig gewählt, denn am Montag hat in Genf die diesjährige Weltgesundheitsversammlung (WHA) begonnen – der COVID-19-Pandemie geschuldet per Videoschalte.
Spahns Vorstoß dürfte WHO-Generaldirektor Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus willkommen sein, lässt sich dieser doch so lesen, dass zumindest Europa noch hinter der WHO als zentralem Pandemiemanager steht. US-Präsident Donald Trump hatte die WHO ja vor Kurzem quasi zum Abschuss freigegeben, um offensichtlich von eigenen Fehleinschätzungen bezüglich des Pandemiegeschehens in den Vereinigten Staaten abzulenken.
Ob Spahn auf der EU-Ebene in puncto WHO-Reform genauso zügig vorankommt wie bei seinen Gesetzesinitiativen in der Heimat, bleibt abzuwarten. Die Zeit wird aber allemal reichen, um der Weltgemeinschaft zu zeigen, wie eine moderne – bei Spahn heißt das ja unweigerlich immer digitale – WHO künftig gestaltet und auch aufrechterhalten werden kann.
Knackpunkte dabei werden die Sicherstellung der finanziellen Mittel für die WHO sein sowie der Wille der Mitgliedstaaten, im Ernstfall auch die führende Rolle der Genfer Organisation im Pandemiemanagement anzuerkennen. Und spätestens hier müssen sicher dicke Bretter gebohrt werden – in Peking und in Washington. Denn die beiden Supermächte schätzen Europa – momentan allerdings eher als Wirtschafts- denn als Politikpartner.
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