Vorsorge-Koloskopie

Einladung à la BKK

Warten auf ein bundesweites Verfahren? Das machen 61 BKKen bei der Darmkrebs-Prävention nicht mit. Sie trommeln auf ihre Weise für die Vorsorge-Koloskopie - und das schon seit Jahren. Aber es gibt einen Schwachpunkt. Den wollen die Beteiligten jetzt beheben.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Koloskopie: Die BKKen plädieren für das Einladungsmodell.

Koloskopie: Die BKKen plädieren für das Einladungsmodell.

© Klaus Rose

KÖLN. Viele Betriebskrankenkassen wollen nicht warten, bis ein bundesweites Einladungsverfahren zur Darmkrebs-Früherkennung implementiert ist. Sie werden die Versicherten weiterhin gezielt zur Vorsorge motivieren und ihnen die Koloskopie ans Herz legen - oder zumindest den immunologischen Stuhltest.

Angespornt werden die Verantwortlichen bei den Kassen durch die Erfahrungen mit dem "Aktionsbündnis gegen Darmkrebs". An dem Projekt, das am 1. Juli 2012 angelaufen ist, beteiligen sich inzwischen 61 BKKen.

Ihr Ziel ist es, die Darmkrebs-Prävention zu verbessern. Die Versicherten erhalten zum 55. Geburtstag eine Einladung zur Koloskopie. Reagieren die Angeschriebenen nicht, empfehlen ihnen die Kassen in einem weiteren Schreiben einen immunologischen Stuhltest.

BKKen übernehmen Kosten

Die BKKen übernehmen die Kosten des Tests und fordern auch 50- bis 54-Jährige auf, ihn zur Vorsorge zu nutzen. Die Versicherten können sich den Test vom Unternehmen Care diagnostica zusenden lassen.

"Es ist nach wie vor wichtig, das Thema Darmkrebs-Vorsorge zu enttabuisieren", sagt Joachim Wolf, Vorstandsvorsitzender der E.ON BKK und Initiator des Projekts. "Man muss immer wieder die Glocke läuten."

Partner der Betriebskrankenkassen sind die Felix Burda Stiftung, die Stiftung LebensBlicke, das Netzwerk gegen Darmkrebs, der Berufsverband niedergelassener Gastroenterologen (bng) und die "Ärzte Zeitung". Schirmherr ist Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU).

Die Kassen haben bislang 225.000 Versicherte angeschrieben. Als Reaktion haben sich 28 Prozent einen Stuhltest schicken lassen, von ihnen haben 64 Prozent (40.927) den Test eingeschickt. Bei 2177 oder 5,3 Prozent war das Ergebnis positiv. Ihnen wurde eine Koloskopie empfohlen.

Ein Schwachpunkt des Projekts ist, dass nicht festgestellt werden kann, ob die Versicherten tatsächlich zur Darmspiegelung gehen. Zwar können Ärzte über die vom Aktionsbündnis angestoßenen Koloskopien einen anonymisierten Fragebogen an das Unternehmen Care diagnostica schicken. Das macht aber nur ein Teil.

Zwei Kolonkarzinome erkannt

Das Institut für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie an der Universitätsklinik Essen (IMIBE), das die wissenschaftliche Begleitforschung übernommen hat, konnte die Angaben zu 263 Koloskopien auswerten, das sind 13 Prozent der positiven Tests. 139 dieser Koloskopien hatten einen Befund.

Durch die Darmspiegelung wurden 60 tubuläre Adenome erkannt, 21 tubulo-villöse Adenome, 50 hyperplastische Polypen und vier entzündliche Polypen, ein Adenom mit schwerer Dysplasie, ein Rektum-Karzinom und zwei Kolonkarzinome.

Um sich ein genaueres Bild zu verschaffen, haben die Wissenschaftler versucht, bei den beteiligten Kassen die Entwicklung der Abrechnungsziffern zu Koloskopien in Erfahrung zu bringen, so Projektleiterin Dr. Claudia Pieper vom IMIBE.

"Doch viele Kassen konnten uns die Daten nicht liefern." Sie möchte ein Folgeprojekt auf den Weg bringen, bei dem mit Einverständnis der Versicherten individuell nachverfolgt werden kann, wie sie auf das Anschreiben reagieren, ob sie zur Koloskopie gehen und was dann passiert.

Sinnvolle Alternative anbieten

"Wir wollen eine Studie zum klinischen Verlauf machen, bei der klinische Daten und Versorgungsdaten verbunden werden", sagt sie. Das "Aktionsbündnis gegen Darmkrebs" hat im Jahr 2013 den Darmkrebs-Kommunikationspreis erhalten.

Das Preisgeld fließt in die Beantragung der Studie. Auch wenn es sich noch nicht durch Zahlen belegen lässt: Die Erfahrung der E.ON BKK und die Rückmeldungen anderer Kassen zeigen, dass die Versicherten nach einem positiven Stuhltest zur Koloskopie gehen, betont Kassenchef Wolf.

Deshalb sei es so wichtig, den Koloskopie-Verweigerern eine Alternative aufzuzeigen. Der wesentliche Erfolg des Aktionsbündnisses liegt nach Einschätzung des Gastroenterologen Dr. Arno Theilmeier vom bng in dem Beleg, dass ein Einladungsverfahren Sinn macht. "Die gezielte Ansprache gibt vielen Menschen bei der Vorsorge den entscheidenden Tritt in den Hintern", sagt er.

Es sei gut, dass die Kassen den Versicherten mit dem immunologischen Stuhltest eine Alternative zur Koloskopie bieten, bestätigt der Arzt. "Die Tests haben eine hohe Sensitivität und Spezifität und sind besser als die bisher üblichen." Theilmeier begrüßt das Kassen-Engagement. "Es ist sinnvoll, wenn die BKKen weitermachen."

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Kommentare
Dr. Robert Künzel 17.03.201413:43 Uhr

Sehe ich das richtig:

Die Kasse schreibt Ihre Kunden an, diese bestellen dann direkt beim Diagnostika-Anbieter den Test und senden diesen dann auch direkt dorthin zurueck.
Wo befindet sich bei diesem Modell eigentlich noch ein Arzt ??
Von mir aus gut und schön, aber es ist doch mehr als naiv dann zu erwarten, daß ein Arzt dann hinterher irgendwelche Feedback-Fragebögen in seiner Freizeit für Gotteslohn ausfüllt. Wem in alles in der Welt ist denn so etwas eingefallen ?

Richtig wäre: Die Kassen schreiben Ihre Kunden an und erklären sich bereit, als freiwillige Leistung einen immunologischen Stuhltest als IGEL zu bezahlen. Dann wird, wenn (genau wie die Laborleistung, Untersuchung und Beratung) der Befundbericht nach GOÄ (St.Fa. 2,3) vergütet wird, wohl auch die Rücklaufquote eines solchen Berichtes entsprechend sein.

Das passt natürlich dem Diagnostikahersteller nicht in den Kram, stünde er doch dann mit allen anderen POC-Anbietern solcher Stuhltests in einem Wettbewerb, denn der durchführende Arzt hätte ja die Wahl, bei wem er die Testkits bezieht. Ich werde diesen Hersteller auf meine praxisinterne Blacklist setzen, er hat sich für seinen bevorzugten Vertragspartner ja bereits entschieden und daher wohl auch kein Interesse daran, noch mit niedergelassenen Ärzten in Geschäftsbeziehung zu treten.

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