Leitartikel

Fall Mollath stößt Reform im Maßregelvollzug an

Der "Fall Mollath" hat den Maßregelvollzug in den Blick der Öffentlichkeit gerückt. Nicht nur hier rügte das Bundesverfassungsgericht allzu leichtfertige Unterbringungsentscheidungen der Gerichte. Berlin schmiedet an einer Reform.

Martin WortmannVon Martin Wortmann Veröffentlicht:
Die Einweisung in die Psychiatrie ist spätestens seit dem "Fall Mollath" in der öffentlichen Diskussion.

Die Einweisung in die Psychiatrie ist spätestens seit dem "Fall Mollath" in der öffentlichen Diskussion.

© imago / insadco

Immer mehr ehemalige Straftäter sind dauerhaft in der Psychiatrie untergebracht. 10.276 Menschen waren es 2012 - überwiegend Männer zwischen 30 und 50.

Dabei geben die Zahlen des Statistischen Bundesamtes keine Auskunft über die Dauer. Doch der Trend ist klar, denn seit Jahrzehnten liegt die Zahl der Zugänge über der der Entlassungen. Die Dauer steigt also - laut Wikipedia sind es durchschnittlich sechs bis acht Jahre.

Sieben Jahre waren es bei Gustl Mollath. Sein "Fall" gab dem Thema ein Gesicht. Er führte zu Reformüberlegungen im Bundesjustizministerium und rief auch das Bundesverfassungsgericht auf den Plan.

Obwohl es um das elementare Grundrecht der Freiheit geht, werden Unterbringungen zu automatisch verlängert und von den Gerichten nicht ernst genug geprüft, rügen die Karlsruher Richter.

Zwei Beispiele für Absurditäten

Die jüngsten in Karlsruhe vorliegenden Fälle machen die Absurdität deutlich, die hinter einer Unterbringung stecken kann.

Gustl Mollath hatte schlicht einen gesellschaftlichen Glaubenssatz in Frage gestellt, der bis zur Finanzkrise in Deutschland kaum zu erschüttern war: Dass Banken behördengleiche Einrichtungen sind, in denen Lug und Trug nicht vorkommen. Berichte von Kriminalität in einem Geldinstitut schienen seinem Gutachter nur durch eine "paranoide Wahnsymptomatik" erklärbar.

Inzwischen haben sich seine Angaben als weitgehend wahr erwiesen.

In einem weiteren, weit weniger prominenten Fall geht es um einen Mann, der einer Friseurin nachgestellt hatte. 1997 hatte er ihre noch einen Spalt geöffnete Haustür aufgedrückt, die Frau an ihren Handgelenken festgehalten und verlangt, dass sie ihn küsst. Erst nach einigen Minuten hatte er losgelassen und das Haus verlassen. Trotz eines Hausverbots hatte er zudem die Frau mehrfach an ihrem Arbeitsplatz aufgesucht.

Das Landgericht Landshut stellte einen "einseitig ausgebildeten Liebeswahn" fest. Zudem mussten die unterdurchschnittliche Intelligenz und "unreife Persönlichkeit" des Mannes für seine Unterbringung herhalten. Lesen Sie mehr zu den beiden Fällen und darüber, welche Auswirkungen sie auf den Maßregelvollzug haben, exklusiv in unserer App... (Ausgabe 13. September 2013)

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