Analyse

Flaute bei altem Hämoccult-Tests

Immer weniger Menschen nutzen offenbar Hämoccult-Tests zur Früherkennung von Darmkrebs. Ein Präventionsexperte hat eine simple Erklärung für den Rückgang.

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Zwar gehen weniger Deutsche zum Hämoccult-Test, dafür steigt die Zahl der Koloskopien zur Früherkennung.

Zwar gehen weniger Deutsche zum Hämoccult-Test, dafür steigt die Zahl der Koloskopien zur Früherkennung.

© SP-PIC / Fotolia

HAMBURG. Immer weniger Menschen nehmen an der Darmkrebsfrüherkennung teil. 2016 nutzten in Deutschland rund 11 Prozent weniger Menschen Hämoccult-Tests als noch 2012, wie die Barmer anhand der Abrechnungsdaten von gesetzlich Versicherten aller Kassen ermittelt hat. Vier Jahre zuvor ließen knapp 3,9 Millionen Männer und Frauen ab 50 Jahren eine Stuhlprobe auf Blutspuren untersuchen, 2016 waren es noch gut 3,4 Millionen.

„Es ist erschreckend, dass immer weniger Menschen die Darmkrebsfrüherkennung in Anspruch nehmen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass Darmkrebs bei Männern die dritthäufigste Krebserkrankung und bei Frauen die zweithäufigste ist“, sagte der Landesgeschäftsführer der Barmer in Hamburg, Frank Liedtke. Werde ein Tumor rechtzeitig erkannt, könne die Gefahr zum Beispiel durch die Entfernung von Polypen im Darm gebannt werden. Polypen sind Schleimhaut-Wucherungen, die sich zu bösartigem Darmkrebs entwickeln können. Jährlich erkranken in Deutschland 73.000 Menschen an dem Krebs, und 30 000 sterben.

Experte: Rückgang nicht alarmierend

Auch der Hamburger Internist und Gastroenterologe Andreas Block reagiert nicht besonders alarmiert auf den Rückgang bei dem Hämoccult-Test. Die Fehlerquote liege bei 20 bis 30 Prozent, sagt Block, der den Bereich Prävention am Universitären Krebszentrum leitet. Zudem könne der herkömmliche Stuhltest nicht zwischen menschlichem und tierischem Blut unterscheiden. Schon der Verzehr eines Mettbrötchens am Vortag könne zu einem positiven Ergebnis führen.

„Es ist immer noch besser, als wenn man nichts macht, aber viel besser ist natürlich die Darmspiegelung“, betont Block. Die Koloskopie sei der „Goldstandard“. Ärzte könnten auf diese Weise 98 Prozent der Tumore im Ansatz erkennen und die Polypen auch gleich entfernen. Seit 2002 haben gesetzlich Versicherte ab 55 Jahren Anspruch auf eine Darmspiegelung und auf eine weitere zehn Jahre später – insgesamt also nur auf zwei Untersuchungen.

Koloskopien zur Früherkennung im Aufwind

Für Bock ist diese Regelung eine mögliche Erklärung für den Rückgang bei dem Stuhltest. Denn tatsächlich haben die Koloskopien zur Früherkennung deutlich zugenommen, wie die Analyse der Barmer zeigt. Die Zahl der Untersuchungen stieg von 2012 bis 2017 deutschlandweit um knapp 20 Prozent. Die absolute Zahl der Teilnehmer ist mit rund 467.000 gesetzlich Versicherten aber bei weitem nicht so groß wie beim Hämoccult-Test. Allerdings habe man nach einer Darmspiegelung ohne Befund zehn Jahre Ruhe, weil Polypen nur sehr langsam wachsen, erklärte Block.

„Ich glaube es wäre voreilig zu sagen, die Leute werden vorsorgemüde und machen deswegen keinen Hämoccult mehr.“ Der anfängliche „Hype“ bei der Darmspiegelung sei allerdings auch etwas abgeflaut.

DGVS fordert Koloskopie ab 50

Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) fordert, bereits ab 50 Jahren die Koloskopie zur Früherkennung anzubieten. Die Häufigkeit der Erkrankung steige bereits in diesem Alter deutlich an. Vor allem Männer hätten ein höheres Risiko. Eine Studie mit knapp 1400 Teilnehmern im Alter von 50 bis 54 Jahren habe gezeigt, dass 8,6 Prozent der Männer, aber nur 4,5 Prozent der Frauen fortgeschrittene gut- oder bösartige Tumore hatten.

Das Bundesgesundheitsministerium hat darauf im Oktober reagiert, wie Barmer-Sprecher Torsten Nowak sagt. Ab April 2019 bekommen nun bereits auch Männer ab 50 Jahren schon wahlweise eine Darmspiegelung oder den Hämoccult-Test von den Kassen bezahlt. Für Frauen wird die Koloskopie zur Früherkennung ab 55 Jahren übernommen. Aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung mache die Untersuchung auch bei 70- und 80-Jährigen noch Sinn, sagte Block. (dpa)

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