KBV-Vertreterversammlung

Hofmeister: Warum gibt es keinen Steuerungstarif?

KBV-Vize Dr. Stephan Hofmeister kritisiert die „Vermeidungstaktik“ der Politik beim Thema Patientensteuerung. Er fordert für die Kassen einen verpflichtenden Primärarzt- oder Steuerungstarif. Zudem verabschieden die KV-Vertreter eine Resolution gegen das TSVG.

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Die Politik darf sich nicht länger wegducken, sagte KBV-Vize Dr. Stephan Hofmeister am Freitag auf der Vertreterversammlung der Körperschaft in Berlin.

Die Politik darf sich nicht länger wegducken, sagte KBV-Vize Dr. Stephan Hofmeister am Freitag auf der Vertreterversammlung der Körperschaft in Berlin.

© Rolf Schulten

BERLIN. Die KBV-Spitze scheint der Regelungswut des Gesetzgebers überdrüssig zu sein und geht in die Offensive: Die Politik dürfe sich nicht länger wegducken, sagte KBV-Vize Dr. Stephan Hofmeister heute auf der Vertreterversammlung der Körperschaft in Berlin. Statt des Misstrauens, der Bevormundung und Kontrolle, die das geplante Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) atme, wäre es für die Versorgung seiner Meinung nach sinnvoller, eine aktive Patientensteuerung anzugehen. Doch hier übe sich die Politik in einer Vermeidungsstrategie.

„Wo ist der schlichte Satz im TSVG, dass die gesetzlichen Krankenkassen einen Primärarzt- oder Steuerungstarif anbieten müssen? Wie einfach wäre das?“, so der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der KBV. Keiner müsse, aber jeder könne dieses Angebot nutzen. Hofmeister: „Diejenigen Versicherten, die es tun, bekommen einen Teil ihres Kassenbeitrages rückerstattet. Niemand wird überfordert, niemand wird aus finanziellen Gründen von der Versorgung ferngehalten.“

Affront gegen Arbeit der Niedergelassenen

Laut KBV-Chef Dr. Andreas Gassen sind der größte Aufreger im TSVG die Eingriffe in den Praxisablauf und die freiberufliche Tätigkeit der Ärzte. „Viele Ärzte und Psychotherapeuten empfinden die geplanten Regelungen als Affront gegen ihre Arbeit“, sagte er. Kritik übte der KBV-Chef vor allem am Vorgehen bei der psychotherapeutischen Versorgung: Erst im vergangenen Jahr sei die psychotherapeutische Sprechstunde etabliert worden. Im Entwurf des TSVG werde aber mit der gestuften psychotherapeutischen Versorgung ein Instrument eingeführt, das zu einer Leistungseindämmung führen solle, monierte Gassen. „Ja, was denn nun? Wenn Politik mehr Psychotherapie zur Verfügung stellen möchte, dann soll sie es tun und dafür auch die nötigen Finanzmittel aktivieren.“

Die Ärzteschaft sei gesprächsbereit, sagte Gassen, „und zwar überall dort, wo die Politik auch das Gespräch sucht“. Allerdings ließ er deutlich durchklingen, dass sich die Ärzteschaft nicht gegeneinander ausspielen lassen werde. „Die Kassenärztlichen Vereinigungen, die KBV und die Ärzteschaft sprechen dabei mit einer Stimme: Das ist in Zeiten wie diesen Gold wert.“

Resolution gegen TSVG verabschiedet

Die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung hat sich am Freitag zudem hinter die breite Ablehnung des Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) in der Ärzte- und Psychotherapeutenschaft gestelltt. Einstimmig haben die Delegierten dazu eine Resolution verabschiedet.

Darin heißt es, der Gesetzentwurf beleidige von seinem Ansatz her die Würde des Berufsstandes. Er missachte auf ehrverletzende Weise die tägliche Arbeitsleistung der Ärzte. Die Körperschaften der ärztlichen Selbstverwaltung würden in einem bislang nicht gekannten Ausmaß ihrer Gestaltungsbefugnisse beraubt.

Die Vertreter der KVen bei der KBV fordern die Abgeordneten des Deutschen Bundestages mit der Resolution auf, dem Gesetzentwurf in der aktuellen Form nicht zuzustimmen. Die Vertreterversammlung wehrt sich mit der Resolution dagegen, dass das Gesetz das „Missverhältnis zwischen eskalierender Inanspruchnahme und begrenzten ärztlichen Kapazitäten vordergründig in einer mangelnden Einsatzbereitschaft der Ärzte und psychologischen Psychotherapeuten“ verortet.

Vielmehr müssten jetzt die tatsächlich schwerwiegenden Unzulänglichkeiten der Gesundheitspolitik identifiziert und ursächlich angegangen werden, heißt es in dem Papier. „Nachhaltig genügende Arztzeit braucht ausreichend beruflichen Nachwuchs. Budgetdeckel auf Honoraren, Regressdrohungen und zunehmender staatlicher Dirigismus im ärztlichen Alltag sind fatale Leistungsbremsen. Sie schrecken potenzielle Einsteiger ab und verschärfen den Ärztemangel in der Zukunft“, schreiben den Adressaten in der Politik in die Stammbücher.

Der Gesundheitsminister wird sich der Auseinandersetzung mit den Ärzten stellen. Am 18. Januar soll es nach gegenwärtigen Planungen zum Dialog kommen. (reh/af)

Wir haben den Beitrag aktualisiert am 07.122018 um 17.40 Uhr

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