Geplante Gesetzesänderung

Infektionsschutzgesetz: Spahn bringt neue Regeln auf den Weg

Die „Hospitalisierungsinzidenz“ soll zum Maß der Dinge werden: Minister Spahn will künftig für Corona-Regeln die Auslastung der Kliniken in der Region heranziehen. KBV-Chef Gassen ist nur halb-begeistert.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Eine Intensivpflegerin versorgt auf der Intensivstation am Klinikum Braunschweig einen an COVID-19 erkrankten Patienten. Die Zahl der stationären Coronapatienten soll bei der Bewertung der Coronalage an Bedeutung gewinnen.

Eine Intensivpflegerin versorgt auf der Intensivstation am Klinikum Braunschweig einen an COVID-19 erkrankten Patienten. Die Zahl der stationären Coronapatienten soll bei der Bewertung der Coronalage an Bedeutung gewinnen.

© Ole Spata/dpa

Berlin. Geimpfte und Genesene sollen im Corona-Alltag privilegiert werden können. Wesentlicher Maßstab für Schutzmaßnahmen gegen eine Ausbreitung von SARS-CoV-2 soll die Hospitalisierungsinzidenz werden, also die Leistungsfähigkeit der regionalen stationären Versorgungskapazitäten. Landesbehörden sollen regionale und landesbezogene Hospitalisierungs-Inzidenzen erheben.

Das geht aus einer Formulierungshilfe des Bundesgesundheitsministeriums für die Fraktionen von Union und SPD hervor, die das Infektionsschutzgesetz (IfSG) in diese Richtung ändern wollen. Der Entwurf liegt der „Ärzte Zeitung“ vor. Nach aktuellen Informationen hat Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) das Gesetzgebungsverfahren in der Nacht auf Donnerstag mit der Einleitung der Ressort-, Länder- und Verbändeabstimmung eingeleitet. Die Änderung soll an die Gesetzgebung zum Aufbau von Hilfen für die von der Flutkatastrophe betroffenen Gebiete angehängt werden (Aufbauhilfe 2021).

Konkret soll die Liste der Schutzmaßnahmen, zu denen zum Beispiel die Verpflichtung zum Maskentragen, Reisebeschränkungen oder die Regelungen für Großveranstaltungen gehören können, um die Möglichkeit erweitert werden, gültige Impf-, Genesenen- oder Testnachweise zu verlangen. Die steht bislang nicht im Gesetz.

Entwurf: Inzidenz nachrangig

In diesem Sommer ist bereits ausgiebig darüber gestritten worden, ob die Sieben-Tage-Inzidenz der Neuinfektionen angesichts des Impffortschritts noch Einschränkungen des Alltags rechtfertigen kann. Dies wird mit dem nun vorliegenden Entwurf aus dem Gesundheitsministerium verneint. „Vor dem Hintergrund der zunehmenden Durchimpfung der Bevölkerung in (…) Deutschland tritt die Bedeutung der Anzahl der Neuinfektionen in den Hintergrund“, heißt es darin. Es scheine nicht mehr angemessen, die Sieben-Tage-Inzidenz weiterhin als Indikator vorzusehen.

Mit der Änderung des Infektionsschutzgesetzes soll nun die Anzahl der stationär zur Behandlung aufgenommenen COVID-19-Patienten je 100.000 Einwohner binnen einer Woche zum „wesentlichen Maßstab“ werden. Ein Wert wird nicht vorgegeben. Stattdessen soll konkret auf die regionalen Strukturen und Besonderheiten der stationären Versorgung abgestellt werden. Um eine Überlastung der Versorgung jeweils vor Ort zu vermeiden, sollen sich die Schwellenwerte an den vorhandenen Kapazitäten orientieren. Zudem können weitere Parameter einbezogen werden, zum Beispiel die Zahl der geimpften Personen in einer Region.

Gassen: Mehr Parameter einsetzen

Die Inzidenz der Neuinfektionen sei nie wirklich geeignet gewesen und sei bei einer Impfquote von 60 Prozent Durchgeimpfter inzwischen „völlig unsinnig“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Dr. Andreas Gassen. Er warnte allerdings in diesem Zusammenhang davor, die Belegung der Intensivbetten zu stark zu gewichten. Das sei aus seiner Sicht nicht ausreichend. Diese Zahl sei „nicht in Stein gemeißelt“. Durch Verlegungen könne es zu Doppelzählungen kommen.

Wichtig sei daher, zudem den regionalen Impfgrad sowie Alter und Anamnesen der an COVID Erkrankenden zu erheben. Daraus ließen sich künftige Entwicklungen des Krankheitsgeschehens ablesen, nicht nur des Infektionsgeschehens, hatte Gassen bereits am Mittwoch geäußert. „Politik muss einfach nur auf die Fachleute aus dem Gesundheitssystem hören, dann hat man die Parameter an der Hand und kann sehr schnell ein differenzierteres System implementieren.“

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Zentraler Impfstoffeinkauf der EU

Prozess um SMS von der Leyens mit Pfizer geht in die heiße Phase

Das könnte Sie auch interessieren
Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

© Janssen-Cilag GmbH

Video

Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Höhen- oder Sturzflug?

© oatawa / stock.adobe.com

Zukunft Gesundheitswesen

Höhen- oder Sturzflug?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Umgang mit Multimorbidität in der Langzeitpflege

© Viacheslav Yakobchuk / AdobeStock (Symbolbild mit Fotomodellen)

Springer Pflege

Umgang mit Multimorbidität in der Langzeitpflege

Anzeige | Pfizer Pharma GmbH
COVID-19 in der Langzeitpflege

© Kzenon / stock.adobe.com

Springer Pflege

COVID-19 in der Langzeitpflege

Anzeige | Pfizer Pharma GmbH
Kommentare
In der Klinik Königshof in Krefeld werden Menschen mit psychischen Erkrankungen behandelt. Die digitale Terminvergabe über Doctolib senkt eine Hemmschwelle: Es fällt leichter, mit wenigen Klicks einen Termin zu buchen, als im direkten Gespräch am Telefon.

© St. Augustinus Gruppe

Unternehmensstrategie für Krankenhäuser

Patientenportal stärkt die Reichweite der Klinik

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Patientenportale: Greifbarer Mehrwert für Klinik und Patienten

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung von Krankenhäusern

Patientenportale: Greifbarer Mehrwert für Klinik und Patienten

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Abb. 1: Zeitaufwand pro Verabreichung von Natalizumab s.c. bzw. i.v.

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [9]

Familienplanung und Impfen bei Multipler Sklerose

Sondersituationen in der MS-Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Biogen GmbH, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Neurologische Entwicklungsstörungen

Epilepsie in der Schwangerschaft: Start mit Lamotrigin empfohlen

Lesetipps
Ein Mann hat Kopfweh und fasst sich mit beiden Händen an die Schläfen.

© Damir Khabirov / stock.adobe.com

Studie der Unimedizin Greifswald

Neurologin: Bei Post-COVID-Kopfschmerzen antiinflammatorisch behandeln

Der gelbe Impfausweis

© © mpix-foto / stock.adobe.com

Digitaler Impfnachweis

eImpfpass: Warum das gelbe Heft noch nicht ausgedient hat

Ein Aquarell des Bundestags

© undrey / stock.adobe.com

Wochenkolumne aus Berlin

Die Glaskuppel zum Ampel-Aus: Eigenlob und davon in rauen Mengen