Terrorgefahr

Innenminister stellt ärztliche Schweigepflicht in Frage

Im Kampf gegen den Terror sollen Ärzte als Informationsbeschaffer dienen. Innenminister de Maizière will die ärztliche Schweigepflicht aufweichen. Die Pläne bestürzen Ärzte und Psychotherapeuten.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Bundesinnenminister Thomas de Maizière will ein Maßnahmenpaket vorlegen, mit dem die innere Sicherheit im Land erhöht werden soll.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière will ein Maßnahmenpaket vorlegen, mit dem die innere Sicherheit im Land erhöht werden soll.

© Ralf Hirschberger / dpa

BERLIN. Die am Mittwoch bekannt gewordenen Pläne der Regierung, im Kampf gegen den Terror auch die ärztliche Schweigepflicht aufzuweichen, haben harsche Reaktionen in der Ärzteschaft ausgelöst.

"Die angespannte innenpolitische Sicherheitslage darf nicht zu vorschnellen politischen und rechtlichen Maßnahmen verleiten", kommentierte der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Professor Frank Ulrich Montgomery am Mittwoch den politischen Vorstoß.

Eine Verschärfung der Anti-Terror-Gesetze beschäftigt Bund und Länder gleichermaßen. Am Donnerstag will Bundesinnenminister Thomas de Maizière seine Vorstellungen bekannt geben.

Medienberichten zufolge geht es dem Unionspolitiker vor allem um eine schnellere Abschiebung ausländischer "Gefährder", aber eben auch um die Lockerung der ärztlichen Schweigepflicht. Ärzte sollen auf bevorstehende Straftaten hinweisen dürfen.

Vollverschleierung soll verboten werden

Die Innenminister der unionsgeführten Länder sollen sich zudem auf ein Verbot der Vollverschleierung und eine scharfe Kontrolle der Finanzierung von Moscheevereinen verständigt haben.

Zudem wollen sie auf die Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft hinarbeiten. Noch sind Bund und die beteiligten Länder nicht in allen Punkten einig. In Berlin werden Zweifel an einem Burkaverbot geäußert.

Auch eine Wiederabschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft gilt als schwer umzusetzen. Bis zum 18. August soll aus den Vorschlägen ein Paket geschnürt werden.

Dass die ärztliche Schweigepflicht in diesem Kontext auftaucht, wird von Ärzten und Therapeuten kritisch gesehen. Wann Ärzte die Schweigepflicht brechen dürften und sollten, sei im Strafgesetzbuch bereits sinnvoll und ausreichend geregelt, hieß es am Mittwoch.

"Um Straftaten gegen Rechtsgüter wie die Freiheit und die körperliche Unversehrtheit zu verhindern, dürfen Ärzte im Wege des rechtfertigenden Notstands nach Paragraf 34 des Strafgesetzbuches von der Schweigepflicht abweichen", erklärte Montgomery.

Der Ärztepräsident wies darauf hin, dass nur eine weitgehend uneingeschränkte Schweigepflicht die Voraussetzungen für das Vertrauensverhältnis zwischen Patienten und Ärzten schaffe. Dies sieht auch der Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer Dr. Dietrich Munz so.

Hohes Maß an Fingerspitzengefühl nötig

"Psychotherapeuten müssen schon heute sorgfältig zwischen dem Schutz für Patienten, dem Schutz von Anderen sowie dem Allgemeinwohl abwägen und gegebenenfalls geeignete Maßnahmen treffen", sagte Munz am Mittwoch der "Ärzte Zeitung".

Menschen mit Problemen, Wut und Aggression zu kontrollieren, könnten durch Psychotherapie einen anderen Umgang mit ihrer Aggression lernen.

"Das Aufweichen der Schweigepflicht birgt die Gefahr, dass sich psychisch kranke Menschen nicht mehr in Behandlung begeben", warnte Munz.

"Wenn der Innenminister hier zusätzlichen Bedarf sieht, dann wäre er gut beraten, dieses Thema mit einem hohen Maß an Fingerspitzengefühl und im Dialog mit der Ärzteschaft zu behandeln", appellierte der Vorsitzende des Hartmannbundes, Dr. Klaus Reinhardt, am Mittwoch.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Schweigepflicht in Gefahr?

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