Nach dem BSG-Urteil

KV Baden-Württemberg macht fünf Notfallpraxen dicht

Als Folge des BSG-Urteils zu Poolärzten schließt die KV fünf Einrichtungen endgültig. Das Schicksal zweier weiterer Notfallpraxen ist noch offen. In Bad Säckingen kocht der Unmut von Kommunalpolitikern hoch.

Veröffentlicht:
Aus der vorläufigen Schließung von Notfallpraxen ist in Baden-Württemberg in fünf Fällen das endgültige Aus geworden. Der Fortbestand zweier weiterer Einrichtungen ist noch ungeklärt.

Aus der vorläufigen Schließung von Notfallpraxen ist in Baden-Württemberg in fünf Fällen das endgültige Aus geworden. Der Fortbestand zweier weiterer Einrichtungen ist noch ungeklärt.

© Bernd Weißbrod / dpa

Stuttgart. Die KV Baden-Württemberg schließt dauerhaft fünf Notfallpraxen, bei zwei weiteren Standorten steht die finale Entscheidung noch aus. Die KVBW hatte Ende Oktober vergangenen Jahres als Reaktion auf das Urteil des Bundessozialgerichts zu Poolärzten landesweit sieben Notfallpraxen vorläufig geschlossen, bei weiteren Einrichtungen wurden teilweise die Öffnungszeiten verringert. Inzwischen liegt die Urteilsbegründung des Gerichts vor.

Am Freitag teilte die Körperschaften, dass in den Notfallpraxen in Bad Säckingen (Landkreis Waldshut), Waghäusel-Kirrlach (LK Karlsruhe-Land), Möckmühl (LK Heilbronn), Künzelsau (Hohenlohekreis) und Geislingen (LK Göppingen) die Türen dauerhaft geschlossen bleiben. Der Weiterbetrieb in den vorläufig dichtgemachten Notfallpraxen in Buchen (Neckar-Odenwaldkreis) und und Schorndorf (Rems-Murr-Kreis) werde noch geprüft, erklärte ein KVBW-Sprecher am Freitag.

Noch kein fertiges Konzept für Neuausrichtung des Bereitschaftsdienstes

Der Bereitschaftsdienst werde in Folge des BSG-Urteils neu konzipiert, hieß es. Ein fertiges Konzept liege aber noch nicht vor, so der KVBW-Sprecher. „Der Kern liegt dabei auf der Stabilisierung der Regelversorgung“ – denn dort seien die Engpässe zuletzt immer größer geworden. Landesweit seien mehr als 900 Hausarztsitze nicht besetzt.

In Folge des Urteils hatte die KVBW den nicht-niedergelassenen Poolärzten, die Bereitschaftsdienste übernehmen, gekündigt, um eine Sozialversicherungspflicht in diesen Fällen auszuschließen. Im Südwesten sind von den bisher 3.000 Poolärzten rund 1.300 ausschließlich in der Bereitschaftsdienstvertretung tätig gewesen.

Die Körperschaft macht in der Mitteilung deutlich, dass es nun um die Bewirtschaftung von Knappheit gehe. Schließlich sei der Bereitschaftsdienst „nur eine Überbrückungsbehandlung (...), bis die Haus- und Facharztpraxen wieder geöffnet haben“. Er stelle mithin keine „verlängerte Sprechstunde“ dar. Zudem werde der Bereitschaftsdienst durch einen Fahrdienst ergänzt, der medizinisch erforderliche Hausbesuche übernehme. „Die Versorgung der Bevölkerung bleibt damit weiterhin gewährleistet“, ist aus Sicht der KVBW das Fazit.

9.000 Unterschriften gegen die Schließung

Indes hatte in Bad Säckingen bereits die vorläufige Schließung der Notfallpraxis großen Unmut bei Kommunalpolitikern ausgelöst. Eine lokale Initiative sammelte 9.000 Unterschriften für die Wiedereröffnung, die noch Anfang dieser Woche an KVBW-Vorstandsvize Dr. Doris Reinhardt übergeben wurden – vergeblich.

In der Stadt am Hochrhein mit rund 17.000 Einwohnern wurde die Nachricht von Bürgermeister Alexander Guhl mit Frustration aufgenommen. Der „Südkurier“ zitiert ihn mit den Worten: „Die Kassenärztliche Vereinigung kommt ihrem Auftrag nicht nach, die ärztliche Versorgung der Bevölkerung zu sichern.“ (fst)

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Kommentare
Dr. Karlheinz Bayer 09.02.202417:59 Uhr


Was ist eigentlich eine KV-"Notfall"-Praxis?
Der Sprecher der KV BaWue Kai Sonntag definiert einen Notfall wohl als „nur eine Überbrückungsbehandlung (...), bis die Haus- und Facharztpraxen wieder geöffnet haben“. Notfälle sind keine "Überbrückungsbehandlungen".

Die Aussage stimmt wohl, daß es sich auch nicht um eine „verlängerte Sprechstunde“ handelt.
Vielmehr erleben Ärzt:innen, die echten Sprechstunden in normale Sprechzeiten anbieten, daß Patient:innen in die nächste reguläre Sprechstunde kommen und ziemlich viel Unmut im Bauch haben, weil die Behandlung in der Notfallpraxis alles andere ist als eine Behandlung.
Und da wundert sich die KV, daß sich unter solchen Bedingungen 900 Arztpraxen nicht mehr besetzen lassen?

Entweder werden die "Notfall"- Patient:innen in das Krankenhaus gleich neben oder hinter der KV-"Notfall"-Praxis eingewiesen, wo sie dort die wenig begeisterten diensthabenden Ärzt:innen in Anspruch nehmen und oft genug nach etlichen Stunden Wartezeit gleich wieder vor die Tür gesetzt werden. Oder sie landen tatsächlich in einer Notfallpraxis, in der ausgebildete Notärzte arbeiten, die eine gescheite Vermittlung besser gleich angerufen hätte.
Dazu muß man aber nachfragen, welcher Art Notfall vorliegt und ob es sich nicht einfach um Bequemlichkeiten handelt.

„Die Versorgung der Bevölkerung bleibt damit weiterhin gewährleistet“ - ja, so ist es.
Aber nicht in der "Notfall"-Praxis, sondern am nächsten Tag in der Hausarztpraxis wird die Versorgung der Bevölkerung gewährleistet. Und dort wird uns leider viel zu oft über die negativen Erfahrungen berichtet.
Bei genauer Betrachtung ist die KV-eigene "Notfall"-Praxis ein gewaltiger Rückschritt gegenüber der früher üblichen kollegialen Vertretung in den Praxisräumen.

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