IKK Südwest
Kassen-Chef nach heftigen Vorwürfen beurlaubt
Untreue, sektenähnliche Strukturen, Einschüchterung: Schwere Vorwürfe werden gegen den mittlerweile beurlaubten Chef der IKK Südwest erhoben. Er selbst beteuert seine Unschuld. Ein anonymer Brief hat den Stein ins Rollen gebracht.
Veröffentlicht:SAARBRÜCKEN. Der Chef der Krankenkasse IKK Südwest, Frank Spaniol, ist beurlaubt worden. Ihm wird Untreue vorgeworfen. Außerdem ist von Einschüchterung und Angst bei der IKK die Rede.
Die Entscheidung fiel am 21. März auf einer Sondersitzung des Verwaltungsrats der Krankenkasse.
Wie die Kasse in einer Stellungnahme mitteilte, bat Spaniol dort selbst um seine Beurlaubung.
Anonymer Brief im Umlauf
Die Verwaltungsräte beschlossen einstimmig, der Bitte zu entsprechen und die Vorwürfe gegen den Kassenchef von externen Fachleuten überprüfen zu lassen.
Die Sache ins Rollen gebracht hatte ein anonymer Brief, der seit einiger Zeit im Umlauf ist und angeblich von Mitarbeitern und Führungskräften der IKK geschrieben wurde.
Auch bei der Gewerkschaft Verdi ging der Brief ein. Auf den drei Seiten werden nach Verdi-Angaben Führungsstil und "sektenähnliche Strukturen" kritisiert. Bei der IKK Südwest herrsche nach dem Brief "Einschüchterung und Angst".
Vor allem aber werde die Zusammenarbeit der Krankenkasse mit einem bayrischen Fortbildungsinstitut kritisiert.
Die Kasse hatte mit dem Institut nach eigenen Angaben ein Pilotprojekt gestartet und dafür nach Recherchen des Saarländischen Rundfunks (SR) bereits mehr als 200.000 Euro ausgegeben.
50 IKK-Mitarbeiter wurden den SR-Informationen zufolge geschult, um später IKK-Mitglieder bei Burn-out und Stress zu beraten.
Provisionen kassiert?
In dem anonymen Brief wird IKK-Chef Spaniol jetzt offenbar vorgeworfen, dafür Provisionen kassiert zu haben. Die Gewerkschaft Verdi verlangte auch Aufklärung über die Inhalte der Schulungen. Das Institut behaupte schließlich, außerhalb von Raum und Zeit vorhandene Informationen wahrnehmen zu können.
Die Zukunft könne so vorausgedacht werden. Verdi-Gewerkschaftssekretär Michael Quetting forderte, man dürfe keinen "Humbug und esoterischen Müll" bedienen.
Ein Sprecher der IKK Südwest bestätigte der "Ärzte Zeitung", dass die Zusammenarbeit mit dem Fortbildungsinstitut jetzt gestoppt wurde.
Spaniol bestreitet Vorwürfe
Der Fall beschäftigt inzwischen auch die saarländische Justiz. Die Saarbrücker Staatsanwaltschaft bestätigte dem SR Vor-Ermittlungen gegen Spaniol wegen des Verdachts der Untreue.
Der IKK-Chef bestreitet die Vorwürfe. Er hat Strafanzeige gegen Unbekannt wegen übler Nachrede erstattet.
Spaniol hat die IKK Südwest von einer kleinen Handwerkerkasse zur - nach der AOK - zweitgrößten Krankenkasse im Saarland gemacht.
Nach der Fusion der AOKen Saarland und Rheinland-Pfalz ist die IKK inzwischen sogar die einzige große Kasse mit Sitz im Saarland.
Sie hat nach eigenen Angaben in Hessen, Rheinland-Pfalz und im Saarland knapp 690.000 Versicherte und beschäftigt fast 1800 Mitarbeiter.