Infektionsschutzgesetz
Koalitionsfraktionen basteln an der „Notbremse“
Die Koalitionsfraktionen haben an der „Notbremse“ gefeilt. Impf- und Testmuffel sollen den Kürzeren ziehen. Nachts soll auch bei hohen Inzidenzen noch gejoggt werden dürfen. Die Opposition will klagen.
Veröffentlicht:Berlin. Die Corona-Impfung oder ein aktueller Test sollen Vorteile bringen. Die Koalitionsfraktionen wollen die Bundesregierung ermächtigen, für diesen Personenkreis Ausnahmen von geltenden Geboten und Verboten zu erlassen. Das geht aus den Änderungsanträgen der Fraktionen von Union und SPD zum geplanten 4. Bevölkerungsschutzgesetz hervor.
Mit diesem Gesetz soll das Infektionsschutzgesetz dementsprechend angepasst werden. Es soll am Mittwochvormittag vom Bundestag beschlossen werden.
Es sieht zudem eine Art Pflicht zum Home Office vor. Arbeitgeber sollen die Heimarbeit wo immer möglich anbieten müssen. Arbeitnehmer sollen dies so weit wie möglich umsetzen müssen.
FDP auf dem Weg nach Karlsruhe
Die Notbremse soll kommen. Sie soll ab einer Inzidenz von 100 an drei aufeinanderfolgenden Tagen in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt greifen. Dazu zählen auch Berlin und Hamburg. Sonn- und Feiertage zählen mit, ebenso die drei Tage vor Inkrafttreten des Gesetzes.
Aus der Opposition ist Widerstand gegen die Koalitionspläne angekündigt. Die FDP-Fraktion hat sich am Montag bereits den Gang zum Bundesverfassungsgericht vorbehalten, sollten die nun geplanten Regelungen in Kraft treten.
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Grund sind vor allem die geplanten Ausgangssperren, die nach Auslösen der „Notbremse“ greifen sollen. Sie sollen von 22 Uhr abends bis fünf Uhr am Morgen gelten. In einer früheren Version des Gesetzentwurfes war noch von einem Start um 21 Uhr die Rede. Neu ist, dass zwischen 22 Uhr und Mitternacht gejoggt werden darf, dies aber nur alleine und nicht in Sportanlagen.
Der FDP reicht all dies nicht. „Pauschale Ausgangssperren sind und bleiben mit unserer Verfassung unvereinbar“, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP Christine Aschenberg-Dugnus am Montag in Berlin. Daran ändere auch die vorgesehene Aufweichung nichts. Die FDP-Abgeordneten fordern zudem, alle Regeln stärker zu differenzieren.
Nur mit negativem Test zur Schule
Nur Schüler und Lehrer, die sich zweimal in der Woche auf eine Corona-Infektion testen lassen, sollen am Präsenzunterricht in allgemeinbildenden Schulen und Berufsschulen teilnehmen können. Überschreitet die Sieben-Tage-Inzidenz in einer Region drei Tage lang den Wert von 100 müssen die alle Bildungseinrichtungen zu Wechselunterricht übergehen. Ab einem Wert von 165 soll spätestens am übernächsten Tag Schluss sein mit Präsenzunterricht. Für Abschlussklassen sollen Ausnahmen möglich sein.
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Die Änderungsanträge sehen zudem vor, dass bestimmte Läden noch bis zu einem Inzidenzwert von 150 geöffnet bleiben können. Zulässig sein soll dann noch ein Kunde auf 40 Quadratmeter Verkaufsfläche. Auch Click & Collect und Click & Meet soll bis zu diesem Wert noch möglich bleiben. Gewisse Freiheitsgrade sollen bei den kritischen Inzidenzwerten für den Besuch von Autokinos und Tierparks aufrecht erhalten bleiben.
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Die Koalitionsfraktionen verpflichten das Robert Koch-Institut, für alle Kreise fortlaufend die Sieben-Tage-Inzidenz für 14 Tage im Internet zu veröffentlichen. Die Landratsämter und Rathäuser sollen nach drei aufeinanderfolgenden Tagen jenseits des 100er-Wertes die Notbremse automatisch auslösen müssen.
Was am Wochenende für die Trauerfeier für den verstorbenen Prinz Philip in England galt, soll Modell für Beisetzungen auch hierzulande werden. Bei hohen Inzidenzen sollen bis zu 30 Personen teilnehmen dürfen, nicht nur 15 wie bisher vorgesehen.