RKI-Chef Wieler zu Coronavirus

„Kommen vergleichsweise gut durch die Epidemie“

Mit Blick auf COVID-19 spricht das Robert Koch-Institut von einer aktuell „erfolgreichen Situation“ in Deutschland. Kontaktbeschränkungen wirkten. Von einem alternativen Weg der Pandemie-Bekämpfung hält man überhaupt nichts.

Thomas HommelVon Thomas Hommel Veröffentlicht:
RKI-Chef Professor Lothar Wieler dringt darauf, dass sich Bürger über den sachgerechten Umgang mit Schutzmasken informieren.

RKI-Chef Professor Lothar Wieler dringt darauf, dass sich Bürger über den sachgerechten Umgang mit Schutzmasken informieren.

© BARBARA GINDL / APA / picturedesk.com / picture alliance

Berlin. Im Kampf gegen das Corona-Virus sieht das Robert Koch-Institut (RKI) eine kontrollierte Herden-Immunisierung der Bevölkerung kritisch. „Das Virus ist schwer zu kontrollieren. Das Virus holt sich, was es kriegen kann. Damit lässt sich nicht verhandeln“, sagte RKI-Chef Professor Lothar Wieler am Dienstag. Wieler sprach von der Herden-Immunisierung als einem „naiven und gefährlichen“ Weg.

Mit Blick auf das aktuelle Infektionsgeschehen in Deutschland sprach Wieler von einer „erfolgreichen Situation“. In der vergangenen Woche seien dem Institut rund 2000 laborbestätigte Fälle von Neuinfektionen pro Tag übermittelt worden. „Das war tatsächlich weniger als in den Wochen zuvor.“

Anfang dieser Woche seien rund 1000 neue Fälle pro Tag gemeldet worden. Dabei sei allerdings „im Kopf zu haben“, dass es nach den Wochenenden immer wieder zu Meldeverzug komme, setzte Wieler hinzu.

Mehr als 156.000 gemeldete Fälle

Laut RKI gab es in Deutschland Stand Dienstag, 28. April 00:00 Uhr, rund 156.300 gemeldete COVID-19-Fälle. Aktuell seien rund 5900 Todesfälle zu beklagen. Das entspräche einem Anteil von 3,8 Prozent. Das sei eine „hohe Zahl“, betonte Wieler. Sie habe auch mit dem Ausbruchsgeschehen in Pflegeheimen zu tun.

Die Verstorbenen seien im Schnitt 81 Jahre alt gewesen. In manchen anderen Ländern läge die Sterberate deutlich höher – in Spanien etwa bei 11,1 Prozent. Die Zahl der Genesenen in Deutschland wird momentan mit geschätzt 117.400 angegeben.

„Müssen Erfolge verteidigen“

„Das ist ein Erfolg, den wir uns alle erarbeitet haben. Es ist uns allen vergleichsweise gut gelungen, durch diese Epidemie zu kommen“, kommentierte der RKI-Präsident. Den Erfolg habe man aber auch den Mitarbeitern in den bundesweit knapp 400 Gesundheitsämtern zu verdanken. Je nach Ausstattung seien die Ämter in der Lage, rund 1000 Neuinfektionen am Tag zurückzuverfolgen. Deshalb sei der Öffentliche Gesundheitsdienst personell und digital „massiv zu stärken“.

Ebenso beigetragen zum Erfolg hätten öffentliche Kontaktbeschränkungen, sagte Wieler. Diese durchzuhalten, falle niemandem leicht. „Wir alle wünschen uns wieder mehr Normalität.“

Die „neue Normalität“ bestehe darin, sich weiter konsequent an die Regeln zum Schutz vor einer Infektion zu halten, so Wieler. Dazu gehöre das Abstandsgebot von mindestens 1,50 Meter und regelmäßige Händehygiene. „Wir wollen nicht, dass die Fallzahlen wieder zunehmen. Wir wollen nicht, dass das Gesundheitswesen überlastet wird. Wir wollen diesen Erfolg weiter verteidigen.“

Masken: Nicht in falscher Sicherheit wiegen!

Im öffentlichen Nahverkehr sei ein Mund-Nasen-Schutz zu tragen, so Wieler. Man dürfe den Schutz der Masken aber nicht falsch einschätzen. Sie schützten Dritte, nicht aber einen selbst vor einer Tröpfcheninfektion.

Die Masken müssten sachgerecht getragen werden. Dazu sollten sich die Bundesbürger auf den Seiten des Bundesgesundheitsministeriums oder der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung informieren, appellierte Wieler. Auf keinen Fall dürften die Masken dazu führen, „dass man sich in falscher Sicherheit wiegt“.

Mit Blick auf die Bedeutung des Reproduktions-Werts (R-Wert), der laut RKI derzeit bei eins liegt, betonte Wieler, diese Zahl dürfe nicht überbewertet werden. „R ist eben ein Faktor, auch ein wichtiger.“ Aber die Fallzahl pro Tag sei auch sehr wichtig. „R kann nur gemeinsam mit anderen Zahlen betrachtet werden. Etwa mit der Kapazität des Gesundheitssystems und den Testungen. Wir müssen mehrere Faktoren im Blick haben.“

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