Ringen um Pflegeberufegesetz

Kompromiss im Tauschhandel?

Kaum verkündet, war der Kompromiss zur Pflegeausbildung auch schon wieder vom Tisch. Doch jetzt soll der Koalitionsausschuss eine Einigung bringen. Offenbar bahnt sich ein Handel zwischen den Koalitionspartnern CDU und SPD an.

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BERLIN. Der Koalitionsausschuss will im Ringen um das Pflegeberufegesetz endlich einen tragfähigen Kompromiss erzielen. Dafür nehme Gesundheitsminister Herman Gröhe (CDU) an der Sitzung des Ausschusses am Mittwoch teil, sagte Staatssekretär Lutz Stroppe. Wie die "Ärzte Zeitung" aus politischen Kreisen erfuhr, könnte die Einigung dergestalt aussehen, dass die SPD sich auf einen Kompromiss bei den Pflegeberufen einlässt und die CDU im Gegenzug auf das vollständige Verbot des Versandhandels von Apotheken verzichtet.

Das Ringen um das Pflegeberufgesetz hatte seit Dienstag für Irritationen gesorgt. Zunächst war ein Kompromiss verkündet, dann aber wieder zurückgenommen worden.

Die Opposition ätzte: „Union und SPD missbrauchen die Reform der Pflege-Ausbildung für ein trauriges Polit-Schauspiel“, überschrieb die Grünen-Politikerin Elisabeth Scharfenberg eine Pressemitteilung zum Thema. Vertreter der Unionsfraktion hatten am späten Dienstagnachmittag zunächst eine Einigung verkündet. Der pflegepolitische Sprecher der Unionsfraktion Erwin Rüddel (CDU) verschickte die Nachricht vom gefundenen Kompromiss.

Demnach sollten alle drei Berufsbilder zunächst bestehen bleiben. Die künftigen Krankenpflegeschüler wären generalistisch ausgebildet worden. Die Kinder- und Jugendkrankenpfleger und die Altenpfleger hätten im Rahmen einer integrierten Ausbildung für zwei Jahre an diesem Curriculum teilgenommen. Anschließend hätten sie sich entweder für eine Spezialisierung entscheiden können oder weiter in der generalistischen Ausbildung bleiben können.

Dann hieß es Kommando zurück: Ersten Berichten zufolge war innerhalb der SPD-Bundestagfraktion ein heftiger Streit über den Kompromiss entbrannt. Grund: Die SPD-Fraktion hatte sich darüber mokiert, dass auch Unions-Fraktionsvorsitzender vermeldet hatte, dass es eine Einigung gäbe. Kauder hatte am späten Nachmittag gesagt: "Wir haben uns gerade heute darauf verständigt, dass wir die Reform der Ausbildung der Pflegeberufe jetzt voranbringen.“ Aus Sicht der SPD-Fraktion war dies wohl verfrüht. Die Einigung habe lediglich auf der Ebene der Verhandlungsführer Professor Karl Lauterbach (SPD) und Dr. Georg Nüßlein (CSU) bestanden. Der Kompromiss hätte mit weiteren Gremien und Arbeitsgruppen sowie auch mit dem Familien-, Senioren- und Jugendministerium von Manuela Schwesig (SPD) abgestimmt werden müssen. SPD-Verhandlungsführer Professor Karl Lauterbach war daraufhin nicht zu einer ad hoc einberufenen Pressekonferenz erschienen.

Grünen-Politikerin Scharfenberg forderte die Koalitionsfraktionen auf, zumindest die geplante Schulgeldbefreiung für Auszubildende in der Altenpflege, die Einführung einer Ausbildungsumlage und den Ausbau der Akademisierung der Pflegeberufe umzusetzen. Nordrhein-Westfalens Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) sagte: „Alles, was die Qualität der Ausbildung und die Quantität der Auszubildenden steigert, ist ein Schritt in die richtige Richtung.“ Wenn  die Pflegeberufereform in einen Kompromiss münde, der die drei Pflegeausbildungen stärkt, aber die Kinderkrankenpflege und die Altenpflege als eigenständige Berufsabschlüsse erhalte, könnten die Risiken der bisherigen Reformvorschläge wie die Gefährdung von Ausbildungsplätzen und Fachkräftemangel vermieden werden.

Vertreter der Deutschen Krankenhausgesellschaft haben sich am Mittwoch zur generalistischen Pflegeausbildung bekannt. Man würde auch einen Kompromiss wie den ursprünglich am Dienstag angerissenen akzeptieren, sagte DKG-Präsident Thomas Reumann. „Die Umsetzung in die Praxis wird dann aber komplizierter“, sagte DKG-Geschäftsführer Georg Baum. (af/run/sts)

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Kommentare
Kurt-Michael Walter 29.03.201714:15 Uhr

Faule Kompromisse zu Lasten der Pflegeberufeausbildung.


Gesundheits- und Pflegeberufe sind attraktiv. Das signalisieren die hohen Zuläufe in die einschlägigen Ausbildungsberufe.

Hauptgründe warum der Verbleib in der Ausbildung und nach Übergang in den Beruf für die Branche nicht ausreichend ist sind die Arbeitsbedingungen, die mäßige Entlohnung und die unregelmäßigen Arbeitszeiten.

Eine gerechtere Bezahlung, mehr Anerkennung und eine verbesserte Work-Life-Balance wären für die Pflegekräfte dringend notwendig und angebracht. Statt faule Kompromisse zur Pflegeberufs-ausbildung zu beschließen sollten die verantwortlichen Politiker und Verbandsvertreter (Lobbyisten) sich mit den schlechten Arbeits- und Entlohnungsbedingungen in den Pflegeberufen zuallererst beschäftigen.

Zum Thema Pflegeberufsgesetz/-ausbildung: Die modulare Pflegeausbildung ist umgehend in das bestehende duale Bildungssystem zu integrieren. Der veraltete Sonderstatus der Gesundheits- und Pflegeberufe wäre von der Politik umgehend ab zu schaffen. Das Gesundheitsbildungssystem wäre dann nicht mehr wie bisher Ländersache sondern Bundessache. Hohe Einsparungen in Millionen- bzw. längerfristig betrachtet sogar in Milliardenhöhe wären pro Jahr möglich.

Zum Thema Akademisierung: Solange unklar ist welche Aufgaben studierte Pflegekräfte übernehmen sollen ist hier erst einmal Klarheit zu schaffen. Für leitende Aufgaben kann ein Studium sinnvoll sein, ebenso für Aufgaben in der praktischen Ausbildung. Diese Bedarfe können aber heute ebenso durch eine entsprechende Fortbildung gedeckt werden. Für die allermeisten Aufgaben in unmittelbaren Kontakt mit Patienten und Patientinnen ist ein Studium nicht erforderlich.

Weder gibt es genügend höherwertige Aufgaben noch zahlt sich heute ein Studium finanziell aus, denn allen verantwortlichen Politikern und Lobbyisten ist bekannt, dass studierende Pflegekräfte oftmals die gleichen Tätigkeiten wie nicht studierte Kolleginnen und Kollegen ausführen.

Nur wenn die Aufgabenverteilung zwischen akademischen und nicht akademischen Berufen der Gesundheitsversorgung neu geordnet werden würde bekäme das System einen neuen Schub, denn dann und nur dann käme es zu einer Abgrenzung von Berufsrollen und es ließe sich eine akademische Ausbildung ohne Weiteres begründen.

Ander Länder machen es vor, dass dies ohne Qualitäts- und Versorgungs-einbußen möglich ist. Hierzulande ist man so weit, wie die aktuelle Diskusion um die Ausbildung in den Pflegeberufen zeigt, noch lange nicht.

Zur DKG: Der Vertreter der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) sollte das Bekenntnis zur generalistischen Pflegeausbildung umgehend kassieren und erst mal Sinnvoll überdenken bevor er Stellung nimmt.

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