Kassenleistung ab 2020

Kompromiss um Liposuktion in Sicht

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BERLIN. Besonders schwer erkrankte Frauen sollen das Absaugen von Körperfett bald von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt bekommen. Für Patientinnen mit Stadium 3 soll diese Leistung ab 1. Januar 2020 zur Verfügung stehen.

Das schlug der für solche Entscheidungen zuständige Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) in einem Brief an Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vor, wie die Zeitungen der Funke Mediengruppe zuerst am Samstag berichteten. Dies soll zunächst befristet bis 2024 gelten. Bis dahin soll dann auch eine wissenschaftliche Studie zur Liposuktion vorliegen.

Für Frauen mit den leichteren Stadien 1 und 2 soll eine mögliche Kostenübernahme nach Abschluss der Studie geprüft werden, heißt es im Brief des G-BA, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Hintergrund sei, die Leistung schnellstmöglich verfügbar zu machen. Dies sei angesichts ungeklärter Fragen zu Nutzen und Risiken aber nicht „in unbegrenztem Umfang“ zu rechtfertigen. Für Eingriffe soll es daher auch besondere Dokumentations-Vorgaben geben.

Spahn sprach von einer guten Nachricht für Tausende Frauen, die unter krankhaften Fettverteilungsstörungen leiden. „Endlich hat sich der Gemeinsame Bundesausschuss bewegt und ermöglicht Hilfe für die besonders betroffenen Patientinnen“, sagte er.

Der Vorschlag soll einen Streit lösen, der durch Spahns Ankündigung entstanden ist, den Weg für eine Kostenübernahme in dieser Sache über eine Rechtsverordnung seines Ministeriums freizumachen – und nicht wie üblich per Freigabe durch den G-BA. Dies hatte in der großen Koalition und der Branche massive Proteste ausgelöst.

Das Ministerium will die Gesetzespläne nun angesichts des neuen Vorschlags ändern und die Regelung zu Fettverteilungsstörungen streichen. Dem G-BA sollen nach dpa-Informationen aber kürzere Fristen für künftige Bewertungsverfahren gesetzt werden. Werden sie nicht eingehalten, soll das Ministerium selbst entscheiden können. (dpa)

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 27.01.201916:51 Uhr

So geht es aber nicht!

1. Niemand will als Vertragsarzt der Gesetzlichen Krankenkassen in der GKV leidenden Patientinnen und Patienten notwendige, sinn- und zielführende Behandlungsmethoden ihrer Krankheiten verwehren.

2. Damit wir Ärztinnen und Ärzte mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot des Sozialgesetzbuchs (§ 12 SGB V): "(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen" nicht völlig alleine im Regen stehen, müssen alle Neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB) extrabudgetär zusätzlich vergütet werden. Grundsätzliches dazu:
https://www.google.com/url?sa=t&source=web&rct=j&url=https://www.jura.uni-hamburg.de/forschung/institute-forschungsstellen-und-zentren/sozialrecht-sozialpolitik/pdf-dokumente/husterfolien.pdf

3. Auch ein Gemeinsamer Bundes­aus­schuss (G-BA) und ein Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­ter dürfen nicht willkürlich NUBs empfehlen, einführen und durch Dritte durchführen lassen, weil diese bei gedeckelter Vergütung von den Leistungserbringern dann selbst bezahlt werden müssen.

4. Medizinisch-wissenschaftlich ist nach wie vor unklar, welche komplexen pathologischen, hormonellen, immunologischen, hereditären, idiopathischen und pathophysiologischen Faktoren zur Manifestation des Lipödems beitragen.

5. Für Selbsthilfe- und Betroffenen-Gruppen ist es eminent wichtig, ob Verfahren der bisher kosmetisch-plastisch-chirurgischen Liposuktion mit hohem logistischen, finanziellen und risiko-trächtigen (OP) Aufwand in die GKV-Versorgung übertragbar sind bzw. langfristig nachweisbar helfen, heilen oder lindern können.

6. "Eine Liposuktion bei Lipödem ist keine Leistung der gesetzlichen Kranken­versicherung (GKV). Die dauerhafte Wirksamkeit der Methode sei nicht ausreichend gesichert, befand das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel. (Az: B 1 KR 10/17 R).

7. Das "Wirtschaftlichkeitsgebot" mit Budgetierung, Regress- und Kürzungsandrohungen kann nicht allein Vertragsärzte/-innen bedrohen und für alle anderen Beteiligten aus rein populistisch-unehrlichen Gründen nicht mehr existent sein.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Strukturqualitätsanforderungen an die Leistungserbringer, einschließlich der Vorgabe einer verbindlichen standardisierten Dokumentation jedes Eingriffs und einer Verlaufsdokumentation durch den Operateur nach sechs Wochen und nach zwölf Monaten, werden verlangt. Verlaufsdokumentationen mit gesonderten Abrechnungsziffern im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) würden damit von den Vertragsärzten selbst bezahlt: einschließlich der Datenerfassung zu Risiken und unerwünschten Ereignissen?

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