Strategiepapier
Konfessionelle Anbieter rufen nach Pflege-Reformen
In Sachen Pflege wächst der Druck auf Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Jetzt fordern auch Pflegeeinrichtungen der Diakonie baldige Reformen. Vorschläge dazu hat man schon in der Schublade.
Veröffentlicht:Berlin. Stationäre und ambulante Einrichtungen der Diakonie verlangen rasche Reformen in der Pflege. In einem ersten Schritt müssten die pflegebedingten Eigenanteile an den Heimkosten begrenzt werden. Pflegebedürftige sollten hierfür nur noch einen „fixen Beitrag“ entrichten. Dieser sei vier Jahre lang zu deckeln.
Darüber hinaus gehende Pflegekosten sollten Pflege- und Krankenkassen „anteilig“ übernehmen, heißt es in einem vom Deutschen Evangelischen Verband für Altenarbeit und Pflege (DEVAP) vorgelegten „Strategiepapier“. Es soll an diesem Mittwoch bei einer Online-Fachtagung vorgestellt werden. Der DEVAP vertritt eigenen Angaben zufolge knapp 2000 stationäre Einrichtungen der Altenhilfe, gut 1400 ambulante Dienste und 120 Altenpflegeschulen.
Eigenanteile für vier Jahre deckeln
Die Kosten für Unterkunft und Verpflegung sollen laut DEVAP weiter die Pflegebedürftigen tragen. Allerdings müssten die Länder wieder stärker ihrer Verpflichtung nachkommen, für eine auskömmliche Investitionskostenfinanzierung der Einrichtungen zu sorgen. Auch das entlaste die Pflegebedürftigen.
Spahn hatte Ende 2020 erste Eckpunkte für eine Pflegereform vorgelegt. Diese soll noch vor der Bundestagswahl im Herbst kommen. Zentraler Punkt ist die Deckelung der von den rund 800.000 Heimbewohnern zu entrichtenden Eigenanteile. Nach Berechnungen der Ersatzkassen liegen diese aktuell bei bundesdurchschnittlich 2068 Euro pro Monat – 128 Euro mehr als im Vorjahr.
Da Heimbewohner ob der steigenden Belastung vermehrt in die Sozialhilfe abrutschen, drängen Politiker wie Pflegeforscher auf eine Deckelung der Zuzahlungen.
Der DEVAP fordert zu diesem Zweck, Leistungen der medizinischen Behandlungspflege aus der Zahlungspflicht der Pflegebedürftigen herauszunehmen. Die Behandlungspflege müsse – wie in der ambulanten Pflege – von der gesetzlichen Krankenversicherung finanziert werden.
Potenziale der Zivilgesellschaft heben
Zudem sei die starre Unterscheidung zwischen ambulanter und stationärer Pflege aufzuheben. Wohn- und Versorgungsformen würden immer „differenzierter und innovativer“. Daher seien alle „Akteure rund um die pflegerische Versorgung“ zu berücksichtigen.
So sei über ein Modell nachzudenken, das informell Pflegende im Erwerbsalter wie Kinder oder Schwiegerkinder wie auch Pflegende im Rentenalter wie Ehepartner unterstütze. Denkbar sei ein steuerfinanzierter Lastenausgleich „analog dem Kindergeld“, schreibt der DEVAP. Grundsätzlich gelte es, „Potenziale der Zivilgesellschaft“ in der Pflege zu heben.
Ähnlich hatten sich zuletzt die Grünen positioniert. Sie machen sich für eine steuerfinanzierte Lohnersatzleistung für pflegende Angehörige stark. Rund drei Viertel der rund 4,2 Millionen Pflegebedürftigen werden derzeit von Angehörigen betreut.
Zur Diskussion um digitale Anwendungen in der Pflege heißt es im Positionspapier des DEVAP: „Richtig und achtsam“ eingesetzt sei Digitalisierung hilfreich. Grundsätzlich habe aber die Prämisse zu gelten, dass „die Technik dem Menschen dienen und den Beteiligten einen Nutzen verschaffen muss“.
So könnten technische Assistenzsysteme geeignet sein, die Selbstständigkeit von Menschen mit Pflegebedarf zu fördern. Auch der Verwaltungsaufwand ließe sich reduzieren.