Fortpflanzungsmedizin

Leihmutterschaft – kein Thema für die Regierung

Die FDP stößt mit ihrer Frage nach rechtlichen Regelungen für die Leihmutterschaft auf Unverständnis. Gesetzesänderungen sind nicht geplant, heißt es.

Von Florian Staeck Veröffentlicht:
Das 30 Jahre alte Embryonenschutzgesetz verbietet oder reguliert reproduktionsmedizinische Techniken streng. Die FDP-Fraktion wirbt für eine Liberalisierung.

Das 30 Jahre alte Embryonenschutzgesetz verbietet oder reguliert reproduktionsmedizinische Techniken streng. Die FDP-Fraktion wirbt für eine Liberalisierung.

© Bernd Wüstneck / dpa

Berlin. Die Bundesregierung steht allen Überlegungen, die Leihmutterschaft in Deutschland zu ermöglichen, kritisch und ablehnend gegenüber. In ihrer Antwort auf eine Anfrage der FDP-Fraktion im Bundestag, die der „Ärzte Zeitung“ vorab vorliegt, lässt die Regierung wenig Begeisterung erkennen, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Eine Änderung des Embryonenschutzgesetzes in der laufenden Legislatur sei „nicht vorgesehen“, bescheidet sie die Fragesteller.

Berichte über Ausmaß und praktische Erfahrungen mit Angeboten der Leihmutterschaft im europäischen und außereuropäischen Ausland liegen der Regierung nach eigenen Angaben nicht vor. Rechtsgeschäfte mit dem Ziel der Überlassung eines Kindes durch die Leihmutter an die Wunscheltern würden „nach überwiegender Auffassung in der Rechtsprechung und der Rechtswissenschaft (...) wegen Verstoßes gegen die guten Sitten als nichtig angesehen“, heißt es.

Leopoldina hält Begründung für überholt

Zur Begründung verweist die Regierung auf das Ziel im Embryonenschutzgesetz, das Entstehen gespaltener Mutterschaften – also das Auseinanderfallen von genetischer und sozialer Mutter – zu verhindern. Diese Begründung hält die Leopoldina in ihrer im vergangenen Jahr erschienenen Stellungnahme für eine „zeitgemäße Gesetzgebung“ in der Fortpflanzungsmedizin für „nach heutigem Kenntnisstand nicht überzeugend“.

Eine gespaltene Elternschaft entstehe auch nach Samenspende oder bei Adoption, „ohne dass dies als ausreichend für ein prinzipielles Verbot dieser Verfahren angesehen würde“, so die Leopoldina. Die deutsche Rechtsordnung, heißt es in einer Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags von 2018, „verbietet die Leihmutterschaft nicht direkt und generell, sondern versucht, sie (...) mit rechtlichen Hürden zu unterbinden“.

Die Frage, ob eine Leihmutterschaft die Menschenwürde der Leihmutter nach Artikel 1 Grundgesetz verletzt, beantwortet die Regierung ausweichend. Die Frage der Vereinbarkeit mit Artikel 1 „kann sich im Hinblick auf den konkreten Einzelfall unterschiedlich darstellen“, heißt es.

Staatliche Behörden in Deutschland wie die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) informierten „ausführlich über die medizinischen Risiken von Leihmutterschaft und rechtliche Aspekte“. Adoptionsvermittlungsstellen seien dazu „angehalten“, potenziell interessierte Paare „auf die zu erwartenden rechtlichen und tatsächlichen Probleme hinzuweisen“.

Ethikrat für Normierung der Embryospende

Die FDP zeigt sich unzufrieden mit den Antworten: „Die Bundesregierung verschließt die Augen vor den Wünschen kinderloser Paare. Statt sich um eine Reform des Fortpflanzungsmedizinrechts zu bemühen, zieht sie sich auf längst überkommene gesetzgeberische Begründungen aus dem Jahr 1990 zurück“, sagt die FDP-Gesundheits- und Rechtspolitikerin Katrin Helling-Plahr der „Ärzte Zeitung“. Ihre Fraktion fordert die Legalisierung der „nichtkommerziellen Leihmutterschaft“, der Eizellspende und der Embryonenspende.

Für eine rechtliche Normierung der Embryonenspende hat sich der Deutsche Ethikrat bereits 2016 in einer Stellungnahme ausgesprochen.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Debatte um Arzttermine

Lauterbach beklagt „Diskriminierung“ gesetzlich Versicherter

Das könnte Sie auch interessieren
Pflanzenzweige in Reagenzgläsern

© chokniti | Adobe Stock

PMS? Phytotherapie!

Evidenzbasierte Phytotherapie in der Frauenheilkunde

Anzeige | Bionorica SE
Packshot Agnucaston

© Bionorica SE

PMS? Phytotherapie!

Wirkmechanismus von Agnucaston® 20 mg

Anzeige | Bionorica SE
Mönchspfeffer Pflanze

© Lemacpro / AdobeStock

Phytotherapie bei PMS

Wissenschaftliche Kurzinformation zu Agnucaston® 20 mg

Anzeige | Bionorica SE
Was zur Prophylaxe wirklich nützt

© bymuratdeniz / Getty Images / iStock

Rezidivierende Harnwegsinfekte

Was zur Prophylaxe wirklich nützt

Kooperation | In Kooperation mit: Dermapharm AG
Fast jede Frau macht die Erfahrung einer Blasenentzündung. Häufigster Erreger ist E. coli.

© Kateryna_Kon / stock.adobe.com

Prophylaxe von Harnwegsinfekten

Langzeit-Antibiose nicht mehr First Line

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Dermapharm AG
Plädoyer für die Immunprophylaxe bei Harnwegsinfekten

Experten-Workshop

Plädoyer für die Immunprophylaxe bei Harnwegsinfekten

Kooperation | In Kooperation mit: Dermapharm AG
Kommentare
Nina Wedemeyer 11.08.202022:32 Uhr

Wir leben in einer erstaunlichen Zeit, in der es für alle kinderlosen Paare möglich wurde, Eltern ihres Kindes zu werden. Vielleicht gibt es in Europa Probleme mit dem gesetzlichen Rahmen, gerade weil es in diesem schwierigen Bereich einen Mangel an professionellen Ärzten gibt. Genetik und Fortpflanzung sind keine Witze. Ich hatte das Glück, eine Klinik in der Ukraine zu finden, wo ich die Dienste der Leihmutterschaft in Anspruch nehmen konnte. Dank professioneller Ärzte wurde ich die Mutter eines wunderschönen Jungen. Es gab keine Probleme, die Ukraine und die Dokumente zu verlassen. So kann ich allen Zweiflern sagen: Haben Sie keine Angst, Sie können bis ans Ende der Welt gehen, um Ihr Kind zu holen, und die Ukraine ist nicht das Ende der Welt

Marjoke Förster 10.04.202011:36 Uhr

Natürlich ist es derzeit kein Thema, in Corona-Zeiten.
Aber wir sind betroffen und das hat uns dazu gebracht, den potenziell schönsten Tag unseres Lebens zu canceln. Bis auf Weiteres.Den Geburtstag unserer Tocher. Durch eine ukrainische Leihmutter zur Welt gebracht steckt unsere Maus jetzt in Kiew im Hotel in guter Obhut, während wir hier sind.
Wäre hier eine Leihmutterschaft legal gewesen, hätten wir uns all das ersparen können.

Sonderberichte zum Thema
Den Herausforderungen mit Hopfenextrakt begegnen

© Pixelrohkost / stock.adobe.com

Arztinformation – Hilfe für Patientinnen in den Wechseljahren

Den Herausforderungen mit Hopfenextrakt begegnen

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Procter & Gamble Health Germany GmbH, Schwalbach am Taunus
Abb. 1: Wichtige Signalwege und Angriffspunkte für eine zielgerichtete Therapie beim Mammakarzinom

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [3]

Molekularpathologische Diagnostik

Welche Tests sind wichtig beim Mammakarzinom?

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH GmbH, Hamburg
Abb. 1: Zeitaufwand pro Verabreichung von Natalizumab s.c. bzw. i.v.

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [9]

Familienplanung und Impfen bei Multipler Sklerose

Sondersituationen in der MS-Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Biogen GmbH, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Behandlungstipps

Psoriasis und Komorbiditäten: Welche Therapie wirkt am besten?

Lesetipps
Dr. Carsten Gieseking

© Daniel Reinhardt

Praxisabgabe mit Hindernissen

Warum Kollege Gieseking nicht zum Ruhestand kommt

Eine Spritze für eine RSV-Impfung liegt auf dem Tisch.

© picture alliance / Ulrich Baumgarten

Update

Umfrage unter KVen

Erst sechs Impfvereinbarungen zur RSV-Prophylaxe Erwachsener