Reform der Musterweiterbildungsordnung
Marburger Bund will mehr Mitsprache für junge Ärzte
Mehr Zeit für die Weiterbildung im Klinikalltag, flexiblere Weiterbildungszeiten und die Kammern als Wächterinnen über den Weg zum Facharzt: Das fordert der Marburger Bund in einem aktuellen Thesenpapier.
Veröffentlicht:BERLIN. Knapp zwei Monate vor dem 120. Deutschen Ärztetag in Freiburg rückt der Marburger Bund (MB) das Thema Weiterbildung ins Rampenlicht. Die Krankenhäuser sollen mehr Zeit für die ärztliche Weiterbildung freischaufeln. Zudem sollen die Mindestweiterbildungszeiten auf den Prüfstand. 60 Monate kompetenzorientierte Weiterbildung seien genug, heißt es in einem am Dienstag vorgelegten Thesenpapier des MB.
Um die Diskussion zur lange geplanten Novelle der Muster-Weiterbildungsordnung zu befruchten, wolle sich der MB zudem dafür einsetzen, jungen Ärzten und Ärztinnen leichteren Zugang zu den Gremien der verfassten Ärzteschaft zu verschaffen.
Die Novelle sieht vor, klar definierte Kompetenzen zur Grundlage der Anerkennung als Fachärzte zu machen. Die Kompetenzorientierung soll die bislang vorherrschende Ausrichtung an festen Zeitabschnitten ablösen. Endgültig verabschiedet werde das neue Regelwerk den MB-Vertretern zufolge frühestens 2018 auf dem Ärztetag in Erfurt, möglicherweise auch erst 2019 (siehe unten stehenden Bericht).
Die Botschaften des MB richten sich an die Ärztekammern. Ihnen obliege es, die Standards festzulegen, die für alle Weiterbildungsstätten gelten sollen. Zudem überprüfen sie die Weiterbildungsverträge, die zusätzlich zu den Arbeitsverträgen geschlossen werden sollten, um die Ansprüche der angehenden Fachärzte auf eine strukturierte Weiterbildung zu sichern.
Besonderes Augenmerk richten die Autoren des Papiers auf die vor allem von Ärztinnen nachgefragte Weiterbildung in Teilzeit. Der Frauenanteil werde auf 70 Prozent steigen, sagte MB-Vorstand Dr. Henrik Herrmann bei der Vorstellung der Thesen am Dienstag in Berlin. Die Kliniken stünden unter ökonomischem Druck. Unterbesetzung auf den Stationen, Personalfluktuation und daraus resultierende Arbeitsverdichtung ließen die Inhalte der Weiterbildung gerade für halbtags tätige Ärztinnen ins Hintertreffen geraten. Die Flexibilität der Arbeitgeber und Chefärzte lasse in diesen Punkten zu wünschen übrig.
Eine verzögerte Facharztanerkennung beeinträchtige jedoch die Karriere-Chancen vor allem junger Frauen, so Herrmann. Denkbare Weiterbildungszeiten von zwölf Jahren für halbtags arbeitende Ärztinnen wirkten abschreckend auf den Nachwuchs, sagte Dr. Hans-Albert Gehle, MB-Vorstand und Vorsitzender des Arbeitskreises Fort- und Weiterbildung.
Aktuelle Zahlen zur Lage der Weiterbildung präsentierte der MB am Dienstag nicht. Der MB-Monitor aus dem Jahr 2014, der speziell den Themenkomplex Weiterbildung in den Mittelpunkt rückte, unterstreicht jedoch die Arbeitsbelastung vieler Ärzte in Weiterbildung: Weit mehr als die Hälfte der Teilnehmer (58 Prozent) gab an, die vorgeschriebenen Lerninhalte außerhalb der regulären Arbeitszeit erwerben zu müssen. Zudem erhalten laut der Online-Umfrage, an der sich damals 1118 angestellte Ärzte in Weiterbildung zum Facharzt beteiligten, lediglich neun Prozent ein regelmäßiges Feedback (die "Ärzte Zeitung" berichtete).
Der MB-Monitor 2014 ist die letzte bundesweite Befragung zu dem Thema. Jüngste Zahlen aus Westfalen-Lippe weisen daraufhin, dass es wohl beträchtlcihe Qualitätsbverbesserungen gegeben hat: 3156 Ärzte in Weiterbildung aus Klinik und Praxis beteiligten sich an der Umfrage der Kammer in 2016. 18 Prozent gaben an, dass Wissen in ihrer Weiterbildung "ausgezeichnet" vermittelt werde, 44 Prozent vergaben immerhin ein "gut". 2014 waren es noch neun beziehungsweise 30 Prozent. Ebenfalls gestiegen ist die Note für das Feedback: 18 Prozent (2014: 10) bewerteten dieses mit "ausgezeichnet", 38 Prozent (26) mit "gut". Nur 17 Prozent (27) vergaben ungenügende Noten.
Die Kritik des MB bezieht sich ausdrücklich auch auf die Weiterbildung in Arztpraxen. Der MB will sich dafür einsetzen, dass sich die angehenden Fachärzte in der ambulanten Versorgung nicht schlechter stellen als Kollegen auf Station. Tatsächlich bleibe die Vergütung jedoch hinter der in kommunalen Kliniken zurück. Im 2015 in Kraft getretenen Versorgungsstärkungsgesetz heißt es, dass die Vergütung auf die im Krankenhaus übliche Höhe anzuheben sei. Die Lohnkostenförderung in der Allgemeinmedizin teilen sich die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen.