„Naturkatastrophe Corona“
Merkel: Alltagsbeschränkungen bis zum Frühjahr
Bundeskanzlerin Angela Merkel hält es für möglich, dass der Teil-Lockdown über den November hinaus geht. Die Coronavirus-Pandemie sei die größte Bewährungsprobe für das Land seit dem Zweiten Weltkrieg, betont sie.
Veröffentlicht:Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Bevölkerung auf Alltagseinschränkungen bis zum nächsten Frühjahr eingeschworen. „Wir werden in den kommenden vier Monaten damit leben müssen“ sagte sie am Montagnachmittag vor der Bundespressekonferenz in Berlin.
Auch nach dem November werde es keine Großveranstaltungen geben, das sei für die Wintermonate bereits absehbar. Merkel betonte mehrmals, dass die beschlossenen Maßnahmen ein Absenken aller Kontakte in Deutschland zum Ziel hätten. Da Schulen und Kitas sowie der Wirtschaftskreislauf offen bleiben sollten, seien alle anderen Bereiche des gesellschaftlichen Lebens gefordert, die erforderlichen Effekte zu erzeugen.
Noch könne man nicht darüber spekulieren, was nach dem 30. November wieder möglich sein werde. Zuvor würden am 16. November Bund und Länder die Lage analysieren und dann entscheiden, ob und wie es mit den Maßnahmen weitergehe.
Merkel: „Naturkatastrophe Corona“
Bei der Corona-Pandemie handele es sich um eine Naturkatastrophe. „Licht am Ende des Tunnels ist weit entfernt“, sagte Merkel mit Blick auf die Ausbreitung der Corona-Virus begünstigenden kälteren Temperaturen in den bevorstehenden Wintermonaten. Eine ähnliche Bewährungsprobe habe es seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr gegeben. Wörtlich sagte die Kanzlerin: „Das ist etwas, was uns seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland am meisten abverlangt.“
Gleichwohl zeigte sich die Kanzlerin bereit, Bundestag und Bundesrat wieder stärker in die Corona-Entscheidungen von Regierung und Ländern einzubeziehen. Nach dem Motto: „Wann immer sich Ministerpräsidenten und Bundesregierung treffen, ist die Regierung verpflichtet zu unterrichten“, sagte Merkel.
Das so zu handhaben, könne sie sich „gut“ vorstellen. Forderungen dieser Art sind in jüngerer Zeit im Bundestag immer lauter geworden. Am Dienstag will der Vorstand der SPD-Fraktion ein dementsprechendes Positionspapier verabschieden.
Positionspapier
Corona-Politik: SPD-Fraktion fordert Rechtssicherheit zurück
Zahl der Kontakte, und sonst nichts
Fragen nach den Vorwürfen, der Teil-Lockdown im November schaffe Ungerechtigkeiten und benachteilige zum Beispiel Gastronomie und Kunstbetrieb begegnete Merkel eindeutig.
Es gehe nicht um das Hygienekonzept des Opernhauses A und das des Restaurants B, sondern ausschließlich um die Zahl der Kontakte. Wenn jemand nach der Verhältnismäßigkeit frage, warum Bars und Restaurants geschlossen würden und Geschäfte nicht, und dass das ungerecht sei, könne die Antwort nur lauten: „Dann schließen wir die Geschäfte auch. Die Antwort kann nicht lauten, wir machen beides wieder auf“, sagte Merkel.
20 Millionen Schnelltests im Monat?
Es gebe ausweislich der überall zu hohen Inzidenzen in den Landkreisen ein sich flächendeckendes Ausbreiten des Infektionsgeschehens. Das spreche dafür, dass, man nicht beliebig viel Mobilität zulassen könne. Auf allen Ebenen müsse Vorsicht walten, und zwar nicht erst, wenn die Intensivversorgung in Gefahr gerate.
Deshalb müssten die Inzidenzen von derzeit im Bundesdurchschnitt 127,8 auf 100.000 Einwohner wieder auf unter 50 auf 100.000 sinken. Erst ab dann könnten die Gesundheitsämter wieder alle Kontakte nachverfolgen. Im Moment seien 75 Prozent der Kontakte nicht zuzuordnen.
Es gebe allerdings auch Lichtblicke, sagte Merkel. Es gebe mehr und besseres Schutzmaterial, es gebe zehn Millionen Schnelltests im Monat und es könne sein, dass es ab Januar 20 Millionen gebe. Zudem bestehe die Aussicht auf Impfstoffe, die zugelassen werden könnten.