Beschneidung
Mit Vollgas ins BGB
Jetzt soll alles ganz schnell gehen: Schon am Mittwoch soll der Gesetzentwurf zur Beschneidung ins Kabinett, dann soll bald der Bundestag entscheiden. Der Zentralrat der Juden spricht von einem positiven Signal - die Kinderärzte sind skeptisch.
Veröffentlicht:BERLIN (chb/af/sun). Wenn im Bundestag über den Gesetzentwurf zur Beschneidung abgestimmt wird, soll offenbar der Fraktionszwang aufgehoben werden.
Das wird vom Zentralrat der Juden in Deutschland begrüßt: "Ich glaube daran, dass unsere politisch gewählten Repräsentanten nach bestem Wissen und Gewissen dem Gesetzentwurf zustimmen werden und damit eindeutig demonstrieren, dass jüdisches Leben nicht nur zu Deutschland gehört, sondern ein Teil Deutschlands ist", so der Präsident des Zentralrats, Dr. Dieter Graumann, in einer Stellungnahme zu dem 26 Seiten umfassenden Referentenentwurf aus dem Bundesjustizministerium.
Graumann kritisierte aber auch, dass die Beschneidungsdebatte mitunter sehr feindliche Töne hervorgebracht habe, die rational nicht mehr zu erklären gewesen seien.
Nach dem Gesetzentwurf soll das Bürgerliche Gesetzbuch um den Pargrafen 1631 d "Beschneidung des männlichen Kindes" ergänzt werden.
Hier soll es künftig heißen: "Die Personensorge umfasst auch das Recht, in eine medizinisch nicht erforderliche Beschneidung des nicht einsichts- und urteilsfähigen männlichen Kindes einzuwilligen, wenn diese nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt werden soll...".
Kein Freibrief für weibliche Genitalverstümmelung
Zudem sieht der Entwurf vor, dass "in den ersten sechs Monaten nach der Geburt des Kindes auch von einer Religionsgesellschaft dazu vorgesehene Personen Beschneidungen durchführen dürfen, wenn sie dafür besonders ausgebildet (...) sind." Diese Beschneider müssen aber keine Ärzte sein.
Zu den Regeln der ärztlichen Kunst zählt das Bundesjustizministerium "eine im Einzelfall angemessene und wirkungsvolle Betäubung und grundsätzlich eine für den Patienten möglichst schonende Durchführung der Beschneidung".
Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte beurteilt den Gesetentwurf weiter skeptisch. Dass Beschneidungen auch von Nichtärzten vorgenommen werden dürften, sei mit der Berufsordnung nicht vereinbar, so BVKJ-Präsident Dr. Wolfram Hartmann.
Der Gesetzentwurf grenzt sich deutlich von der weiblichen Genitalverstümmelung ab. Eine rechtfertigende Einwilligung der Sorgeberechtigten komme hier in keinem Fall in Betracht.
Wer sich in Deutschland an einer weiblichen Genitalverstümmelung beteilige oder dazu anstifte, mache sich der gefährlichen oder schweren Körperverletzung strafbar, heißt es.
Laut dem Gesetzentwurf ist weltweit kein Staat bekannt, "in dem eine mit Einwilligung der Eltern fachmännisch fehlerfrei durchgeführte Beschneidung von männlichen Kindern(...) ausdrücklich verboten wäre".