Von Partnern zu Verhinderern

NAV-Chef fordert Kassen zu mehr Verantwortung auf

Die Gesundheitsgesetzgebung treibt die Verbände um: Den Ärzten wird zu wenig Geld ausgegeben, den Arbeitgebern zu viel, so eine Meinung.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Der NAV-Virchow Bund wirft der Selbstverwaltung vor, dass sie nicht partnerschaftlich genug agieren.

Der NAV-Virchow Bund wirft der Selbstverwaltung vor, dass sie nicht partnerschaftlich genug agieren.

© photoinstyleat / Fotolia

BERLIN. Einen "Ruck" in der Selbstverwaltung hat der Vorsitzende des NAV-Virchow-Bundes, Dr. Dirk Heinrich, gefordert. Dafür solle der Gesetzgeber noch vor den nächsten Sozialwahlen im Jahr 2023 sorgen.

Dass die Versicherten bei der Sozialwahl nur für Listen, nicht aber wie bei einer Urwahl für Kandidaten stimmen können, hat Heinrich als eine der Ursachen für " grundsätzliche und fortschreitende Fehlentwicklungen" im Gesundheitswesen ausgemacht.

Auf diesen Listen fänden sich vorwiegend Verbandsfunktionäre und abgewählte Politiker ohne Berührung mit Versorgungsthemen und ohne Kontakt mit den direkten Nöten der Versicherten. Es finde daher keine "effektive Aufsicht im Interesse der Versicherten und Patienten mehr statt", erklärte Heinrich.

Bruch seit 2004

Die Kassen hätten sich mit der Professionalisierung der Selbstverwaltung im Jahr 2004 von Partnern der Ärzte mit Versorgungsverantwortung zu Verhinderern von jeder noch so sinnvollen Ausgabe entwickelt, heißt es in einem am Donnerstag verbreiteten Statement Heinrichs.

Den Krankenkassen und ihren Verbänden sei jegliches Verantwortungsbewusstsein für die Mitgestaltung und Weiterentwicklung der Versorgung abhanden gekommen. "Wir beobachten dies bei den aktuellen Äußerungen zum Terminservice- und Versorgungsgesetz, wenn für Mehrleistungen zusätzliche Mittel verweigert werden."

Vertreter des GKV-Spitzenverbands hatten sich zuvor enttäuscht gezeigt, dass der Gesundheitsminister mit dem Gesetzentwurf Vergütungsanreize für Ärzte setze, zum Beispiel bei der Vermittlung von Patienten zum Facharzt. Das sei ohnehin Kernaufgabe der Ärzte und Kassenärztlichen Vereinigungen und gehöre nicht eigens bezahlt, so der Tenor beim GKV-Spitzenverband.

Arbeitgeber schließen sich Kritik an

Kritik an den Gesetzen aus dem Gesundheitsministerium kommt auch aus dem Arbeitgeberlager. Die aktuellen Pläne bedeuteten Mehrbelastungen von 1,5 Milliarden Euro im Jahr und würden den Beitragssatz in die Höhe treiben, sagte der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) Steffen Kampeter dem "Handelsblatt".

Der Gesetzentwurf listet Mehrkosten in Höhe von rund 1,2 Milliarden Euro auf, allein 570 Millionen für eine höhere Beteiligung der Kassen beim Zahnersatz. Kampeter kritisierte, dass die Politik darauf setze, mehr Geld auszugeben, anstatt das Gesundheitswesen zu rationalisieren.

Hintergrund ist, dass die Arbeitgeber ab 2019 wieder die Hälfte der Kassenbeiträge übernehmen müssen. Auf Arbeitgeber und Rentenversicherung kommen damit Belastungen von rund 6,9 Milliarden Euro im Jahr zu.

Lesen Sie dazu auch: Von Partnern zu Verhinderern: NAV-Chef fordert Kassen zu mehr Verantwortung auf

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