USA
"Obamacare" steht auf der Kippe
Das wichtigste politische Projekt Barack Obamas steht erneut vor Gericht. Und diesmal könnte die "Obamacare" tatsächlich gekippt werden - denn die Klage gegen die Gesundheitsreform hat Erfolgschancen.
Veröffentlicht:WASHINGTON. Es will kein Ende nehmen: Die amerikanische Gesundheitsreform "Obamacare" befindet sich wieder einmal vor dem Obersten Gerichtshof.
Diesmal geht es darum, ob staatliche Zuschüsse zu Krankenversicherungsbeiträgen für bestimmte Amerikaner mit niedrigen bis mittleren Einkommen zulässig sind.
Die Crux: Ursprünglich war geplant, dass die meisten oder alle Bundesstaaten ihre eigenen digitalen Versicherungsmärkte aufbauen würden. Aufgrund politischer Opposition der Reform gegenüber entschieden sich aber eine ganze Reihe von Bundesstaaten dagegen.
Das Gesetz sah vor, dass in Bundesstaaten, die keine eigene Website unterhalten, die Bundesregierung mit ihrer Versicherungsbörse einspringen würde. In 34 Bundesstaaten ist das heute der Fall. Nur 16 haben ihre eigene Online-Börse.
Ein einziger Satz
Die Klage vor dem Gerichtshof konzentriert sich auf einen einzigen Satz in dem fast 1000-seitigen Reformgesetz. Dort heißt es, dass Zuschüsse denen gewährt werden, die ihre Versicherungspolicen in "vom Bundesstaat eingerichteten Versicherungsbörsen" erstehen.
Nach dem Argument der Kläger schließt diese Formulierung all die 34 Bundesstaaten aus, in denen die Bundesregierung mit ihrer zentralen Versicherungsbörse einspringen musste.
Vom Steuerzahler finanzierte Zuschüsse seien dort nicht rechtmäßig, wo keine Versicherungsbörse durch den jeweiligen Bundesstaat unterhalten werde, so heißt es in der Klage.
Obamas Anwaltsteam tritt am Mittwoch mit dem Argument an, dass es eindeutige Absicht des Gesetzes war, allen bedürftigen Landsleuten Zuschüsse zukommen zu lassen und dass ein unglücklich formulierter Satz nicht in der Lage sein sollte, ein Kernelement der Reform auszuhebeln.
Viele Rechtsexperten halten die Klage, die von vier erklärten "Obamacare"-Gegnern durch die Instanzen gepeitscht wurde, für absurd.
Denen, die sie ursprünglich nicht ernst nahmen, verging aber das Lachen, als der Oberste Gerichtshof sich Anfang November bereit erklärte, den Fall anzunehmen.
Gerichtshof ist gespalten
Damals hatten die Richter mit fünf zu vier Stimmen für die Rechtmäßigkeit der "neuen Steuer" abgestimmt. Zünglein an der Waage war damals der Vorsitzende John Roberts, der eigentlich als eher konservativ eingeschätzt wird.
Jetzt steht für die "Obamacare" wieder viel auf dem Spiel: Laut Regierung qualifizieren sich 80 bis 90 Prozent der Käufer auf dem neuen Online-Versicherungsmarkt für die staatlichen Finanzhilfen.
Nach Schätzungen betrug der durchschnittliche Zuschuss 5548 US-Dollar (rund 4959 Euro) jährlich - was 67 Prozent der Kosten für eine durchschnittliche Familienversicherung entsprach.
Sollte der Gerichtshof zugunsten der Kläger entscheiden, würden bis zu acht Millionen Menschen die Finanzhilfen, die eine Krankenversicherung für sie erschwinglich machen, verlieren.
Die Entscheidung der obersten Richter wird erst im Juni erwartet. Bis dahin bleibt das Ringen um Obamacare ein Zitterspiel.