Corona-Tote
Odenwaldkreis überschüttet KV Hessen mit Vorwürfen
Die nächste Schlammschlacht in Hessen, die schon länger gärt: Die KV wehrt sich gegen Vorwürfe aus dem Odenwaldkreis, dort kein Testcenter eingerichtet zu haben. Dessen Landrat findet die KV-Wortwahl „unangemessen“.
Veröffentlicht: | aktualisiert:Frankfurt/Main. Schlammschlacht die Zweite: Nach dem Streit um ein Testcenter im Vogelsbergkreis, das die KV Hessen (KVH) in letzter Konsequenz Ende Juni geschlossen hat, geht es im Odenwaldkreis weiter: Als der hessische Gesundheitsminister Kai Klose am Dienstag das Gesundheitsamt und das Gesundheitszentrum Odenwaldkreis besuchte, um sich ein Bild von deren Leistungsfähigkeit in der Coronakrise zu machen, nutzte der Landrat des Kreises, Frank Matiaske (SPD), die Gelegenheit, um erneut gegen die KVH zu schießen.
Der Streit schwelt bereits seit März. Matiaske hatte hier schon die Entscheidung der KV scharf kritisiert, dort kein Testcenter einzurichten. „Diese Entscheidung ist nicht patientenorientiert und stößt auf mein völliges Unverständnis, zudem im Raum Erbach eine mobile Raum-Lösung sehr schnell hätte aufgestellt werden können, die als Testcenter geeignet ist“, hatte Matiaske erklärt.
Von Corona stark betroffen
Der Odenwaldkreis war einer der von der Coronapandemie am stärksten betroffenen Landkreise in Hessen, und hatte viele Tote zu beklagen. Gegen die sich seit März wiederholenden Vorwürfe aus dem Odenwaldkreis schießt die KV Hessen jetzt zurück: „Auch Wiederholungen machen Unwahrheiten nicht wahrer“, erklären die Vorstandsvorsitzenden der KVH, Frank Dastych und Dr. Eckhard Starke in einer Stellungnahme am Freitag.
Schleichend aber konsequent hätte man durch die Wiederholungen der Vorwürfe aus dem Odenwaldkreis das Narrativ etabliert, die überdurchschnittlich hohe Todeszahl dort liege daran, dass die KVH im Landkreis kein Testcenter eingerichtet habe, ärgern sich die KVH-Vorstände. Fakt sei aber, dass die Bilanz im Odenwaldkreis nicht nur im hessischen, sondern im bundesweiten Vergleich mit 15,1 Prozent Toten in Bezug auf die Zahl der Infizierten „katastrophal“ sei. Mit 431 Infizierten pro 100.000 Einwohner liege der Odenwaldkreis ebenfalls einsam an der Spitze in Hessen.
Zusammen mit dem Schwalm-Eder-Kreis sei der Odenwaldkreis damit verantwortlich für 20 Prozent der 514 COVID-19-Toten in Hessen, rechnen die KV Vorstände vor. Die hohen Todeszahlen könnten nicht an einem fehlenden Testcenter gelegen haben.
Kein Testcenter und weniger Tote
Denn: In elf hessischen Landkreisen ohne Testcenter – darunter die Wetterau, der Hochtaunuskreis, der Rheingau-Taunus-Kreis oder Darmstadt-Dieburg – seien 120 bis 150 Fälle pro 100.000 aufgetreten, die Letalität habe zwischen 1,69 bis 4,54 Prozent gelegen.
„Persönliche Interpretation“
Ja, er habe von Anfang an ein fehlendes Testcenter moniert, gibt Matiaske (www.odenwaldkreis.de) auf die Stellungnahme des KVH-Vorstands hin zu. Es sei aber niemals die Rede davon gewesen, dass wegen eines fehlenden Testcenters mehr an oder mit dem Virus gestorben seien als andernorts, so Matiaske weiter. „Wenn jemand meine Kritik so aufgefasst hat, dann ist das eine persönliche Interpretation des Betreffenden.“
Dem Argument der KVH, der Odenwaldkreis hätte den Fahrdienst der KV zu COVID-19 Testungen kein einziges Mal genutzt, hält Matiaske entgegen, das Angebot sei erst Mitte Mai bekannt gegeben worden. „Da war die erste heftige Welle der Pandemie längst durch“, so Matiaske. Zuvor habe man die Auskunft erhalten, dass dieser Dienst lediglich den Vorderen Odenwald abdecke.
KV Hessen empfiehlt Aufklärung
Mit den vorgestellten Zahlen hoffen Dastych und Starke, den „tumben Vorwurf des fehlenden Testcenters“ endlich ein Ende bereitet zu haben. Vielmehr müsste man sich dort endlich der Aufklärung widmen, warum es „zu dieser Todeszone in Hessen gekommen ist“, so der KVH-Vorstand.
Die Wortwahl der KV, insbesondere den Begriff „Todeszone Odenwaldkreis“, findet Matiaske „unangemessen“. Mit dem heftigen Angriff gegen den Kreis und gegen ihn persönlich setze die KV einen „unterirdischen Kommunikationsstil“ gegenüber den Kommunen fort, die sich kritisch gegenüber der Vereinigung geäußert hätten, so Matiaske. „Hilfreich wäre es, gemeinsam Lösungen zu finden.“