Krebsprävention

PFAS-Verbot: MedTech-Branche hofft auf Rückenwind von Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin

Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin fordert beim geplanten EU-Verbot bestimmter Ewigkeitschemikalien von Brüssel eine differenziertere Betrachtungs- und Vorgehensweise ein.

Veröffentlicht:
Die EU-Kommission plant ein Verbot von rund 10.000 kanzerogenen und reproduktionstoxischen Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS).

Die EU-Kommission plant ein Verbot von rund 10.000 kanzerogenen und reproduktionstoxischen Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS).

© Sascha Steinach/ZB/picture alliance

Stuttgart/Berlin/Brüssel. Die deutsche Medizintechnikbranche hofft in puncto des von der EU-Kommission – auf Empfehlung der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) hin – geplante Verbot von rund 10.000 kanzerogenen und reproduktionstoxischen Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS) in Produkten auf Schützenhilfe der baden-württembergischen Landeswirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU). Nach einem Gespräch mit Vertretern aus der Medizinbranche, Halbleiterherstellung, Automobil-, Wasserstoff-, Maschinenbau-, Textil-, Elektro- und Chemieindustrie zeigte sich die Ministerin konsterniert über das Brüsseler Vorpreschen. „Dass die EU-Kommission ein pauschales Verbot von PFAS vorsieht, stellt nicht nur unsere Unternehmen vor ein großes Problem. Die Folgen wären auch für unsere Gesellschaft gravierend. Die EU muss differenzierter vorgehen. Selbstverständlich ist ein sehr sorgfältiger Umgang mit den Stoffen notwendig, um Mensch und Umwelt bestmöglich zu schützen. Doch ebenso selbstverständlich notwendig ist eine differenziertere Betrachtungs- und Vorgehensweise, eine genaue Abwägung zwischen dem Nutzen für Mensch, Umwelt und Gesellschaft und den Risiken, die bei der Verwendung dieser Stoffe auftreten können. Diesen Prozess anzustoßen und gemeinsam mit Wirtschaft, Gesellschaft und Politik zu gestalten, ist mein Ziel“, so Hoffmeister-Kraut.

Lob für diese Haltung zollte der MedTech-Branchenverband SPECTARIS der Ministerin am Montag. „Auch bei diesem Gespräch zeigte sich, dass das Thema zu komplex für pauschale Beurteilungen ist, die sowohl unterschiedliche Risiken von Stoffen und Stoffgruppen als auch Auswirkungen auf Gesellschaft und Technologien ignorieren“, resümiert SPECTARIS-Geschäftsführer Jörg Mayer laut Verbandsmitteilung. Und ergänzt: „Man kann nicht davon ausgehen, dass das laufende ECHA-Verfahren die Funktionsfähigkeit unserer Hightech-Industrien angemessen berücksichtigt. In keiner der Hightech-Branchen ist es möglich, die Gesamtheit der Lieferketten innerhalb des Konsultationszeitraums auf die PFAS-Verwendung, geschweige denn Alternativen, zu analysieren. Somit wird es am Ende dieses Verfahrens keine gesicherte Datenlage geben.“

Folgt wieder ein Brandbrief aus Stuttgart an die EU-Kommission?

Da Baden-Württemberg die Heimat von Deutschlands größtem Medizintechnikstandort ist, kann sich die Branche sicher sein, dass sich die MInisterin deren Anliegen zu Herzen nimmt. Schließlich hatte sie auch im September 2021 zusammen mit Landesgesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) einen Brandbrief an die Eu-Kommission in Brüssel geschrieben, in dem die Kabinettskollegen vor existenzgefährdenden Auswirkungen der neuen regulatorischen Anforderungen der am 26. Mai 2021 in Kraft getretenen, novellierten EU-Medizinprodukteverordnung (Medical Device Regularion/MDR) gewarnt hatten, die für die Branche mitunter Studienvorgaben nicht zu erfüllen seien, weil klinische Daten fehlten und ein Äquivalenzvergleich in der Praxis nicht mehr machbar ist.

Erst Ende Juni fasste die Wirtschaftsministerkonferenz (WMK) den Entschluss, das Bundeswirtschaftsministerium zu beauftragen, bei den Verhandlungen um das geplante PFAS-Verbot nicht von einem risikobasierten Ansatz abzulassen und eine Einstufung als „Substances of low concern“ beispielsweise für Fluorpolymere zu berücksichtigen.

PFAS sind Hochleistungswerkstoffe, die wegen ihrer besonderen Eigenschaften zu den wichtigsten Industriechemikalien zählen. Anfang 2023 wurde der Entwurf einer umfassenden Beschränkung von PFAS bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) eingereicht und damit ein pauschales Beschränkungsverfahrens eingeleitet. Ziel ist es, die Herstellung und Verwendung aller PFAS zu verbieten, unter anderem auch das Inverkehrbringen von PFAS-haltigen Erzeugnissen in die EU. Die einheitliche Begründung für das pauschale Verbot einer ganzen Stoffgruppe von über 10.000 Einzelsubstanzen ist ihre persistente Eigenschaft, das heißt, sie werden in der Natur nicht abgebaut. Zahlreiche PFAS-Stoffgruppen, die „PFAS of low concern“ werden von Wissenschaftlern jedoch als wenig bedenklich eingestuft.(maw)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Gastbeitrag

Österreich bleibt für deutsche Medizinstudierende attraktiv

Verbesserter Herzschutz

Influenza-Impfraten erhöhen: So geht’s!

Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2024

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

© Janssen-Cilag GmbH

Video

Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Höhen- oder Sturzflug?

© oatawa / stock.adobe.com

Zukunft Gesundheitswesen

Höhen- oder Sturzflug?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Kommentare
KI-Einsatz mit Robotern im Krankenhaus oder in der ambulanten Pflege? In Deutschland noch schwer vorstellbar. Aber vielleicht ist das dieZukunft. Ein Feld auch für die Geldanlage.

© sirisakboakaew / stock.adobe.com

Interview zum Thema Geldanlage

KI für Anleger: „Ich sollte verstehen, in was ich investiere“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Deutscher Apotheker- und Ärztebank
Maquet Otesus OP-Tischsystem

© Getinge Deutschland GmbH

Unternehmen im Fokus

Flexible und ökonomische OP-Tischsysteme

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Getinge Deutschland GmbH, Rastatt
Susanne Dubuisson, Product Leader in Health Tech beim E-Health-Unternehmen Doctolib.

© Calado - stock.adobe.com

Tools zur Mitarbeiterentlastung

Online-Termine gegen den Fachkräftemangel

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Verbesserter Herzschutz

Influenza-Impfraten erhöhen: So geht’s!

Lesetipps
Im Vordergrund Savanne und eine Giraffe, im Hintergrund der Kilimandscharo.

© espiegle / stock.adobe.com

Erhöhtes Thromboserisiko

Fallbericht: Lungenembolie bei einem Hobby-Bergsteiger