Bundeskabinett beschließt
Personaluntergrenzen für Krankenhäuser kommen
Das Bundeskabinett hat die Einführung von Personalmindestgrenzen beschlossen und macht der Selbstverwaltung Druck. Vorgesehen sind unter anderem Vergütungsabschläge für Kliniken, die Vorgaben nicht erfüllen.
Veröffentlicht:BERLIN. In deutschen Krankenhäusern werden Personaluntergrenzen für bestimmte Bereiche eingeführt. Einen entsprechenden Beschluss hat das Bundeskabinett am Mittwoch auf den Weg gebracht. Eine gute Pflege im Krankenhaus könne nur mit einer angemessenen Personalausstattung gelingen, begründete Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) die Entscheidung. "Mit verpflichtenden Pflegepersonaluntergrenzen in Krankenhausbereichen, in denen dies besonders notwendig ist, stärken wir die Patientensicherheit und verbessern zudem die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte im Krankenhaus", so Gröhe nach der Kabinettssitzung. Geplant sind Mindestgrenzen zum Beispiel für Intensivstationen oder für den Nachtdienst. Der Beschluss sieht unter anderem folgendes vor:
» Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und der GKV-Spitzenverband sollen für Bereiche, die von ihnen festgelegt werden, bis zum 30. Juni 2018 Personaluntergrenzen verbindlich vereinbaren.
» Einigen sich beide Seiten nicht, setzt das Bundesgesundheitsministerium (BMG) per Rechtsverordnung mit Wirkung zum 1. Januar 2019 die Untergrenzen per Rechtsverordnung fest.
» Die Selbstverwaltung muss unverzüglich einen konkreten Zeitplan vorlegen. Das BMG wird an den Sitzungen der Vertragsparteien teilnehmen. Dem Ministerium sind regelmäßig Unterlagen zum Bearbeitungsstand vorzulegen und es muss fortwährend über die Arbeitsschritte informiert werden.
» Der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung ist in den fachlichen Austausch einzubeziehen. Das gilt auch für Verbände wie den Deutschen Pflegerat, die für Personalfragen in Krankenhäusern maßgeblichen Gewerkschaften und die Arbeitsgemeinschaft der medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften.
» Um Personalverlagerungen zu vermeiden, müssen Kliniken die für die Krankenhausplanung zuständigen Behörden über die Einhaltung der Untergrenzen informieren und dies auch im Qualitätsbericht berücksichtigen. Werden Untergrenzen nicht eingehalten, soll es Vergütungsabschläge geben. Ausnahmevorschriften und Übergangsfristen sind vorgesehen.
» Die Auswirkungen der Personaluntergrenzen sollen bis zum 31.12.2022 wissenschaftlich evaluiert werden.
» Zudem werden zum 1. Januar 2019 die Mittel des Pflegestellen-Förderprogramms in den Pflegezuschlag überführt. Damit werden die Krankenhäuser mit 830 Millionen Euro pro Jahr dabei unterstützt, dauerhaft mehr Personal zu beschäftigen. Außerdem können krankenhaus-individuelle Zuschläge vereinbart werden, wenn durch die Einführung der Pflegepersonaluntergrenzen Mehrkosten entstehen sollten, die nicht anderweitig finanziert werden.
Der Kabinettsbeschluss hat unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. Positiv reagierte der GKV-Spitzenverband: "Keine Krankenpflegerin und kein Krankenpfleger sollte einen Nachtdienst alleine machen müssen!
Bei besonders sensiblen Bereichen sind Personalvorgaben notwendig, denn so manche Klinik hat das in der Vergangenheit alleine nicht hinbekommen. Die Personalsituation auf Frühchenstationen ist dafür ein gutes Beispiel", so Verbandssprecher Florian Lanz zur "Ärzte Zeitung". Die Solidargemeinschaft der gesetzlichen Krankenversicherung bezahle die Krankenhäuser gut für ihre Leistungen – diese müssten im Gegenzug auch dafür sorgen, dass genug Pflege beim Patienten ankomme.
Wenn vom Gesetzgeber Mindestpersonalbesetzungen in pflegeintensiven Bereichen vorgegeben würden, könne dies als Instrument zur Steuerung eines "prioritären Einsatzbedarfs für zusätzliche Pflegekräfte" grundsätzlich akzeptiert werden, kommentiert die DKG den Kabinettsbeschluss. Der Personaleinsatz müsse aber in der Verantwortung der Krankenhäuser bleiben. Diese bräuchten flexible Rahmenbedingungen, denn Personalbedarf sei von vielen Faktoren abhängig. Dazu gehöre die Schwere und Art der Erkrankungen. Die DKG fordert Ausnahmeregelungen, die Sondersituationen wie vorübergehende Personalausfälle berücksichtigen. Positiv beurteilt sie, dass der Gesetzentwurf eine Finanzierungshilfe für die zusätzlich einzustellenden Pflegekräfte vorsieht.
Die Grünen bezeichnen die Einführung der Untergrenzen dagegen als "dürftigen Versuch der Koalition, kurz vor den Wahlen noch ein paar Wohltaten zu verteilen", so ihre pflegepolitische Sprecherin Elisabeth Scharfenberg. Das werde aber nicht reichen, um die massiven Personalprobleme in den Kliniken zu lösen.