Fachkongress Pflege 2024

Pflegeratschefin Vogler: Bei Heilkundeübertragung „passiert wirklich etwas“

Pflegekräfte sollen mehr Befugnisse erhalten. Bei der Heilkundeübertragung erwartet Pflegerats-Präsidentin Vogler ein Entgegenkommen von der Ärzteschaft. Dr. Susanne Johna, Chefin des Marburger Bundes, warnt im Vorfeld des Kongresses Pflege 2024 vor Überlastung der Pflege.

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Porträtbild von Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats.

Fordert erneut eine „zentrale berufsständische Vertretung“: Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats, zur geplanten Heilkundeausübung durch beruflich Pflegende.

© Monika Skolimowska / dpa-Zentralbild / dpa / picture alliance

Berlin. Pflegeverbände sehen die geplante Heilkundeausübung durch beruflich Pflegende auf gutem Weg. „Wir sind erstaunt, mit welcher Ernsthaftigkeit und Geschwindigkeit das Bundesgesundheitsministerium an der Sache dran ist“, sagte die Präsidentin des Deutschen Pflegerats (DPR), Christine Vogler, der Ärzte Zeitung im Vorfeld des am Freitag (26. Januar) beginnenden Kongresses Pflege 2024. Dass sich das Vorhaben als PR-Gag erweise, fürchte sie nicht, so Vogler. „Da passiert wirklich etwas.“

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte im Dezember Eckpunkte für ein Pflegekompetenzgesetz vorgelegt. Demnach sollen beruflich Pflegende unter anderem in der häuslichen Krankenpflege Leistungen verordnen dürfen – etwa in der Wundversorgung oder bei Kathetern. Lauterbach will bis zur Sommerpause einen Gesetzentwurf im Kabinett einbringen.

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Die erweiterten Aufgaben für professionell Pflegende seien bereits in dem seit 2017 geltenden Pflegeberufereformgesetz verankert, erinnerte Vogler. „Diesen Vorbehaltsbereich auszugestalten und die erweiterten Kompetenzen mit entsprechenden Qualifikationen zu hinterlegen, darum geht es jetzt.“

Mehr Handlungsautonomie als Ziel

Schlussendlich sei die Heilkundeausübung durch Pflege und die Vergütung der Tätigkeiten in einem eigenen Leistungsbereich des Sozialgesetzbuchs zu regeln, so Vogler. „Ziel muss es sein, dass wir überall dort, wo wir Qualifikationen nachweisen können, auch Handlungsautonomie erlangen können.“

Nötig sei überdies eine „zentrale berufsständische Vertretung“ der Pflege auf Bundes- wie Länderebene. Nur so lasse sich die Mitarbeit etwa im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) abbilden. Im Ehrenamt sei das nicht möglich. In den Ländern gibt es bisher in Rheinland-Pfalz und in Nordrhein-Westfalen Pflegekammern.

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Vogler gestand ein, dass die Heilkundeausübung durch Pflegekräfte aus deutscher Sicht „echt ungewöhnlich ist“. „Seit Jahrzehnten entscheidet die Ärztin oder der Arzt, wer krank ist und wer was verordnet bekommt.“

Dieses Verständnis sei auch in der Gesellschaft tief verwurzelt. „Wir müssen bei dem Vorhaben geduldig vorangehen.“ Ärzteverbände stehen der Heilkundeübertragung skeptisch bis ablehnend gegenüber.

„Hand in Hand“ die Versorgung stemmen

Die Skepsis mancher Ärztevertreter könne sie gut verstehen, so Vogler. „Viele sagen, als Mediziner studieren wir über viele Jahre, und es kann doch nicht sein, dass Ärzten und beruflich Pflegenden dann ähnliche Kompetenzen zugeschrieben werden.“ Darum aber gehe es nicht. „Es geht darum, dass die Kompetenzen beruflich Pflegender anerkannt werden und wir das, was wir gelernt haben, selbstständig vollziehen können.“

Medizin und Pflege müssten „Hand in Hand“ arbeiten, um steigende Versorgungsbedarfe abzudecken, forderte Vogler. Die Frage sei nicht, ob Ärztinnen und Ärzte Privilegien behalten oder die Pflege welche bekommen solle. Es gehe darum, gute Versorgung sicherzustellen. Der Pflegeprofession müsse aber bewusst sein, dass erweiterte Befugnisse auch mehr Verantwortung bedeuteten. „Das eine geht nicht ohne das andere.“

Kongress Pflege 2024 in Berlin

Zum Kongress Pflege 2024, der sich als „Leitkongress für Führungskräfte“ in der Kranken- und Altenpflege versteht, werden rund 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer erwartet. Ausgerichtet wird der Kongress von Springer Pflege, ein Bereich des Springer Medizin Verlages. Außer dem Pflegekompetenzgesetz geht es beim Kongress auch um die Krankenhausreform, den Personaleinsatz in Kliniken sowie um Fragen zu Digitalisierung und Cybersicherheit.

Zurückhaltend auf die Pläne reagierte die Vorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, Dr. Susanne Johna. „Die in den Eckpunkten des Pflegekompetenzgesetzes jetzt geplanten Festlegungen sind nichts wirklich Neues“, sagte Johna der Ärzte Zeitung.

Johna warnt vor Überlastung durch Entlastung

Modellvorhaben zur Ausübung heilkundlicher Tätigkeiten durch qualifizierte Pflegefachkräfte nach Paragraf 63 Absatz 3c SGB V seien auf dieser Basis bereits seit 2008 möglich, betonte Johna, die auch Vize-Präsidentin der Bundesärztekammer ist. Im Übrigen dürfe die Entlastung von Ärzten nicht zur Überlastung der Pflege führen, „die selbst unbedingt Entlastung braucht“.

Grundsätzliche Zustimmung kommt aus den Reihen der Opposition. „Neue Modelle der Arbeitsteilung und Aufgabenübertragung können die Pflege entlasten und die Zusammenarbeit der Gesundheitsberufe verbessern“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Tino Sorge, der Ärzte Zeitung. Entscheidend sei, dass ärztliche Expertise verfügbar bleibe, „wo sie erforderlich ist“. (hom)

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