KV Berlin
Politik streitet erbittert um Übergangsgelder
Der amtierende Berliner Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) gerät zunehmend unter Beschuss: Es geht um eine weitere, möglicherweise widerrechtliche Zahlung von Übergangsgeldern an die Vorstände der KV Berlin.
Veröffentlicht:BERLIN. In der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin laufen bereits seit Monaten aufsichtsrechtliche Prüfungen. Das wurde jetzt bekannt, nachdem die Diskussion um eine weitere, möglicherweise widerrechtliche Zahlung von Übergangsgeldern an die Vorstände der KV Berlin auch die Berliner Landespolitik beschäftigt.
"Der Prüfdienst meines Hauses prüft derzeit gemäß Paragraf 274 SGB V die KV Berlin in ihrer Geschäfts-, Rechnungs- und Betriebsführung – darunter auch die betreffenden Vorstandsverträge – intensiv", so der amtierende Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) in seiner Antwort auf ein Schreiben der Fraktionsgeschäftsführerin der Grünen, Catherina Pieroth.
Auf Nachfrage der "Ärzte Zeitung" teilte die Senatsgesundheitsverwaltung weitere Details mit: Der Prüfung unterliegen dabei unter anderem die aktuellen Vorstandsverträge, die eine Zahlung von Übergangsgeldern ohne Voraussetzungen vorsehen. Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts von 2000 ist ein Übergangsgeld nur dann zulässig, wenn ein Vorstandsmitglied die Arbeit in seiner Praxis wieder aufnimmt (wir berichteten).
Bereits seit dem zweiten Quartal
Die nichtöffentliche Prüfung hat die Aufsichtsbehörde nach eigenen Angaben bereits im zweiten Quartal 2016 nach einem gemeinsamen Gespräch des Prüfdienstes mit dem Vorstand und der Vorsitzenden der Vertreterversammlung eröffnet. "Die KV hat dem Prüfdienst alle für die Prüfung geforderten Unterlagen vorzulegen und tut dies fortlaufend auch", teilte die Senatsgesundheitsverwaltung mit.
Die KV-Wahl, bei der Manipulationsvorwürfe laut wurden, unterliegt indes nicht dieser Prüfung. Ebenfalls nicht geprüft wird die Honorarverteilung, bei der externe Prüfer Unregelmäßigkeiten festgestellt hatten.
Die Grünen-Politikerin Pieroth übt scharfe Kritik an dem Aufsichtsgebaren von Gesundheitssenator Czaja. Konkret geht es darum, dass seine Behörde die Dienstverträge der Vorstände für die zweite Amtszeit bisher nicht beanstandet hat. "Ich habe kein Verständnis dafür, dass Sie als Aufsicht die vorgelegten Dienstverträge nicht beanstandet haben. In den neuen Dienstverträgen fehlt die rechtlich bindende Voraussetzung für die Zahlung der Übergangsgelder", so Pieroth in einem Schreiben an Czaja.
Sie vertritt die Auffassung, dass "die Auszahlung eindeutig rechtswidrig" wäre. Pieroth spricht von einem Verwaltungsfehler, der durch eine erneute aufsichtsrechtliche Überprüfung der Dienstverträge geheilt werden könnte. Sie appelliert an den Senator: "Bitte handeln Sie, sonst wird aus dem unappetitlichen Skandal in der Berliner KV noch ein Skandal der CDU geführten Senatsverwaltung."
Czaja droht mit Folgen
Czaja verweist in seiner Antwort darauf, dass die Verträge schon 2011 geschlossen wurden, als die Aufsichtsbehörde Vorstandsverträgen noch nicht zustimmen musste. Der entsprechende Paragraf 35a Absatz 6a SGB IV ist erst 2013 in Kraft getreten.
Im übrigen kündigt er aufsichtsrechtliche Maßnahmen für den Fall an, dass festgestellt werde, "dass die KV Berlin Übergangszahlungen an Vorstandsmitglieder veranzulassen beabsichtigt, obwohl die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen beziehungsweise die Zahlungen dem Zweck eines Übergangsgeldes zuwider laufen", heißt es in der grammatikalisch etwas verunglückten Mitteilung des Gesundheitssenators..
Pieroth geht das nicht weit genug: "Wie schon beim ersten Versuch der ‚Erschleichung von Übergangsgeldern‘ ohne Übergang durch den KV Vorstand reagiert Senator Czaja beim wiederholten Versuch wieder spät und zögerlich und will erst abwarten, ob die Übergangsgelder auch gezahlt werden. Er könnte auch die Rechtswidrigkeit der geänderten Vorstandsverträge gegenüber der KV jetzt feststellen und eine Zahlung untersagen, wenn kein Übergang in die eigene Praxis nach der erwartenden Abwahl der Vorstandsmitglieder erfolgt", so die Fraktionsgeschäftsführerin.
Sie fordert: "Wir brauchen in Berlin, nach den Skandalen um die Übergangsgelder, die das Ansehen der Selbstverwaltung in der Ärzteschaft nachhaltig beschädigt haben, eine bessere aufsichtsrechtliche Kontrolle der Berliner KV durch die Senatsverwaltung."