Tabakwaren
Rauchfrei? In Deutschland noch längst nicht
Nur der Finanzminister freut sich: Zigaretten-Absatz stagniert, Pfeifen-Tabak boomt. Und auch die Werbeetats der Hersteller stiegen zuletzt kräftig.
Veröffentlicht:Berlin/Wiesbaden. Deutschland bleibt ein Raucherland. Das Statistische Bundesamt hat am Mittwoch ernüchternde Zahlen zum Absatz von Tabakwaren für das Jahr 2019 veröffentlicht.
Danach ist der Absatz von Zigaretten im Vorjahr im Vergleich zu 2018 um 0,3 Prozent auf 75 Milliarden Stück gestiegen.
Bei Feinschnitt wurde ein Rückgang um zwei Prozent auf 23.813 Tonnen verzeichnet. Die versteuerte Menge von Zigarren und Zigarillos sank im Vergleich zu 2018 um 12,1 Prozent auf rund drei Milliarden Stück.
Dagegen boomte Pfeifentabak, zu dem Wasserpfeifentabak und Produkte für elektrische Tabakerhitzer zählen. Die versteuerte Menge stieg um 24,5 Prozent auf 4150 Tonnen.
Angesichts der im internationalen Vergleich hohen Raucherquote in Deutschland ist der Druck auf die Regierungskoalition gestiegen, sich bei diesem Thema politisch zu bewegen.
Einigung nach langen Querelen
Nach langen internen Querelen hat sich die Unionsfraktion im Bundestag im Dezember darauf verständigt, die vergleichsweise liberalen Werberegeln für Tabakprodukte schrittweise zu verschärfen.
Danach soll in einem ersten Schritt ab Januar 2022 für klassische Tabakprodukte ein Verbot von Plakatwerbung gelten. Für Tabakerhitzer soll im Januar 2023 ein Außenwerbeverbot folgen, für E-Zigaretten soll dieses Verbot ab 2024 greifen.
Kinowerbung für Tabakprodukte bei Filmen, die für Jugendliche unter 18 Jahren freigegeben sind, soll schon ab 2021 verboten sein.
Zuletzt wurden die Werberegularien aufgrund von EU-Vorgaben im Mai 2016 neu gefasst. Seitdem müssen 65 Prozent der Fläche etwa bei Zigarettenpackungen für Warnhinweise reserviert sein.
Dagegen fiel in der vergangenen Legislaturperiode ein Gesetzentwurf der Bundesregierung, mit dem das Tabakerzeugnis-Gesetz geändert werden sollte, in der Unionsfraktion durch. Der Entwurf wurde nie im Parlament beraten und verfiel am Ende der Legislatur der Diskontinuität.
Es sei „zunächst Sache des Deutschen Bundestags zu entscheiden“, ob der alte Entwurf erneut aufgegriffen werden solle, heißt es in der Antwort auf eine Anfrage der Linken-Fraktion.
247 Millionen Euro für Werbung
Die Tabakhersteller haben 2017 – neuere Zahlen liegen offenbar noch nicht vor – insgesamt rund 247 Millionen Euro für Werbung, Promotion und Sponsoring ausgegeben, berichtet die Regierung.
Dies ist ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu 2016 – damals belief sich die Summe auf knapp 212 Millionen Euro. Auf direkte Werbung entfielen im Jahr 2017 Ausgaben in Höhe von 98 Millionen Euro. Für Promotion gaben die Hersteller 141,5 Millionen, für Sponsorship 7,8 Millionen Euro aus.
Die Tabaksteuereinnahmen des Bundes sind im Jahr 2018 im Vergleich zum Vorjahr leicht auf 14,3 Milliarden Euro gesunken. 2015 waren es noch 14,9 Milliarden Euro.