Beschaffung von Schutzmasken

Rechnungshof rügt Chaos im Spahn-Ressort

Zu unkonventionell ist das Gesundheitsministerium bei der Masken-Beschaffung vorgegangen, monieren Rechnungsprüfer. Das BMG weist die Vorwürfe zurück.

Veröffentlicht:
Jens Spahn und die Masken: Der Bundesrechnungshof erhebt schwere Vorwürfe bezüglich der Beschaffung von Schutzausrüstung in seinem Ministerium.

Jens Spahn und die Masken: Der Bundesrechnungshof erhebt schwere Vorwürfe bezüglich der Beschaffung von Schutzausrüstung in seinem Ministerium.

© Michael Kappeler/dpa

Berlin. Der Bundesrechnungshof erhebt schwere Vorwürfe gegen das Bundesgesundheitsministerium (BMG) wegen der Beschaffung von Schutzausrüstung wie etwa Mund-Nasen-Masken im vergangenen Jahr. In einem Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestags rügen die Rechnungsprüfer die lückenhafte Dokumentation der Beschaffungen und die fehlende Mengensteuerung beim Ankauf.

Das BMG habe im Frühjahr 2020 einen Drei-Monats-Bedarf von 75 Millionen partikelfiltrierenden (PfH) und 200 Millionen Mund-Nasen-Schutzmasken (MNS) errechnet. Tatsächlich seien zum 1. Juli 1,75 Milliarden PfH und 4,1 Milliarden MNS beschafft worden. Die Kosten dafür werden auf 6,3 Milliarden Euro geschätzt.

Das BMG habe sich bei seinen Beschaffungen über die „sachgerechten Bedarfsermittlungen“ durch die Regierung „offenbar bewusst hinweggesetzt“, heißt es in dem Bericht, der der „Ärzte Zeitung“ vorliegt.

Lesen sie auch

„Überbeschaffungen“ von Schutzausrüstung war absehbar

Nach Darstellung der Rechnungsprüfer war dem Ministerium bekannt, dass Länder und KVen selbst persönliche Schutzausrüstung beschaffen würden: „Drohende Überbeschaffungen waren damit absehbar.“ Dagegen erklärt das BMG– vom Bundesrechnungshof um Stellungnahme gebeten –, nur einzelne Länder hätten dem Ministerium „punktuelle Hinweise“ gegeben, welche Mengen sie eigenständig beschafft hätten.

Bei der Menge der bestellten Schutzausrüstung gebe es nicht nur ein „massives Missverhältnis“ zum ursprünglich ermittelten Bedarf, sondern auch zu den Auslieferungen an Länder und KVen. Der überwiegende Teil der Masken sei bis heute nicht für die Verwendung im Gesundheitswesen verteilt worden, lautet die Kritik.

Massive Defizite sehen die Rechnungsprüfer auch in der Dokumentation der Beschaffungen, diese sei „lückenhaft und unsystematisch“. Unterlagen zu vielen, auch grundsätzlichen Entscheidungen, habe das BMG auf Anfrage des Bundesrechnungshofs nicht zur Verfügung stellen können.

Zur Tätigkeit des interministeriellen Beschaffungsstabs, der vom Corona-Kabinett eingesetzt wurde, lägen bis dato nur zwölf E-Mails mit Einwahldaten für Telefonkonferenzen vor. Das BMG spricht in seiner Stellungnahme hingegen von einer „hinreichenden Nachvollziehbarkeit der Verwaltung“. Die „Veraktung“der Beschaffungsvorgänge aus dem vergangenen Jahr sei intern noch nicht abgeschlossen, heißt es.

Rechtsstreitigkeiten werden BMG über Jahre beschäftigen

Der CDU-Gesundheitspolitiker Alexander Krauß nannte die Vorwürfe des Rechnungshofs „kleinkariert“. Das BMG hätte zu Beginn der Pandemie „schnell und unkonventionell“ handeln müssen, sagte Krauß. Dagegen rügte Maria Klein-Schmeink, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Jens Spahn habe „als zuständiger Minister in der Corona- Pandemie den notwendigen Überblick über die Situation sowie die Steuerung vollkommen verloren“.

Für fast zwei Milliarden Masken gebe es keine Abnehmer, die Folgekosten für Transport, Lagerung, Qualitätsprüfung, externe Beratung und anwaltliche Vertretung addierten sich in diesem und im vergangenen Jahr auf 320 Millionen Euro.

Der Bundesrechnungshof warnt, Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit der Beschaffung würden das BMG „noch über Jahre beschäftigen, mit derzeit nicht abschätzbaren Auswirkungen auf den Bundeshaushalt“. (fst/hom)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Klinikmanagement

Welcher Weg führt aus der KIS-Misere?

Das könnte Sie auch interessieren
Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Internationaler Vitamin-C-Kongress im Juni

© Spinger Medizin Verlag

Vitamin C als hochdosierte Infusionstherapie

Internationaler Vitamin-C-Kongress im Juni

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Für Menschen ab 60 Jahren sind die Impfungen gegen Influenza, Corona, Pneumokokken und Herpes zoster (beide nicht im Bild) Standard-Impfungen. Für Menschen ab 75 Jahren kommt die RSV-Impfung hinzu.

© angellodeco / stock.adobe.com

Respiratorisches Synzytial Virus

STIKO: Alle Menschen ab 75 gegen RSV impfen!

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Der Empfang der Gynäkologen-Praxis in Gütersloh: Vor allem die starke Patientinnenbindung überzeugte am Ende das MVZ, das die Praxis erwarb.

© Andreas Peters

Praxismanagement

Privatpraxis abzugeben? Das lässt sich regeln!

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Finanzdienstleister MLP
Insgesamt lässt sich auf jeden Fall sagen, dass die Kosten an vielen Stellen schneller gestiegen sind als der Orientierungswert.

© Leafart - stock.adobe.com

Praxismanagement

So bekommen Sie steigende Praxiskosten in den Griff

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: apoBank
Abb. 1: Zeitaufwand pro Verabreichung von Natalizumab s.c. bzw. i.v.

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [9]

Familienplanung und Impfen bei Multipler Sklerose

Sondersituationen in der MS-Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Biogen GmbH, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Suchtmedizin

Evidenzbasierte Strategien gegen Alkoholabhängigkeit

Lesetipps
Eine Ärztin untersucht die Hand eines älteren Patienten in einer Klinik.

© Drazen / stock.adobe.com

ACR-Kongress

Fünf M für eine bessere Versorgung älterer Rheumapatienten