Trotz Nutzenbewertung
Regressrisiko für Ärzte bleibt
Entgegen den Erwartungen schützen die frühe Nutzenbewertung und die Vereinbarungen von Erstattungsbeträgen Vertragsärzte nicht vor Regressen. Vielmehr habe das AMNOG neue Unsicherheiten geschaffen, resümiert die KBV.
Veröffentlicht:BERLIN. Ein eher kritisches Fazit der Auswirkungen des AMNOG für die Verordnungspraxis zieht die KBV gut drei Jahre nach der Einführung der frühen Nutzenbewertung. Die Ärzte müssten nun drei Phasen unterscheiden, so Dr. Sibylle Steiner von der KBV auf dem Hauptstadtkongress.
1. Phase: Zwischen dem Start der Vermarktung eines Arzneimittels und der Entscheidung des Bundesausschusses über den Zusatznutzen genieße der Arzt Vertrauensschutz, dass das Arzneimittel wirtschaftlich sei; manche KVen mahnen allerdings zu zurückhaltendem Einsatz.
2. Phase: Erkenne der GBA keinen Zusatznutzen an, so sei das Arzneimittel bis zur Festlegung eines Erstattungsbetrags als unwirtschaftlich anzusehen.
3. Phase: Werde bei einem Arzneimittel ohne Zusatznutzen der Erstattungsbetrag auf den Preis der zweckmäßigen Vergleichstherapie festgelegt, dann sei das neue Arzneimittel wirtschaftlich.
Bei Arzneimitteln mit Zusatznutzen und einem Erstattungsbetrag über dem Preis der zweckmäßigen Vergleichstherapie sei die Wirtschaftlichkeit der Verordnung differenziert zu beurteilen. Dies liege daran, dass das IQWiG und der GBA den Zusatznutzen des neuen Wirkstoffs nach Subgruppen differenziere. Werde das Arzneimittel in einer Untergruppe mit hohem Zusatznutzen eingesetzt, sei es wirtschaftlich.
Werde es für Patienten verordnet, für die der GBA nur einen geringen oder keinen Zusatznutzen erkannt habe, könne dies unwirtschaftlich sein und so einen Regress begründen. Das erfordert genaue Kenntnis des Arztes über die GBA-Entscheidung und eine korrekte Zuordnung der Patienten-Subgruppen, was in der Praxis nicht einfach sei.
Da der GKV-Spitzenverband bei unterschiedlichen Nutzenkategorien für verschiedene Subgruppen eine Mischkalkulation für die Bildung des Erstattungsbetrages macht, fordert die KBV, dass der Einsatz des neuen Wirkstoffs in der gesamten zugelassenen Indikation als wirtschaftlich gilt und nicht nur in der Teilindikation mit einem (hohen) Zusatznutzen. Hier bedürfe es einer gesetzlichen Klarstellung, forderte Steiner. (HL)
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