Kommentar zu "Obamacare"
Republikaner verschlafen ihre größte Chance
Es ist Ironie des Schicksals: In den vergangenen Wochen haben die Republikaner alles daran gesetzt, Teile der US-Gesundheitsreform noch zu stoppen. In der ersten Oktoberwoche bot sich ihnen nun die beste Gelegenheit - doch die Republikaner schlafen.
Veröffentlicht:Die Politik ist voller Ironie: Für 16 Tage stand die amerikanische Regierung teilweise still, weil die Republikaner unbedingt Zugeständnisse seitens der Regierung bei "Obamacare" erstreiten wollten. Zuletzt riskierten die Konservativen sogar die Zahlungsunfähigkeit der USA, um ihr Ziel zu erreichen.
Am Ende verloren die Republikaner jedoch zweifach: Zum einen mussten sie im Kongress klein beigeben, nachdem sich die öffentliche Meinung klar gegen sie gerichtet hatte. Zum anderen vermasselten sie durch die selbst herbeigeführte Regierungskrise eine goldene Gelegenheit.
Denn während alle Welt wie gebannt auf die politischen Streithähne in Washington, D.C., starrte, ging eine andere Entwicklung fast im Nachrichtenrummel unter: Die ganz und gar nicht glorreiche Eröffnung der Versicherungsbörsen, auf denen Amerikaner sich seit dem ersten Oktober online krankenversichern können sollen.
Softwareprobleme auf der von der Bundesregierung aufgebauten Internetseite waren zwar erwartet worden. Das Ausmaß des Desasters übertraf allerdings selbst kühnste Vorhersagen. Selbst Insider, die normalerweise US-Präsident Barack Obama und seiner Reform die Stange halten, waren entsetzt.
Ezra Klein von der "Washington Post" nannte die Eröffnung ein "Versagen" auf ganzer Linie. Robert Laszewski, Verfasser des Blogs "Health Policy and Marketplace Review", sagte gegenüber NBC News: "Ich glaube, alle (…) sind schockiert, wie schlimm (das Problem) tatsächlich ist".
Republikaner haben eine große Chance verpatzt
Er schätzte, dass es in der ersten Woche nicht mehr als 5000 Leute oder Familien geschafft hatten, auf der Regierungswebsite "HealthCare.gov" eine Krankenversicherung zu erstehen.
Ein Armutszeugnis, wenn man bedenkt, dass im gleichen Zeitraum fast 9,5 Millionen Amerikaner die Internetseite besuchten und rund ein Drittel versuchte, sich anzumelden.
Für die republikanische Partei wäre der mehr als holprige Start der Versicherungsbörsen eine perfekte Gelegenheit gewesen, auf ihre Makel hinzuweisen und einen zeitlichen Aufschub der Versicherungspflicht zu fordern - im Haushaltskampf hatte die Republikaner vergeblich versucht, dies zu erzwingen.
Stattdessen entzog sie dem Reformschlamassel die öffentliche Aufmerksamkeit und gab damit der Regierung zwei Wochen Zeit, an den Softwareproblemen ihrer Website zu arbeiten.
Nach Ansicht von Experten wird es zwar wesentlich länger dauern, bis die Probleme in den Griff zu bekommen sind. Dennoch dürften sich Reformgegner noch lange ärgern, dass sie die Öffentlichkeit ausgerechnet zu der Zeit gegen sich aufbrachten, als es gereicht hätte, mit Genugtuung auf den peinlichen Fehlstart der Implementierung des wichtigsten Reformbausteins aufmerksam zu machen.