UPD
Richtungsentscheidung für die Patientenberatung
Noch in dieser Legislaturperiode soll die Unabhängige Patientenberatung (UPD) auf ein neues Gleis gesetzt werden. Ein Stiftungsmodell entwickelt sich zum Favoriten.
Veröffentlicht:Berlin. Ein aktuelles Gutachten zeigt auf, in welche Richtung eine Neuaufstellung der Unabhängigen Patientenberatung gehen könnte: nämlich in Richtung eines Stiftungsmodells. Damit liebäugelt auch die Politik. Der gegenwärtige Träger hat die anvisierten Beratungsmengen bislang verfehlt. 2019 erreichte die Sanvartis GmbH lediglich rund 60 Prozent der angepeilten Menge von 222.500 Beratungen im Jahr.
Eine weitere europaweite Ausschreibung und die damit einhergehenden Möglichkeiten des Trägerwechsels löst in der Politik zudem Sorgen um die Kontinuität der Beratungsqualität aus. Die gilt seit einer Untersuchung der Basler Unternemensberatung Prognos AG zur Personalfluktuation als schwankungsanfällig. Insgesamt zog Prognos in Sachen Neutralität ein positives Fazit. Ein Beratungstest der Stiftung Warentest im vergangenen Jahr führte zu gemischten Ergebnissen.
Förderung läuft Ende 2022 aus
Die Diskussion um die Beratungsstellen nimmt an Fahrt auf, nachdem der aktuelle Förderzeitraum Ende 2022 ausläuft. Zur Zeit nimmt nach europaweiter Ausschreibung der Beratungstätigkeit das private Unternehmen Sanvartis GmbH die Patientenberatung wahr. Diese Trägerschaft wird seit ihrem Start 2016 kontrovers diskutiert.
An der Einbindung der Patientenberatung in ein gewinnorientiertes Unternehmen gibt es Kritik von Seiten der Patientenverbände, aber auch vom Bundesrechnungshof und aus der Regierungskoalition. So hat die AG Gesundheit der SPD-Fraktion sich bereits für einen Neustart ausgesprochen.
SPD will Neustart in diesem Jahr
In einem Beschlusspapier plädieren die SPD-Gesundheitspolitiker dafür, die Unabhängige Patientenberatung künftig in eine unabhängige, gemeinnützige Stiftung zu überführen und aus Steuergeldern statt aus Kassenmitteln zu finanzieren. Träger der Stiftung sollten die „maßgeblichen Patienten- und Verbraucherorganisationen sowie die organisierte Selbsthilfe“ sein, heißt es in dem von der SPD-Gesundheitspolitikerin Martina Stamm-Fibich verfassten Papier. Die SPD-Fraktion will die Reform noch in der laufenden Legislatur umsetzen.
Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses Erwin Rüddel (CDU) hat sich ebenfalls für die Erichtung einer unabhängigen Stiftung ausgesprochen, will aber an einer Ausschreibung des operativen Geschäfts festhalten. Auch von den Grünen und der FDP kommen positive Signale für ein Stiftungsmodell.
Vier Alternativen für eine neue UPD
Vier Alternativen haben die Gutachter Professor Ulrich Gassner und Professor Ferdinand Wollenschläger (beide Universität Augsburg) im Auftrag der Patientenbeauftragten Professor Claudia Schmidtke entwickelt.
- Stiftungsmodell: Dieses Modell erscheint den Gutachtern wegen seiner Staatsferne gut geeignet, um eine hohe Akzeptanz der Ratsuchenden zu erreichen. Was die Finanzierung angehe, sei die parlamentarische Budgethoheit zu beachten. Planungssicherheit lasse sich aber durch Leistungsgesetze gewährleisten.
- Modifiziertes Ausschreibungsmodell: Ziele wie Unabhängigkeit und Neutralität ließen sich durch den Ausschluss kommerzieller beziehungsweise nicht gemeinnütziger Anbieter erreichen. Kontinuität lasse sich aber darüber nicht gewährleisten.
- Ausbaumodell: Die Patientenberatung könne auch an das Institut für Wirtschaftlichkeit und Qualität im Gesundheitswesen des Gemeinsamen Bundesausschusses, an die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung oder an den oder die Patientenbeauftragte der Bundesregierung angebunden werden. Probleme sehen die Gutachter allerdings darin, dass der Bund möglicherweise nicht über die Gesetzgebungskompetenz verfüge, die Patientenberatung an die Selbstverwaltung (IQWiG) anzuflanschen. Haftungsrechtlich problematisch wäre die Einbindung des Bundesgesundheitsministeriums über die Bundeszentrale oder den Patientenbeauftragten.
- Möglich erscheint den Gutachtern auch eine Orientierung an der Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB) für Menschen mit Behinderungen. Sie räumen allerdings ein, dass bei der UPD die telefonische Beratung dominiere, nicht die persönliche wohnortnahe Beratung. Zudem erschwere das Zuwendungsmodell, wissenschaftliche und gesellschaftliche Expertise zu institutionalisieren und davon im Zeitverlauf zu profitieren.