Großer Beitragssatz-Check

So teuer wird Ihre Krankenkasse!

Neues Jahr, neue Kassenbeiträge - für die meisten Bundesbürger wird es 2016 teurer. Wir haben 90 Krankenkassen in unserem großen Beitragssatz-Check unter die Lupe genommen.

Florian StaeckVon Florian Staeck und Thorsten SchaffThorsten Schaff Veröffentlicht:

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BERLIN. In Arztpraxen werden Patienten in vielen Fällen neue Chipkarten auf den Tresen legen. Denn die Zusatzbeiträge der Kassen driften auseinander, das Einsparpotenzial ist beträchtlich.

Das zeigt die am Mittwoch vom GKV-Spitzenverband veröffentlichte Liste der Zusatzbeiträge für die 118 gesetzlichen Krankenkassen.

Die Zusatzbeiträge reichen von null - die BKK Metzingen erhebt gar keinen Zusatzbeitrag - bis 1,7 Prozent, die von der Viactiv Krankenkasse, (ehemals BKK vor Ort) erhoben wird (siehe Grafik unten).

"Die bisherigen Erfahrungen mit Zusatzbeiträgen zeigen, dass Mitglieder erst ab einer Beitragsdifferenz von 0,5 Beitragspunkten beginnen, in größerem Rahmen abzuwandern", erklärte Franz Knieps, Vorstand des BKK Dachverbands, im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung". Er erwartet, dass die Wanderungsbewegungen von Mitgliedern in diesem Jahr zunehmen werden.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hatte im Oktober den durchschnittlichen Zusatzbeitrag auf 1,1 Prozent festgelegt.

66 Kassen bleiben unter dieser Marke, unter den großen Versorgerkassen sind AOK Plus und AOK Sachsen-Anhalt die prominentesten Beispiele (0,3 Prozent Zusatzbeitrag).

26 Kassen bilden den vom BMG festgelegten durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz ab, darunter die Barmer GEK und fünf AOKen. 25 Kassen müssen mehr als 1,1 Prozent erheben.

Beispiele sind die DAK-Gesundheit (1,5 Prozent), die IKK classic (1,4 Prozent) oder die Siemens BKK (1,3 Prozent).

Die Differenz zwischen prognostizierten Einnahmen und Ausgaben der GKV liegt in diesem Jahr bei rund 14 Milliarden Euro.

Den sich daraus ergebenden Zusatzbeitrag müssen die Kassenmitglieder selbst berappen. Denn der Arbeitgeberanteil ist bei 7,3 Prozent gesetzlich festgefroren.

Diskussion über Beitragsparität

Die wachsende Belastung der Arbeitnehmer hat Rufe nach einer Rückkehr zur Beitragsparität laut werden lassen. Zunächst vor allem aus dem linken Flügel der SPD, zuletzt aber auch von Karl-Josef Laumann, dem Vorsitzenden der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA).

Linke und Grüne nutzen die neu entflammte Debatte in der Koalition und werden kommende Woche im Bundestag erneut einen Kurswechsel in der GKV-Finanzierung fordern.

Tatsächlich macht die Entwicklung der Zusatzbeiträge deutlich, dass deren Höhe wenig mit effizienten Verwaltungsstrukturen oder guten Versorgungsangeboten für die Versicherten zu tun hat.

"Der Hauptgrund für die Beitragssatz-Unterschiede liegen vor allem im Standort der Kasse begründet: Die Versorgung im Süden ist teurer als im Norden Deutschlands - und vor allem als im Osten", erläutert Knieps.

Kassen, die ausschließlich in strukturstarken Regionen mit großen stationären Kapazitäten tätig sind, würden zunehmend Probleme bekommen, prognostiziert Knieps. Als Beispiel dafür steht die AOK Rheinland-Hamburg mit 1,4 Prozent Zusatzbeitragssatz.

Politisch gewollte Preiswettbewerb

Die Koalition hat den Preiswettbewerb losgetreten, viele vor allem gut verdienende GKV-Mitglieder werden jetzt rechnen: Wer brutto rund 4350 Euro monatlich verdient, spart bei der billigsten Kasse im Vergleich zum durchschnittlichen Zusatzbeitrag bis zu 560 Euro im Jahr.

Umgekehrt zahlen Mitglieder bis zu 300 Euro zusätzlich, wenn sie bei teuren Kassen bleiben.

Wählt man Extrembeispiele - wie einen Wechsel von einer sehr teuren zu einer sehr billigen Kasse -, dann können die Unterschiede bis zu 900 Euro pro Jahr betragen.

Fünf Kassen sind zum Jahreswechsel auf der Strecke geblieben und haben fusioniert. Damit sank die Zahl der Kassen von 123 auf 118. Weitere Zusammenschlüsse sind bereits angekündig.

Zum Jahresbeginn 2017 wird aus der Barmer GEK und der Deutschen BKK der neue Branchenriese Barmer mit dann rund 9,6 Millionen Versicherten.

Zudem will ab kommendem Jahr die Vaillant BKK bei der pronova BKK unterschlüpfen. Zum Vergleich: Zum Start des Kassenwettbewerbs im Jahr 1995 gab es noch 960 Kassen.

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Kommentare
Dr. Karlheinz Bayer 05.01.201613:48 Uhr

Ist mjan tatsächlich gezwungen, die Kasse wechseln, um eine Systemverbesserung zu bekommen?


Mich stört in erster Linie das Ausufern der außer-GKV-lichen Angebote, auf die die Beitragszahler keinen Einfluß haben außer dem einen, daß es ihnen offen steht, die Kasse zu wechseln.

Die Kassen sind es, die mit kriminell-wegschauender Energie an der Preis-Leistungs-Spirale drehen. In den hauseigenen Broschüren wird Werbung betrieben mit "Sonder"-Leistungen, und natürlich werden diese Angebote auch aufgegriffen und angenommen. Wenn jetzt die Dämme angesichts des Konkurrenzdrucks zu reißen beginnen, und sogar IGe-Leistungen, die man doch längst als reine Beutelschneiderei entlarvt hat, wieder durch die Hintertür erstattet werden, ist das alles andere als ein zielführender Weg. Was nützt es, sich als Arzt zu weigern, Befürwortungen für Osteopathie oder Off-Label-Medikamente auszustellen, wenn solche Maßnahmen dann ohne Befürwortung von der Kasse genehmigt werden.

Leider hat man in der Vergangenheit den Fehler gemacht, Leistungen, die für sich betrachtet sinnvoll sind (etwa die PSA-Bestimmung oder die Augendruckmessung) auszuschließen. Noch schlimmer ist es mit dem Zahnersatz und den Brillen. Alles das ist jetzt auf dem schillernden IGeL-Markt gestrandet, statt daß man eine gesunde Positiv-Negativ-Liste geschaffen hätte.

Was den Arbeitgeberanteil betrifft, wären die Arbeitgeber nach wie vor 50:50 im Spiel, würden die Regeln sicher strenger eingehalten werden. Es ist doch menschlich verständlich, daß die allein gelassenen Arbeitnehmer argumentieren, sie wollen mehr, weil sie ja auch mehr zahlen.

Mit ihren Rabattverträgen tragen gerade die Kassen, die Tarifaufschläge angekündigt haben, zu der Höhe der Pharmapreise bei. Es gäbe genügend common sense und good will, um die Mondpreise der Pharmaindustrie in die Schranken zu weisen. Keine Rabatte und eine Festlegung auf einen Maximalerstattungsbetrag wären gesünder.

Bei den Erstattungsverhandlungen mit den Kliniken findet eine geradezu skandalöse Entwicklung unter Beteiligung der Krankenkassen statt. Ich denke, es besteht kein Zweifel daran, daß ambulant erbrachte Leistungen erheblich kostengünstiger sind als Leistungen, die in den Ambulanzen erbracht werden. Trotz dieser Erkenntnis werden die Honorare der ermächtigten Ärzte zu 100% und außerbudgetär erstattet. Allein die Beseitigung dieses Mißstands könnte die Beitragssätze merkbar senken.

Bei der Einführung der ersten Zusatzbeiträge hat namentlich und bekanntermaßen die DAK sehr viele Mitglieder verloren. Jetzt hat die DAK wieder als erste Ersatzkasse erhöht, statt ein wirklich rechnendes System aus Grundtarifen und aufpreisplichtigen Sonderleistungen zu schaffen. Und diesmal halten sich die Mitbewerber nicht einmal zurück – wenn man absieht von den immer noch aufrecht kalkulierenden BKK.
Eigenanteil und Grundversorgung sind Schlüsselbegriffe.
Ich denke, die Versicherer sollten sich nicht scheuen, Grundtarife einzurichten und andere Leistungen als Module mit hohem Eigenanteil danebenzustellen.

Wir sehen auf eine Spirale, die - wenn man kein Veto einlegt - nach oben geht. Höhere Beiträge fordern nach Zusatzleistung, Zusatzleistungen werden zum Werbeargument, Werbegeschenke treiben die Beiträge in die Höhe.
Das Anspruchsdenken auf allen Seiten wächst – übrigens auch bei vielen Ärzten. Daß der Weg, den die AOK – landauf landab eine der Kassen, die Zuschläge angekündigtr hat - und ein paar andere mit ihren Hausärztemodellen gegangen sind nur dazu geführt hat, daß die teilnehmenden Ärzte sich pauschal bezahlen lassen, aber nicht mehr bereit sind, nach Leistung zu arbeiten, dämmert inzwischen allmählich auch den Verantwortlichen.
Und das Schlimme ist, die medizinische Versorgung wird keineswegs besser.

Es ist wirklich ein schwieriger Einschnitt, der jetzt zum Jahreswechsel passiert ist. Das GKV-System muß sich dringend ändern. Echte, notwendige, sinnvolle Leistung muß endlich auch entlohnt werden und mit dem preistre

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