Großer Beitragssatz-Check
So teuer wird Ihre Krankenkasse!
Neues Jahr, neue Kassenbeiträge - für die meisten Bundesbürger wird es 2016 teurer. Wir haben 90 Krankenkassen in unserem großen Beitragssatz-Check unter die Lupe genommen.
Veröffentlicht:BERLIN. In Arztpraxen werden Patienten in vielen Fällen neue Chipkarten auf den Tresen legen. Denn die Zusatzbeiträge der Kassen driften auseinander, das Einsparpotenzial ist beträchtlich.
Das zeigt die am Mittwoch vom GKV-Spitzenverband veröffentlichte Liste der Zusatzbeiträge für die 118 gesetzlichen Krankenkassen.
Die Zusatzbeiträge reichen von null - die BKK Metzingen erhebt gar keinen Zusatzbeitrag - bis 1,7 Prozent, die von der Viactiv Krankenkasse, (ehemals BKK vor Ort) erhoben wird (siehe Grafik unten).
"Die bisherigen Erfahrungen mit Zusatzbeiträgen zeigen, dass Mitglieder erst ab einer Beitragsdifferenz von 0,5 Beitragspunkten beginnen, in größerem Rahmen abzuwandern", erklärte Franz Knieps, Vorstand des BKK Dachverbands, im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung". Er erwartet, dass die Wanderungsbewegungen von Mitgliedern in diesem Jahr zunehmen werden.
66 Kassen bleiben unter dieser Marke, unter den großen Versorgerkassen sind AOK Plus und AOK Sachsen-Anhalt die prominentesten Beispiele (0,3 Prozent Zusatzbeitrag).
26 Kassen bilden den vom BMG festgelegten durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz ab, darunter die Barmer GEK und fünf AOKen. 25 Kassen müssen mehr als 1,1 Prozent erheben.
Beispiele sind die DAK-Gesundheit (1,5 Prozent), die IKK classic (1,4 Prozent) oder die Siemens BKK (1,3 Prozent).
Die Differenz zwischen prognostizierten Einnahmen und Ausgaben der GKV liegt in diesem Jahr bei rund 14 Milliarden Euro.
Den sich daraus ergebenden Zusatzbeitrag müssen die Kassenmitglieder selbst berappen. Denn der Arbeitgeberanteil ist bei 7,3 Prozent gesetzlich festgefroren.
Diskussion über Beitragsparität
Die wachsende Belastung der Arbeitnehmer hat Rufe nach einer Rückkehr zur Beitragsparität laut werden lassen. Zunächst vor allem aus dem linken Flügel der SPD, zuletzt aber auch von Karl-Josef Laumann, dem Vorsitzenden der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA).
Linke und Grüne nutzen die neu entflammte Debatte in der Koalition und werden kommende Woche im Bundestag erneut einen Kurswechsel in der GKV-Finanzierung fordern.
Tatsächlich macht die Entwicklung der Zusatzbeiträge deutlich, dass deren Höhe wenig mit effizienten Verwaltungsstrukturen oder guten Versorgungsangeboten für die Versicherten zu tun hat.
"Der Hauptgrund für die Beitragssatz-Unterschiede liegen vor allem im Standort der Kasse begründet: Die Versorgung im Süden ist teurer als im Norden Deutschlands - und vor allem als im Osten", erläutert Knieps.
Kassen, die ausschließlich in strukturstarken Regionen mit großen stationären Kapazitäten tätig sind, würden zunehmend Probleme bekommen, prognostiziert Knieps. Als Beispiel dafür steht die AOK Rheinland-Hamburg mit 1,4 Prozent Zusatzbeitragssatz.
Politisch gewollte Preiswettbewerb
Die Koalition hat den Preiswettbewerb losgetreten, viele vor allem gut verdienende GKV-Mitglieder werden jetzt rechnen: Wer brutto rund 4350 Euro monatlich verdient, spart bei der billigsten Kasse im Vergleich zum durchschnittlichen Zusatzbeitrag bis zu 560 Euro im Jahr.
Umgekehrt zahlen Mitglieder bis zu 300 Euro zusätzlich, wenn sie bei teuren Kassen bleiben.
Wählt man Extrembeispiele - wie einen Wechsel von einer sehr teuren zu einer sehr billigen Kasse -, dann können die Unterschiede bis zu 900 Euro pro Jahr betragen.
Fünf Kassen sind zum Jahreswechsel auf der Strecke geblieben und haben fusioniert. Damit sank die Zahl der Kassen von 123 auf 118. Weitere Zusammenschlüsse sind bereits angekündig.
Zum Jahresbeginn 2017 wird aus der Barmer GEK und der Deutschen BKK der neue Branchenriese Barmer mit dann rund 9,6 Millionen Versicherten.
Zudem will ab kommendem Jahr die Vaillant BKK bei der pronova BKK unterschlüpfen. Zum Vergleich: Zum Start des Kassenwettbewerbs im Jahr 1995 gab es noch 960 Kassen.