Ärztestatistik

Mehr Ärzte, aber die Lust an der eigenen Praxis schwindet

Obwohl es mehr Ärzte in Deutschland gibt als in den vergangenen Jahren, wird dringend Nachwuchs benötigt, berichtet die Bundesärztekammer mit Verweis auf die neue Ärztestatistik. Warum ist das so und wie viele Ärzte arbeiten hierzulande?

Christiane BadenbergVon Christiane Badenberg Veröffentlicht:
Deutschland braucht dringend mehr Ärzte. Darauf weist die Bundesärztekammer hin.

Deutschland braucht dringend mehr Ärzte. Darauf weist die Bundesärztekammer hin.

© Blue Planet Studio / stock.adobe.com

Berlin. Arbeit in Teilzeit wird auch bei Ärzten immer beliebter. Das geht aus der aktuellen Ärztestatistik der Bundesärztekammer (BÄK) hervor.

Wurden im Jahr 2015 noch 108 Ärzte benötigt, um 100 Vollzeitstellen zu besetzen, waren es zwei Jahre später bereits 115. Das entspricht einem Mehrbedarf von sechs Prozent, ohne dass sich die zur Verfügung stehende ärztliche Arbeitszeit erhöht hat. „Aus diesem Grund mag zwar die Zahl der Köpfe leicht ansteigen, aber nicht die Zahl der zur Verfügung stehenden Arztstunden“, mahnt die Bundesärztekammer.

Im vergangenen Jahr ist die Gesamtzahl der bei den Kammern gemeldeten berufstätigen Ärzte um 9717 auf insgesamt 402.119 im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Allerdings hat mit sechs Prozent überproportional die Zahl der Ärzte zugenommen, die nicht direkt in der Patientenversorgung arbeiten. Viele von ihnen sind in der Industrie, in der Forschung, in Behörden oder in den Medien beschäftigt.

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Weniger niedergelassene Ärzte

Rückläufig ist die Zahl der Niedergelassenen. So wurden 2019 insgesamt 116.330 niedergelassene Ärzte registriert. Das waren 1142 weniger als ein Jahr zuvor – ein Rückgang um ein Prozent. Immer mehr Ärzte entscheiden sich für eine Anstellung in einer Praxis. Ihre Zahl hat sich laut Bundesärztekammer zwischen 1997 und 2019 auf 44.000 versechsfacht (siehe nachfolgende Grafik).

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Minimal von 51,4 auf 51,5 Prozent gestiegen ist der Anteil der Klinikärzte in Bezug auf alle ärztliche Tätigkeiten.

Dass ärztlicher Nachwuchs schon bald dringend gebraucht wird, zeige die Altersentwicklung, so die BÄK. Von allen berufstätigen Ärzten haben laut Ärztestatistik bereits acht Prozent das 65. Lebensjahr erreicht. Weitere zwölf Prozent sind zwischen 60 und 65 Jahre alt. Damit werden etwa 20 Prozent der Ärzte in absehbarer Zeit aus dem Berufsleben ausscheiden.

Mehr Facharztanerkennungen

Positiv bewertet die BÄK die gestiegene Zahl der Facharztanerkennungen. So wurden im vergangenen Jahr 13.742 Facharztanerkennungen ausgesprochen. Das waren 406 mehr als im Jahr 2018. Mit 2100 Anerkennungen bildeten die Internisten die stärkste Gruppe. Von 1567 auf 1689 nach oben gegangen ist die Zahl der Anerkennungen in den Fächern Allgemeinmedizin sowie Innere und Allgemeinmedizin (Hausarzt).

Um sieben Prozent auf insgesamt 58.168 gestiegen ist die Zahl der in Deutschland tätigen ausländischen Ärzte. Mit 4486 Ärzten bilden Syrer die größte Gruppe, gefolgt von Rumänen (4433) und Griechen mit 2811. Aus Deutschland abgewandert sind 1898 Ärzte.

BÄK-Präsident will mehr Nachwuchsförderung

Die Personalsituation in Kliniken und Praxen sei auch schon vor der Corona-Pandemie angespannt gewesen, mahnt der Präsident der Bundesärztekammer Dr. Klaus Reinhardt. Der Behandlungsbedarf wachse aufgrund der demografischen Entwicklung stetig. So sei die Zahl der stationären Behandlungen zwischen 2009 und 2017 von 17,8 Millionen auf 19,5 Millionen gestiegen. Hinzu kämen knapp eine Milliarde Arztkontakte in den Praxen.

Reinhardt appelliert an Politiker in Bund und Ländern „der Nachwuchsförderung und Fachkräftesicherung in unserem Gesundheitswesen künftig höchste Priorität beizumessen.“

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Kommentare
Dr. Marcel Marquardt 23.05.202013:29 Uhr

Es ist nach über 20 Jahren wechselnder Mannschaften im BMGS und der BÄK ganz erstaunlich, dass die Basics der Beschäftigtenentwicklung immer noch nicht hinterfragt wird.
Zum einen sind mittlerweile in den meisten Fachgebieten 70% des Nachwuchses weiblich und damit genauso mit den Freuden des Spagats zwischen Beruf und Familie vertraut, wie in anderen Sparten. Diese Frauen wollen und können auch kein Investment eingehen, welches durch die Politik eine immer unsicherer Bank wird und von den Standesvertretungen nicht gerade bestens vertreten wird.
Daher Teilzeit- und Angestelltendasein.
Daher keine Übernahme einer Praxis auf dem Land, wo es auch für die Familien der Ärzte keine soziale Versorgung gibt.
Daher Konzernstrukturen im ambulanten Sektor, denn die Zulassungen werden nur noch von Investoren angemessen aufgekauft.
Zum anderen sind die Arbeitsbedingungen mittlerweile von einer Regelungswut und äußerst volatilen Maßnahmen überschattet, dass die Lust auf das Dasein eines Kassensklaven exponentiell schwindet.
Wie schlecht die Interaktion zwischen Verbänden, Kassen, Standesvertretungen und Ärzten ist, liefert Corona derzeit frei Haus.
Ärzte arbeiten an der vielgelobten "Front", bekamen wochenlang keine Schutzmaßnahmen, keine Desinfektion, nicht einmal normales Verbrauchsmaterial.
Die Folge? 11% aller Covid-19 positiv getesteten Personen sind aus dem ärztlichen Bereich. Warum nur?
Der "Schutzschirm" bezieht sich auf die Kasseneinnahmen und wird gefühlt wöchtenlich neu diskutiert. Damit sind bis zu 40% in der Durchschnittspraxis nicht abgesichert.
Patienten verlangen/fordern/wollen und die Verbände fordern von Ihren "Schäfchen" dieses zu erfüllen - ohne Gegenleistung natürlich.
Sind das Bedingungen, unter denen Menschen ein Investment eingehen? Klares Nein.

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