Schutzmaßnahmen

Spahn: Bundesländer sollen Zepter bei Corona-Regeln übernehmen

Wie geht es in Deutschland mit den Corona-Regeln weiter, wenn die „epidemischen Lage nationaler Tragweite“ endet? Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hält zwei Wege für gangbar.

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Bundesgesundheitsminister Jens Spahn macht den Spitzen der mutmaßlich künftigen Ampel-Koalition Vorschläge, wie es nach dem Auslaufen der Corona-Regeln auf Bundesebene weitergehen könnte.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn macht den Spitzen der mutmaßlich künftigen Ampel-Koalition Vorschläge, wie es nach dem Auslaufen der Corona-Regeln auf Bundesebene weitergehen könnte.

© Michael Kappeler/dpa

BERLIN. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hält es auch bei einem möglichen Auslaufen des bundesweiten Corona-Ausnahmezustands Ende November für „unbedingt erforderlich“, dass bestimmte Corona-Schutzmaßnahmen regional und auf Landesebene weiter angeordnet werden können.

Das geht aus einem auf den 15. Oktober datierten Brief des Ministers an die Partei- und Fraktionschefs von SPD, Grünen und FDP hervor, der der „Ärzte Zeitung“ vorliegt. In dem mit Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) abgesprochenen Brief an die Spitzen der voraussichtlichen Ampel-Koalition weist Spahn auf zwei Möglichkeiten hin, wie dies rechtlich umgesetzt werden könnte.

Zwei Optionen zur Ausgestaltung

  • Entweder könnte Paragraf 28a des Infektionsschutzgesetzes, in dem die bekannten Corona-Maßnahmen aufgelistet werden, so geändert werden, dass die Maßnahmen nicht mehr an das Bestehen einer bundesweiten „epidemischen Lage nationaler Tragweite“ geknüpft werden. Damit hätten die Landesregierungen freie Hand, ihre Corona-Verordnungen wie bisher regelmäßig fortzuschreiben.
  • Alternativ könnten die Bundesländer aber auch über ihre Landesparlamente die weitere Anwendbarkeit dieses Paragrafen und damit der Maßnahmen feststellen lassen – das wäre dann eine Art „epidemische Lage“ auf Landesebene, damit Masken, 3G oder andere Maßnahmen weiter angeordnet werden können. Diese Möglichkeit sieht das Infektionsschutzgesetz ausdrücklich vor.
Als Bundesminister für Gesundheit rege er im Sinne der weiteren Pandemiebewältigung eine Verständigung auf das weitere Vorgehen in dieser Angelegenheit zwischen den Parteien an, die aktuell eine Regierungskoalition verhandeln, heißt es in dem Schreiben. Spahn selbst hatte sich dafür ausgesprochen, den Corona-Ausnahmezustand auf Bundesebene über den 25. November hinaus nicht noch einmal zu verlängern.

Geteiltes Echo auf Spahn-Vorschlag

Dieser Vorstoß ist auf ein geteiltes Echo gestoßen. Während Kommunen die Forderung guthießen, reagierte der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste mit Protest. Aus den Bundesländern kommen verhaltene Reaktionen und auch mahnende Stimmen.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund unterstützt den Vorstoß. „Den Ausnahmezustand nach bald zwei Jahren Pandemie weiter fortzuschreiben, halte ich für falsch“, sagte Verbandshauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der „Rheinischen Post“. „Wie lange wollen wir das noch fortsetzen bei einer Impfquote von rund 80 Prozent?“, fragte er. Das bedeute ja nicht, dass Corona komplett vorbei sei. Aber es wäre „ein wichtiges Signal an die Menschen, die Gesellschaft und die Wirtschaft“.

Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) widersprach. „Wir raten dringend davon ab“, sagte bpa-Präsident Bernd Meurer dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. In manchen Landkreisen lägen die Inzidenzen bei den über 80-Jährigen wieder zwischen 100 und 250.

Meurer mahnte: „Angesichts dieser Situation fordern wir zum Schutz dieser besonders vulnerablen Bevölkerungsgruppe eine Verlängerung der entsprechenden Regelungen – alles andere halten wir für unverantwortlich.“

Einheitliche Rechtsgrundlage befürwortet

Der Vorsitzende des Bundesverbandes der kommunalen Senioren- und Behinderteneinrichtungen (BKSB), Alexander Schraml, sprach sich im RND für eine bundesweit einheitliche Rechtsgrundlage aus, wonach Heimbewohner „nur bei Impfschutz aufgenommen und Besuchende nur bei Impfschutz zugelassen werden dürfen“.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil warnte vor einem vorschnellen Aus aller Corona-Maßnahmen. „Was keinesfalls passieren darf mit Blick auf den Herbst und Winter, ist ein ersatzloses Streichen der Schutzregeln“, sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. „Wir haben immer noch schwierige Monate vor uns.“

Thüringens Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke) sagte dem RND, Spahn habe „zurecht darauf hingewiesen, dass ein formales Ende der epidemischen Lage nicht mit einem Ende der Pandemie gleichzusetzen ist“. Sie forderte angesichts „stark steigender Infektionszahlen“ in Thüringen die Fortführung von Maßnahmen, „bestenfalls bundeseinheitlich“.

Auch der rheinland-pfälzische Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) mahnte: „Dass es nach Beendigung der epidemischen Lage nationaler Tragweite in Deutschland einen Flickenteppich im Umgang mit der Pandemie gibt, das will niemand.“ (af/dpa)

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