Deutscher Hausärztetag
Standing Ovations für Weigeldt zum Abschied
Ein sichtlich entspannter Uli Weigeldt hat seinen 32. und letzten Bericht zur Lage des Deutschen Hausärzteverbands gegeben. Er schoss nochmal Pfeile in Richtung Gesundheitspolitik ab. Zum Abschied wurde der Bundesvorsitzende des Verbands von den Delegierten gefeiert.
Veröffentlicht:Berlin. Zum Abschied eine große Sympathiekundgebung: Mit minutenlangen stehenden Ovationen haben die Delegierten des 43. Deutschen Hausärztetages in Berlin ihren Bundesvorsitzenden Ulrich Weigeldt für seinen 32. und letzten Bericht zur Lage bedacht.
Weigeldt blickte auf 30 Jahre Berufspolitik im Verband zurück, die mit der Übernahme des Landesvorsitzes im Landesverband Bremen begonnen hatten. 2003 übernahm er dann erstmals den Bundesvorsitz, den er, unterbrochen durch zwei Jahre im Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, bis jetzt innehat. „Wir haben als Verband doch viel erreicht, wir werden gut gehört“, sagte Weigeldt. Und aus jeder Krise sei man gestärkt hervorgegangen, fügte er nicht ohne Stolz hinzu.
Ein „riesiger Erfolg“ in diesen Jahren seien die Hausarztverträge: Die Hausarztzentrierte Versorgung inklusive der Add-on-Verträge sei „für über acht Millionen Menschen in unserem Land ein freiwilliges und gern angenommenes Primärarztsystem“, so Weigeldt. „Wir konnten damit aber auch das Altsystem so unter Druck setzen, dass die hausärztlichen Honorare auch im KV-System sich deutlich entwickeln konnten.“
Die Praxisüberschüsse der Hausärzte hätten sich nach dem Zi-PraxisPanel von 2005 bis 2019 fast verdoppelt. „Die große Kluft zur fachärztlichen Versorgung konnten wir damit überwinden.“ Das sei ein Signal an die nachwachsende ärztliche Generation und auch Ansporn, die HzV weiterzuentwickeln und immer modern zu halten.
Neues Berufsbild für MFA geschaffen
Weigeldt führte weitere Punkte aus seiner Zeit als Bundesvorsitzender auf:
Das Institut für Hausärztliche Fortbildung (IHF) habe eine selbstbestimmte und pharmafreie Fortbildung professionell zum Standard gemacht.
Der Verband habe gemeinsam mit dem MFA-Verband ein neues Berufsbild entwickelt: die VERAH – 15.000 von ihnen arbeiten mittlerweile in Hausarztpraxen.
Unter die Pluspunkte stellte der Bundesvorsitzende auch, dass die Bundesärztekammer wieder von einem Hausarzt geführt wird, der auch ein langjähriges Mitglied im Verband sei.
Immer wieder sei es zu Rangeleien mit den Apothekern gekommen, „diese Diskussionen um Impfen gegen Corona, Medikationsberatung, Blutdruckmessung werden uns erhalten bleiben“, so Weigeldt. Das Dispensierrecht für Paxlovid® und das geforderte Dispensierrecht für Notfallmedikamente seien keine Bedrohung für Apotheker. „Letztlich sollten wir weiterhin darauf achten, uns zu verständigen“, betonte er, es habe sich immer gelohnt, mit den Präsidenten und der jetzigen Präsidentin der ABDA einen direkten Austausch zu pflegen.
Weigeldt spielte auch auf das „unterschwellig vorhandene Konfliktpotenzial“ mit anderen Berufsverbänden an, weil der Hausärzteverband alle Kolleginnen und Kollegen in der hausärztlichen Versorgung, also auch hausärztliche Internistinnen und Internisten, vertreten will. „Wir werden nur erfolgreich sein, wenn wir auf dem Weg weitergehen, diese interne Baustelle kollegial aufzulösen“, schlug er versöhnliche Töne an.
Appell für die Impfung gegen Influenza
Weigeldt wäre nicht Weigeldt, wenn er nicht auch in seinem 32. Lagebericht kräftig ausgeteilt hätte. Besonders geißelte er, dass auch im dritten Pandemiejahr die Erhebung, Auswertung und Kommunikation von Daten zur Beurteilung der Pandemie nach wie vor „nicht sachgerecht und transparent organisiert werden“. Deutschland sei hier nach wie vor auf Datenanalysen aus anderen Ländern angewiesen.
So verfüge Deutschland immer noch nicht über eine vernünftige Datengrundlage für Entscheidungen zur Pandemie. Der Verband wiederhole stetig seine Forderungen „nach einer positiven Impfkampagne, die vor allem die älteren Menschen mitnimmt und nicht verunsichert“. Immer wieder werde das angekündigt, aber es sei immer noch nichts davon zu sehen.
Die Folge sei eine Verunsicherung der Menschen, „die wir permanent in den Praxen zu spüren bekommen“. Auch die öffentlichen Ankündigungen zu den angepassten Impfstoffen hätten eher verwirrt als geholfen. Und dann seien die Ankündigungen von schneller und ausreichender Impfstoffverfügbarkeit „wieder nicht verlässlich“. (ger)