Starnberg ist Doktors Liebling
Wo das Geld ist, zieht es Ärzte hin. Wer glaubt, das sei ein Vorurteil, wird enttäuscht. Denn neue Zahlen zur Arztdichte zeigen: In wohlhabenden Regionen drängeln sich die Ärzte, im Osten herrscht gähnende Leere. Besonders krass: die Unterschiede bei Psychotherapeuten.
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Starnberg hat viel zu bieten: Idyllische Landschaften - und viele Ärzte.
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BERLIN. Die Debatte um einen Ärztemangel in Deutschland reißt nicht ab. Jetzt sieht die Bundesregierung bei allen Arztgruppen eine "Ungleichverteilung" im Verhältnis der Anzahl der Ärzte zu Einwohnern in Städten und in ländlichen Regionen.
Das geht aus der Antwort der Regierung auf eine "kleine Anfrage" der Grünen-Fraktion hervor, die der "Ärzte Zeitung" vorliegt.
Darin wurde unter anderem gefragt, wo in Deutschland die zehn Planungsbereiche mit der höchsten Hausarztdichte und wo die mit der geringsten liegen.
Der Antwort zufolge ergibt sich eine deutliche Spreizung: Vor allem im Süden und Westen Deutschlands gibt es eine hohe Arztdichte, im Osten hingegen ist diese gering.
Starnberg in Bayern hat zum Beispiel einen Versorgungsgrad von 145,4 Prozent und 82,3 Ärzte je 100.000 Einwohner. Der Saalkreis im Süden Sachsen-Anhalts weist einen Versorgungsgrad von 64,8 Prozent auf und eine Arztdichte von 39,8 Ärzten je 100.000 Einwohner.
Psychotherapeuten mit der breitesten Spanne
Auch bei anderen Facharztgruppen - insbesondere bei den Psychologischen Psychotherapeuten - zeigen die Zahlen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), auf die sich die Bundesregierung bezieht, eine ungleiche Verteilung bei den Niedergelassenen.
Bei Kinderärzten liegt Güstrow beispielsweise mit einem Versorgungsgrad von 278,2 Prozent an der Spitze. Aschersleben-Staßfurt hat hingegen einen Versorgungsgrad von lediglich 65,9 Prozent.
Bei den Frauenärzten ergibt sich ein anderes Bild: Hier führt die norddeutsche Stadt Wilhelmshaven mit einem Versorgungsgrad von 194,1 Prozent die Tabelle an. Die süddeutsche Stadt Kulmbach hat die geringste Frauenarztdichte (Versorgungsgrad 72,9 Prozent).
Die größte Ungleichheit zeigt sich bei den Psychotherapeuten: Tübingen weist einen Versorgungsgrad von 577,9 Prozent auf, Köthen hingegen 64,3 Prozent.
KBV-Kritik: Überversorgung nur auf dem Papier
Die KBV kritisiert seit Langem, dass die Anzahl der Ärzte nicht den tatsächlichen Bedarf widerspiegele. KBV-Chef Dr. Andreas Köhler hatte erst kürzlich betont, dass sich gerade in Ballungsgebieten zeige, dass die von den Kassen kritisierte Überversorgung häufig nur auf dem Papier bestehe.
Auch die Tatsache, dass niedergelassene Ärzte in Großstädten häufig Patienten aus angrenzenden Gebieten mitversorgten, bilde die derzeitige Bedarfsplanung nicht ab.
Die Bundespsychotherapeutenkammer kritisiert zudem, dass die Bedarfsplanung der Psychotherapeuten veraltet sei. Die Verhältniszahlen von Psychotherapeut je Einwohner seien vor elf Jahren festgelegt worden und beruhten auf den Zulassungen bis zum 31. August 1999.
Bender: Ungleiche Verteilung nicht per se schlimm
Die schwarz-gelbe Koalition sieht sich mit ihrem geplanten Versorgungsgesetz jedoch auf dem richtigen Weg. Künftig sollen bei der Bedarfsplanung "besondere Versorgungsbedarfe" einzelner Regionen berücksichtigt werden.
Aus Sicht der Grünen-Politikerin Birgitt Bender ist "nicht jede Ungleichverteilung zwischen Stadt und Land problematisch". Dies könne ein Abbild der regionalen Versorgungsstruktur sein.
Bei Haus- und Fachärzten bestehe allerdings ein "sehr viel geringeres Gefälle" als bei Psychotherapeuten. Bei dieser Berufsgruppe sei der Handlungsbedarf besonders groß, so Bender.