Mehr Wettbewerb

Studie: Freie Arztwahl nur noch gegen Aufpreis

Die Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung drohen zu explodieren. Eine Studie der Adenauer-Stiftung will deshalb die freie Arztwahl nur noch gegen Aufpreis ermöglichen.

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Lupe auf Geldschein

Wer weiter auf die freie Arztwahl setzen will, soll mehr für die Krankenversicherung bezahlen. So steht es in einem Impulspapier der Konrad-Adenauer-Stiftung.

© Andreas Pulwey

Berlin. Um einen immer weiteren Anstieg der Krankenkassenbeiträge zu verhindern, fordert der Ökonom Jochen Pimpertz vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln, in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) mehr auf Wettbewerb und Preissignale für die Versicherten zu setzen. Eine freie Arztwahl will er nur noch gegen einen Aufpreis ermöglichen.

Die Krankenversicherung „leidet an einem überproportional starken Wachstum der Ausgaben“, schreibt Pimpertz im Impulspapier „Mut zu neuen Ideen. Für eine dauerhafte Verlässlichkeit unseres Gesundheitswesens“. Pro Kopf stiegen die Ausgaben „seit über zwei Dekaden jedes Jahr um einen Prozentpunkt stärker als die beitragspflichtigen Einkommen“, so Pimpertz in dem Papier der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung, das dem „Tagesspiegel“ (Montag) vorliegt.

Gegen Ärztehopping

Konkret schlägt der Forscher vor, dass die Kassen ihren Versicherten günstigere Tarife anbieten, die zum Besuch bestimmter Haus- und Fachärzte verpflichten. Die freie Arztwahl gäbe es dann nur noch gegen Aufpreis.

Zugleich will es Pimpertz den Kassen erlauben, mit jenen niedergelassenen Ärzten, die durch dieses System bevorzugt Patienten zugeführt bekommen, individuelle Verträge abzuschließen. Durch die höhere Planbarkeit könnten sie ihre Arztpraxen effizienter gestalten und somit günstigere Tarife anbieten, ist der Forscher überzeugt.

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Unterstützung erhält Pimpertz von Josef Hecken, der den Gemeinsamen Bundesausschuss des deutschen Gesundheitswesens leitet. Im derzeitigen System fänden sehr viele unnötige Patienten-Arzt-Kontakte statt, ein Grund dafür sei das „Ärzte-Hopping“ mancher Patienten, kritisiert Hecken, der das Papier mitverfasst hat. Der Bundesausschuss legt fest, welche Leistungen die Krankenkassen bei den gesetzlich Versicherten übernehmen.

Hecken: Hausarzt-Modell sorgt für weniger unnötige Arztbesuche

Hecken verweist darauf, dass das sogenannte „Hausarzt-Modell“, bei dem Patienten stets zunächst ihren Hausarzt konsultieren, der bei Bedarf an Fachärzte überweist, in Baden-Württemberg die Zahl der unkoordinierten Facharztkontakte um 45 Prozent gesenkt habe. Hecken plädiert deshalb dafür, die hausarztzentrierte Versorgung noch stärker in den Fokus zu rücken und zum zwingenden Bestandteil der Regelversorgung zu machen.

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Der frühere Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) lobt die Ideen: „Gerade wer den solidarischen Charakter unseres Gesundheitswesens erhalten will“, müsse angesichts des demografischen Wandels beherzt nach Möglichkeiten suchen, den Einsatz von Personal und finanziellen Mitteln stetig wirksamer zu gestalten, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung der Zeitung.

Gesundheitsexperten gehen derzeit von stark steigenden Krankenkassenbeiträgen und großen Defiziten in der gesetzlichen Krankenversicherung aus. Zugleich bremst das Bundesfinanzministerium die anstehende Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenzen in den Sozialversicherungen. Dadurch müssten Gutverdiener höhere Beiträge zahlen. (KNA)

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Kommentare
Diana Pollesche 22.10.202420:00 Uhr

Bei uns bekommt man ohne Überweisung schon keinen Facharzttermin! Erste Anlaufstelle Hausarzt finde ich ok, aber einen Hausarzt ZUGEWIESEN zu bekommen?? Da hört der Spaß echt auf!

Dr. William Lechner 22.10.202417:33 Uhr

Hat auch schon jemand gedacht, die riesigen Verwaltungskosten der Krankenkassen zu begrenzen? Unnötig viel Personal, unnötige Werbungen, unnötige Nebenausgaben.

Christian Mohr 22.10.202406:49 Uhr

Die älteren unter uns werden sich vielleicht erinnern wie es vor Einführung der Gesundheitskarte war: 4 Scheine pro Jahr, einen für jedes Quartal. Damit ging man zum Hausarzt, der BEI BEDARF eine Überweisung zum Facharzt ausgestellt hat.
Also genau das, was jetzt vorgeschlagen und heiß diskutiert wird war normal !
Und hat m.E. gut funktioniert, unnötige Doppel- und Mehrfachuntersuchungen reduziert.

Lilith Engel 21.10.202419:03 Uhr

"Gegen Ärtzehopping"???

Was soll man denn machen, wenn man teils 6 Monate und länger auf einen Facharzttermin warten muss?

Die Hotline 116117 für die Terminvergabe sorgt doch auch nicht dafür, dass man schneller an einen Termin bei dem Arzt seiner Wahl bekommt, wo man schon Patient ist, sondern vergibt bei irgendeinem Arzt, der zufällig möglichst kurzfristig einen Termin anbietet.

Da viele Ärzte aber gar keine nuen Patienten annehmen, frage ich mcih sowieso, wie das dann über diese Nummer funktionieren soll.

Lydia Götz antwortete am 21.10.202419:14 Uhr

Bei unserem derzeitigen Gesundheitssystem bleibt Ihnrn wegen Fehldiagnpsen kein anderer Ausweg als einen zweiten Arut zu konsolidieren der dann Ihre richtige Diagnose stellt. Mir selbst passiert.

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