Plädoyer gegen Fake News und für Weltoffenheit
Thüringer Ärzte rufen zu gesunder Wahl auf
Gesundheitsrisiken hängen auch von politischen Entscheidungen ab. Darauf machen mehr als 300 Thüringer Heilberufler aufmerksam, die eine entsprechende Petition unterzeichnet haben.
Veröffentlicht:Erfurt. Thüringer Ärzte, Zahnärzte und Apotheker rufen die Wahlberechtigten dazu auf, bei der Bundestagswahl die gesundheitspolitischen Folgen ihrer Entscheidung auf dem Stimmzettel zu bedenken. „Gesundheitsrisiken hängen nicht nur von individuellen Faktoren ab, sondern auch von politischen Entscheidungen“, heißt es in dem von fast 350 Heilberuflern unterzeichneten Aufruf, der am Montag in den Thüringer Zeitungen der Funke-Mediengruppe veröffentlicht wurde.
Unter den Initiatoren sind Chef- und Oberärzte des Universitätsklinikums Jena und niedergelassene Ärzte. Auch der Vizepräsident der Landesärztekammer, Ulrich Wedding, hat den Aufruf unterschrieben. Es handle sich um eine Privatinitiative, so die Initiatoren, die in einer Online-Petition bei anderen Heilberuflern um Unterstützung ihres Anliegens werben. Sie appellieren an Ärzte und Apotheker, ihre Reputation bei Patienten zu nutzen, um sie auf diesen Wahlaspekt anzusprechen.
Krankmachender Klimawandel gerät aus dem Fokus
Gesundheitspolitik müsse sich an wissenschaftlich überprüfbaren Fakten orientieren, wird in dem Aufruf betont. Ein krankmachender Klimawandel müsse gebremst werden, innovative Konzepte seien für die medizinische Versorgung im ländlichen Raum und für eine älter werdende Bevölkerung dringend nötig.
Appell vor der Wahl
Für ein weltoffenes Gesundheitswesen: Verbände rufen zu Toleranz auf
Angesichts des fast ausschließlich auf das Thema Migration und Abwehr von Flüchtlingen zugespitzten Wahlkampfes betonen die Initiatoren zudem die Bedeutung von ausländischen Ärzten für das Gesundheitssystem. „Damit Sie gesund bleiben, (...) dürfen wir die im Gesundheitssystem tätigen Kolleginnen und Kollegen mit Migrationshintergrund nicht verlieren“, mahnen sie.
Allein in Thüringen arbeiten mehr als 1.900 ausländische Ärzte. Mehr als ein Viertel der Thüringer Krankenhausärzte kommen aus dem Ausland, überwiegend aus Syrien und Osteuropa. In manchen Kliniken im ländlichen Raum hat fast jeder zweite Mediziner einen ausländischen Pass. Am Uniklinikum Jena arbeiten, forschen und studieren Menschen aus 78 Nationen.
Klimabedingte Gesundheitsschäden thematisieren
Albrecht Günther, einer der Initiatoren, ist dort Oberarzt der Klinik für Neurologie. „Bei dieser Wahl steht viel auf dem Spiel“, sagte der 52-Jährige der Ärzte Zeitung. Ihm persönlich sei wichtig, in Gesprächen mit Patienten auch klimabedingte Gesundheitsschäden zu thematisieren, etwa den Einfluss von extremer Hitze und jähen Wetterwechseln auf das Schlaganfallrisiko. Der Zusammenhang zwischen Klimawandel und Gesundheit komme im Wahlkampf jedoch zu kurz. „Das ist kaum Thema.“, kritisiert er. Günther koordiniert in Thüringen das telemedizinische Schlaganfallnetzwerk SATELIT.
Ergebnisse unserer Sonntagsfrage
Bundestagswahl: So wählen Leserinnen und Leser der Ärzte Zeitung
Eine Wahlempfehlung für bestimmte Parteien sprechen die privaten Initiatoren nicht aus. Ihre Hinweise seien „alles andere als radikal“, betonen sie. Sie beruhten auf Fakten, universellen medizinethischen Grundsätzen und den UN-Menschenrechten. (zei)