European Medical School

Uniklinik Oldenburg - geschmiedet aus drei Krankenhäusern

Die Planungen für die European Medical School in Oldenburg nehmen immer konkretere Formen an. Jetzt gibt es auch ein Konzept, das wohl nicht auf Widerstand des Bundeskartellamts stoßen wird, wie aus den drei Kliniken vor Ort eine Uniklinik geformt werden kann.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:
An der Uni Oldenburg können Studenten ab dem Wintersemester 2012/2013 ein Medizin-Bachelor-Studium aufnehmen.

An der Uni Oldenburg können Studenten ab dem Wintersemester 2012/2013 ein Medizin-Bachelor-Studium aufnehmen.

© Carl von Ossietzky Universität

OLDENBURG. Länger als ein Jahr haben sich die Oldenburger Initiatoren der European Medical School (EMS) die Köpfe darüber zerbrochen, wie man an der neu entstehenden medizinischen Fakultät im Nordwesten aus drei eigenständigen Oldenburger Krankenhäusern eine Uni-Klinik aufbauen könnte. Nun heißt die Lösung: Partner in der Lehre, Konkurrenten in der Versorgung.

Der Plan: Die Initiatoren bestimmen Bereiche aus dem evangelischen Krankenhaus, dem katholischen Pius-Hospital und dem städtischen Klinikum, die zu den Forschungs- und Lehreinrichtungen der EMS gehören sollen.

"Die drei Bereiche ergänzen sich dann zu einer Uni-Medizin Oldenburg", sagt Professor Eckhart Hahn, Dekan der Mitte Juli gegründeten Fakultät für Medizin und Gesundheitswissenschaften an der Uni Oldenburg, zu der die EMS gehört. Für die Patientenversorgung ist jede Klinik selbst verantwortlich.

Die Konstruktion so zu wählen war eine Idee des Bundeskartellamtes. Hahn: "Eine Kooperation ist so lange in Ordnung, wie der Wettbewerb in der Krankenversorgung bestehen bleibt."

Wissenschaftsrat bezweifelte Qualität der Lehre

An der European Medical School sollen im kommenden Wintersemester je 40 Studierende in Oldenburg und in Groningen ein Medizinstudium aufnehmen. Sie werden in Oldenburg auf deutsch und in Groningen auf niederländisch unterrichtet. Beim Examen ist die Gemeinsamkeit vorbei. In Groningen gibt es den Bachelor oder "Master in Geneeskunde", in Oldenburg das Staatsexamen.

Der eigentlich geplante Zusammenschluss der drei Oldenburger Häuser zu einer Uni-Klinik Oldenburg (UKO) scheiterte also an der Befürchtung, die drei Kliniken könnten eine Monopolstellung in Stadt und Region einnehmen.Aber auch die Kliniken selbst hatten eher wenig Interesse daran, ihre Eigenständigkeit aufzugeben.

Nun haben sie für die Gesamtkonstruktion einen Rahmenvertrag mit dem Land Niedersachsen und der Oldenburger Universität unterschrieben und je einen bilateralen Vertrag mit dem Wissenschaftsministerium und der Uni unter anderem für die Bereiche der gemeinsamen Universitätsmedizin.

Bereits 2010 hatte allerdings der Wissenschaftsrat (WR) die Qualität der Lehre an der geplanten EMS bezweifelt.

"Er bewertet kritisch, dass in nicht allen für die Lehre erforderlichen medizinischen Fächern und Bereichen eine ausreichende wissenschaftliche Expertise ersichtlich ist und in den klinischen Einrichtungen die Leistungen in der grundlagenorientierten Forschung bisher zu gering sind, um das notwendige Methodenspektrum für eine forschungsbasierte Lehre ausreichend sicherzustellen", heißt es in einer Stellungnahme des WR.

In Oldenburg werden 15 der zunächst 22 eingeplanten Professuren klinischer Fächer nach ordentlichen Verfahren durch amtierende habilitierte Chefärzte besetzt oder vertreten. Ein Kompromiss. Denn die Verträge der Chefärzte können nicht einfach aufgelöst werden, um dann einen ordentlichen Professor einzusetzen.

Zudem wurden die Chefärzte bisher vor allem für die Krankenversorgung bezahlt, weniger für Forschung und Lehre. Dieser Umstand ist jetzt manchem Kritiker ein Dorn im Auge.

"Das Hauptproblem ist, die Qualität der Chefärzte zu überprüfen", sagt etwa Rüdiger Strehl, Generalsekretär des Verbandes der Universitätsklinika Deutschlands (VUD). Strehl spricht von einer "Berufung aus Altersgründen."

Chefärzte können sich bewerben

Hahn dagegen ist sicher, dass ein hoher Qualitätsstandard in der Forschung und Lehre in Oldenburg sichergestellt werden kann.

Ausgewählte Chefärzte würden zwar ohne öffentliche Ausschreibung, aber in ordentlichem Verfahren zu Professoren berufen. Erst nach deren Pensionierung würden Professur und Chefarztposten öffentlich ausgeschrieben, erklärt Hahn.

Andere Chefärzte können mit der Verwaltung der Professur ihres Fachs beauftragt werden. "Die genaue Zahl innerhalb der Gruppe von 15 Professuren ist hier noch nicht klar."

Chefärzte, die geforscht und publiziert haben, können sich also regulär um eine sogenannte nebenberufliche Professur bewerben; sie wird zu rund 25 Prozent aus dem Portemonnaie der Uni gezahlt.

Wo Chefarztposten nicht besetzt sind, werden die Lehrstühle regulär ausgeschrieben, etwa für Dermatologie oder Psychiatrie.

Die wissenschaftliche Expertise für die naturwissenschaftlichen Fächer hingegen komme im Wesentlichen von der Oldenburger Fakultät für Mathematik und Naturwissenschaften, so Hahn.

Werden die großen Medizinfakultäten bluten müssen?

Die vom WR geforderten mindestens 60 Professoren-Stellen werden so indessen noch nicht erreicht. "Auf vier Jahre hin planen wir mit 53 Stellen", sagt Hahn.

Die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) verfüge dagegen über rund 220 Stellen für habilitierte Wissenschaftler und Professoren, und die Uniklinik Göttingen über mindestens ebenso viele.

"Dafür erhalten wir vom Land für 2012 auch nur 5,9 Millionen Euro, während die MHH mindestens 140 Millionen Euro bekommt. Wir sind natürlich auch erst am Anfang des Aufbaus."

Die vergleichsweise geringen Zuschüsse dürften dem Landesparlament in Niedersachsen die Zustimmung erleichtert haben, zumal Göttingen und Hannover keinen Cent einbüßen sollen.

Daran glaubt allerdings Strehl, der auch Stiftungsratsvorsitzender der Unimedizin Göttingen ist, nicht: "Wenn Oldenburg mehr Geld braucht, wird man an Hannover und Göttingen sparen."

Hahn sieht das naturgemäß andersherum: "Wenn die Politik nachrechnen wird, wird sie sich fragen, warum die Lehre in Oldenburg so wenig Zuschüsse braucht und wird sich das Modell der Oldenburger Universitätsmedizin genau ansehen."

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Gegenentwurf zum Gelehrtenturm

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