ZI kontert DKG
Vertragsärzte behandeln Großteil der Notfallpatienten
Um die Behandlung von ambulanten Notfallpatienten ist eine Diskussion entbrannt: Das ZI kontert nun die Modellrechnungen und Aussagen der Krankenhäuser.
Veröffentlicht:BERLIN. Rund 70 Prozent der ambulanten Notfallpatienten werden von Vertragsärzten behandelt. Das hat eine Studie des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (ZI) ergeben.
Die Wissenschaftler beziehen sich dabei auf die bundesweiten vertragsärztlichen Abrechnungsdaten, in denen auch die Versorgung in den Notfallambulanzen der Krankenhäuser enthalten ist.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hatte kürzlich ein Gutachten vorgelegt, wonach in den Notfallambulanzen zunehmend Patienten versorgt würden, die von einem Vertragsarzt behandelt werden könnten. Auf diesen Vorwurf reagierten mehrere KVen mit scharfer Kritik.
Die ZI-Analyse zeigt nun bedeutende strukturelle Unterschiede in der Inanspruchnahme. So sind die im ambulanten Bereitschaftsdienst behandelten Patienten im Durchschnitt deutlich älter und weisen eine höhere Multimorbidität auf.
"Interessant ist, dass - vor allem in Großstädten - eher junge Menschen im Alter von 20 bis 40 Jahren die Notfallambulanz der Krankenhäuser nutzen", sagte ZI-Geschäftsführer Dr. Dominik von Stillfried. Oft handele es sich in diesen Fällen um Verletzungen und Unfälle.
Die dokumentierten Behandlungsanlässe weisen dabei ebenfalls Unterschiede auf, wie die Wissenschaftler herausstellen: Während in den Notfallambulanzen der Krankenhäuser Indikationen zu kleinchirurgischen Maßnahmen oder zur radiologischen Abklärung im Vordergrund stehen, sind es bei den Patienten der Vertragsärzte Krankheiten des Herz-Kreislaufsystems, der Atmungsorgane sowie Schmerzpatienten.
Die Inanspruchnahme der Krankenhaus-Ambulanz ist in ländlichen Regionen deutlich geringer ausgeprägt. "Wir beobachten dieses Phänomen, obwohl es in Großstädten wie Berlin oder Hamburg auch einen gut organisierten Bereitschaftsdienst gibt", betonte von Stillfried.
"Generationeneffekt" ausgemacht
Der Hintergrund dieser strukturellen Unterschiede könne abschließend noch nicht erklärt werden, sagte er im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung". Ein möglicher Grund könne jedoch in einem "Generationeneffekt" bestehen.
"Das Krankenhaus war früher nicht so offen wie heute. Heute sehen junge Menschen beispielsweise tagtäglich in Filmen, wie Menschen in die Notfallambulanz gehen - es gibt keine Barriere mehr", so von Stillfried.
Darüber hinaus sei ein Krankenhaus als Institution weit "sichtbarer" als der "beinahe virtuell wirkende" ärztliche Bereitschaftsdienst. Sollten weitere Analysen belegen, dass es tatsächlich zu solch einer veränderten Wahrnehmung gekommen sei, könnte die Vorschaltung von Anlaufpraxen oder Zuzahlung für eine Notfallbehandlung durchaus eine Option sein, so der ZI-Geschäftsführer.
Zunächst sollen jedoch weitere Studien genauere Hinweise zur Motivation für die Nutzung der Krankenhaus-Ambulanzen liefern. In Hamburg und Schleswig-Holstein seien die ersten Umfragen geplant, durchgeführt werden diese im Auftrag der Landes-KVen.
Das ZI ist in beratender Funktion beteiligt. Eine Frage, die dabei geklärt werden sollte, ist laut von Stillfried jene nach dem Wissen über Alternativen.
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