Familienpflegezeit

Viel Lob für Gesetzentwurf

Die Bundesfamilienministerin will einen Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit einführen. Dafür erntete sie Lob von Experten. Bedenklich sehen Fachleute vor allem die Beschränkung auf größere Unternehmen - das könnte gerade für Frauen ein Nachteil sein.

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BERLIN. Der von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) vorgelegte Gesetzentwurf "zur besseren Vereinbarkeit von Familien, Pflege und Beruf" stößt bei Experten und Interessenvertretungen auf überwiegend gute Resonanz. Die Zielsetzung des Gesetzes sei ebenso zu begrüßen wie viele Bestandteile des Gesetzes.

Zugleich warnen sie jedoch vor übertriebenen Erwartungen an das Gesetz. Dies war der Grundtenor einer öffentlichen Anhörung des Familienausschusses am Montag.

Durchweg positiv bewertet wurden vor allem die geplante Einführung eines Rechtsanspruchs auf die Familienpflegezeit und die Gewährung eines zinslosen Darlehens während dieser Zeit zur Finanzierung des Lebensunterhaltes sowie die Zahlung einer Lohnersatzleistung während einer zehntägigen beruflichen Auszeit zur Organisation der Betreuung eines pflegebedürftigen Angehörigen.

Unterschiedlich bewerteten die geladenen Sachverständigen die Regelung, dass der Rechtsanspruch auf die maximal zweijährige Familienpflegezeit, in der Beschäftigte ihre Arbeitszeit auf bis zu 15 Wochenstunden verringern können, nur für Angestellte von Betrieben mit mehr als 15 Beschäftigten gelten soll.

Sandra Hartig vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) betonte, dass dieser Rechtsanspruch Unternehmen zusätzliche organisatorische Belastungen aufbürde und ihre Flexibilität bei der Personalplanung weiter einschränke.

Davon seien vor allem kleine und mittlere Unternehmen stark betroffen. Der DIHK plädiere deshalb dafür, den Rechtsanspruch erst ab einer Betriebsgröße von 50 Beschäftigten zu gewähren.

Haben Frauen weiterhin das Nachsehen?

Dieser Forderung widersprach die Vertreterin des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Anja Weusthoff. Die Beschränkung des Rechtsanspruchs auf Arbeitnehmer in Betrieben mit mehr als 15 Angestellten müsse vielmehr aufgehoben werden. Noch immer seien es vor allem Frauen, die die Pflege von Angehörigen übernehmen.

Frauen würden aber zum überwiegenden Teil in kleineren und mittleren Betrieben arbeiten, führte Weusthoff aus. Deshalb konterkariere die Beschränkung des Rechtsanspruchs die Zielsetzung des Gesetzes. Auch Barbara König vom Zukunftsforum Familie sprach sich gegen die Anhebung des Schwellenwertes von 15 Beschäftigen aus.

Der Arbeitsrechtler Gregor Thüsing hingegen bezeichnete die Beschränkung des Rechtsanspruchs als vertretbar. Der Schwellenwert von 15 Beschäftigen sei in der Gesetzgebung etabliert.

Zudem sei davon auszugehen, dass in kleinen und mittleren Betrieben einvernehmliche Lösungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern einfacher herzustellen seien.

Anja Ludwig vom Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt (AWO) warnte davor, die Wirkung des geplanten Gesetzes zu überschätzen. Die Situation von pflegebedürftigen Menschen und ihren pflegenden Angehörigen sei zu unterschiedlich, als dass dafür eine Pauschallösung gefunden werden könne.

Kritik: Rückzahlung des Darlehens nur Besserverdienern möglich

Die Weiterentwicklung des Familienpflegezeitgesetzes sei zwar ein richtiger Schritt, könne aber nur eine Maßnahme in einem Gesamtpaket sein, um die Pflegesituation in Deutschland zu verbessern. In diesem Sinne äußerte sich auch Gabriele Kuhn-Zuber vom Sozialverband Deutschland (SoVD).

Es bestehe die Gefahr, dass die Rückzahlung des zinslosen Darlehens zur Finanzierung des Lebensunterhaltes während der Familienpflegezeit nur von Menschen mit guten oder besseren Einkommen gestemmt werden kann.

Kuhn-Zuber sprach sich deshalb ebenso wie die DGB-Vertreterin Weusthoff für die Zahlung einer Lohnersatzleistung während der Familienpflegezeit nach dem Vorbild des Elterngeldes aus.

Elisabeth Fix vom Deutschen Caritasverband plädierte dafür, für die Rückzahlung des Darlehens zumindest Härtefallregelungen zum Beispiel im Fall von Langzeitarbeitslosigkeit oder andauernden Erkrankungen einzuführen. (eb)

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