Bund und Länder

Vier Milliarden Euro für die Gesundheitsämter

Der Bund investiert vier Milliarden Euro in die Gesundheitsämter. So sollen sie auch als Arbeitsplätze für Ärzte attraktiver werden. Der Marburger Bund warnt vor Symbolpolitik.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Kontakte nachtelefonieren: Mitarbeiter des Gesundheitsamtes Berlin Mitte im Frühjahr. Tausende neue Stellen wollen Bund und Länder in den Gesundheitsämtern schaffen. (Archivbild)

Kontakte nachtelefonieren: Mitarbeiter des Gesundheitsamtes Berlin Mitte im Frühjahr. Tausende neue Stellen wollen Bund und Länder in den Gesundheitsämtern schaffen. (Archivbild)

© Britta Pedersen / dpa / picture alliance

Berlin. Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) übte sich in Selbstkritik: „Rückblickend kann man sagen, dass, wenn es um Modernisierung von Behörden ging, die Gesundheitsämter nicht ganz weit oben waren“, sagte die aktuelle Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz der Länder am Samstag in Berlin.

Vorgestellt wurde der „Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst“. Mit vier Milliarden Euro sollen die rund 400 Gesundheitsämter in den kommenden sechs Jahren auf ein höheres personelles und technisches Niveau gehoben werden. Dass die Ämter – wie in der aktuellen Pandemie noch üblich – ihre Daten per Fax an das Robert-Koch-Institut übermitteln, solle spätestens dann der Vergangenheit angehören, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Noch in diesem Jahr sollen die gesetzlichen Grundlagen für den Pakt geschaffen werden, kündigte Spahn an.

5000 neue Stellen bis 2022

In ihrem Pakt haben Bund, Länder und die kommunalen Spitzenverbände vereinbart, bis Ende 2022 mindestens 5000 neue Stellen zu schaffen. Schon bis Ende 2021 sollen die Ämter 1500 neue Vollzeitstellen für Ärzte und Verwaltungspersonal einrichten. Bis Ende 2022 sollen dann weitere 3500 hinzukommen. 4500 der Arbeitsplätze sollen vor Ort in den Gesundheitsämtern entstehen, in den oberen Landesbehörden der Rest.

Mit weiteren 800 Millionen Euro aus den Kassen des Bundes soll der Digitalisierungsschub für die Ämter unterfüttert werden. Entscheidendes Ziel sei es, die Interoperabilität über alle Ebenen hinweg sicherzustellen, heißt es in dem von Bund und Ländern verabschiedeten Papier. Um die Meldeverfahren zu straffen, will der Bund zentrale digitale Plattformen aufbauen. Die Länder verpflichten sich, beim Aufbau der digitalen Infrastruktur für die Ämter Mindeststandards einzuhalten, die vom Bund bis zum kommenden Frühjahr erarbeitet werden sollen.

Praktisches Jahr im Amt

Um den ÖGD fit für den Wettbewerb um ärztliches Personal zu machen, soll künftig mehr bezahlt werden. Zudem sollen die Themen des öffentlichen Gesundheitswesens bei der anstehenden Reform der Approbationsordnung für Ärzte stärker im Medizinstudium verankert werden. Famulaturen und Praktisches Jahr sollen auch in den Ämtern abgeleistet werden können.

Neue Stellen in einem Bereich auszuweisen, in dem jetzt schon Stellen nicht nachbesetzt werden können, bleibt allerdings eine Luftnummer, wenn nicht gleichzeitig auch die Arbeits- und Vergütungsbedingungen grundlegend verbessert werden.

Dr. Susanne Johna, 1. Vorsitzende des Marburger Bundes

Die Ärztegewerkschaft Marburger Bund warnte umgehend vor Symbolpolitik. „Neue Stellen in einem Bereich auszuweisen, in dem jetzt schon Stellen nicht nachbesetzt werden können, bleibt allerdings eine Luftnummer, wenn nicht gleichzeitig auch die Arbeits- und Vergütungsbedingungen grundlegend verbessert werden“, warnte MB-Chefin Dr. Susanne Johna am Samstag.

Gehaltsunterschied bei 1500 Euro

Die Zeit drängt. Ein Blick auf die Altersverteilung zeigt, dass spätestens in zehn Jahren die meisten der heute noch tätigen aktiven Amtsärzte im Ruhestand sein werden, sagte Johna. Bessere Arbeitsbedingungen ließen sich nur mit einem eigenen arztspezifischen Tarifvertrag für Ärzte in Gesundheitsämtern erreichen. Temporäre Zulagen seien dafür keine Alternative und könnten Gehaltsunterschiede von mehr als 1500 Euro im Monat zu den Arzttarifen in Krankenhäusern, Medizinischen Diensten und im ambulanten Sektor nicht ausgleichen.

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