Kommentar

Von wegen „Sieg“ – Sachlichkeit bei der Sterbehilfe ist gefragt

Sterbehilfevereine sehen sich beflügelt durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Tatsächlich beginnt auch für Ärztekammern die Arbeit jetzt erst.

Wolfgang van den BerghVon Wolfgang van den Bergh Veröffentlicht:

Es ist das eingetreten, was zu erwarten war: Sterbehilfe-Vereine feiern das Urteil des Bundesverfassungsgerichts als „Sternstunde“ und „Sieg der Freiheit“. Damit laden sie ein Thema emotional auf, das eigentlich genau das Gegenteil verdient: Sachlichkeit und Differenziertheit auf der Suche nach einem gesamtgesellschaftlichen Konsens.

Ja, es ist richtig, dass das Bundesverfassungsgericht ein Urteil mit enormer Tragweite getroffen hat, in dem es festgestellt hat, dass Paragraf 217 Strafgesetzbuch gegen allgemeines Persönlichkeitsrecht, das Recht auf selbstbestimmtes Sterben und damit gegen das Grundgesetz verstößt. Zugleich haben die obersten Verfassungsrichter darauf hingewiesen, wie wichtig eine rechtssichere Regelung beim assistierten Suizid ist, insbesondere für Ärzte.

Aber just dazu gehören neben einer gesetzlichen Regelung auch berufsrechtliche Entscheidungen, eine Steilvorlage für die Bundesärztekammer, dies zeitnah auf die Agenda zu setzen. In den Kammern ist die Diskussion in den vergangenen Jahren nie ganz verstummt.

Der Ruf, dass Ärzte die nun geschaffenen Freiräume rasch besetzen sollten, kommt immer häufiger. Ihn so zu interpretieren, als hätten Ärzte nur auf diese Entscheidung der Verfassungsrechtler gewartet, um sich bei der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben zu melden und zu signalisieren, Assistenz bei einem „wohl überlegten und freiverantwortlichen Suizid leisten zu wollen“, darf man durchaus hinterfragen.

Quantifizieren oder gar qualifizieren lässt sich das nicht. Und gerade deshalb ist die Diskussion so wichtig – in Mainz beim nächsten Deutschen Ärztetag.

Schreiben Sie dem Autor: vdb@springer.com

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