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Werbeverbot für Abbrüche spaltet Bundestag

Soll das Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche gelockert werden? Diese Frage ist im Bundestag heiß diskutiert worden.

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Am Paragraf 219a scheiden sich die Geister.

Am Paragraf 219a scheiden sich die Geister.

© Aamon / stock.adobe.com

BERLIN. Im Bundestag stehen sich zwei Lager im Umgang mit dem Paragrafen 219a Strafgesetzbuch gegenüber, der Werbung für den Schwangerschaftsabbruch verbietet.

Am Donnerstagabend warben Grüne, Linke, SPD und FDP dafür, die Regelung abzuschaffen oder zu modifizieren. CDU/CSU und die AfD lehnen dies ab.

Der Paragraf 219a verhindere, dass Frauen, die ungewollt schwanger sind, sich "umfassend, schnell und sachlich informieren können", sagte die grüne Abgeordnete Ulle Schauws. Die Vorschrift stelle auch die sachliche Information unter Strafe und das sei falsch.

Grüne werben bei Union um Zustimmung

Die Grünen wollten Rechtsklarheit für Ärzte. Denn deren Berufsordnung verbiete ohnehin schon anpreisende Werbung.

Schauws warb bei der Union um Zustimmung: Der Gesamtkompromiss des Paragrafen 218 werde durch eine Abschaffung des 219a nicht berührt: "Sowohl das Schutzkonzept als auch die Beratungsregelung bleiben bestehen."

Das sieht Stephan Harbarth (CDU) völlig anders. Die Gesetzentwürfe der drei Oppositionsfraktionen ließen das ungeborene Kind als Grundrechtsträger außer Acht, klagte er. "Die Interessen eines Arztes sind nicht mehr wert als die Interessen eines Kindes", sagte Harbarth.

Er verwies auf die Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach der Staat "zur Erfüllung seiner Schutzpflicht ausreichende Maßnahmen normativer und tatsächlicher Art" ergreifen müsse. Die in Paragraf 218 vorgesehene verpflichtende Beratung könne nur funktionieren "wenn sie nicht durch Werbung und äußere Einflüsse konterkariert wird".

SPD: Vorschrift greift in Berufsfreiheit der Ärzte ein

Für die SPD bezeichnete Eva Högl den Paragrafen 219a als "nicht mehr zeitgemäß". Aus ihrer Sicht greife die Vorschrift zudem in die in Artikel 12 geschützte Berufsfreiheit der Ärzte ein. Högl äußerte die Hoffnung, das der Bundestag sich bei diesem Thema fraktionsübergreifend verständigt.

Doch das zeichnet sich nicht ab – die Fronten sind vielmehr verhärtet. Die AfD erklärte, sie werde am Werbeverbot festhalten. Die Trennung zwischen Information und Werbung sei "Augenwischerei".

Werde das Werbeverbot aus dem Gesamtkonstrukt der Paragrafen 218 und 219a herausgebrochen, dann bedeute dies eine "völlige Freigabe (...) des Abtreibungsrechts", sagte Volker Münz von der AfD.

Die Fraktion verwies zudem darauf, dass es nur eine Verurteilung im vergangenen Jahr gegeben habe. Dies war der Fall der Gießener Ärztin Kristina Hänel. Sie ist im November 2017 vom Amtsgericht wegen unerlaubter Werbung für Abbrüche zu einer Geldstrafe von 6000 Euro verurteilt worden und hat dagegen Rechtsmittel eingelegt.

FDP: Werbeverbot weiter im Strafrecht

Die FDP wandte sich gegen eine ersatzlose Abschaffung der Vorschrift. Man könne das Thema nicht nur zur Sache der Landesärztekammern und des Berufsrechts erklären sagte Stephan Thomae (FDP).

Die Liberalen werben daher dafür, das Werbeverbot weiter im Strafrecht zu verankern. Klargestellt werden solle, dass es Ärzten nicht erlaubt sein soll, "in grob anstößiger Weise für Schwangerschaftsabbrüche (...) zu werben.

Die drei Gesetzentwürfe sind in den federführenden Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz zur weiteren Beratung überwiesen worden. (fst)

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 24.02.201800:29 Uhr

Diese unsägliche Bundestagsdebatte wird in der nächst-höheren Instanz widerlegt werden!

Ehrlich gesagt, ich halte die Gerichtsentscheidung des Amtsgerichts Gießen für eine vielleicht eher vorsätzliche bzw. zumindest grob fahrlässige intellektuelle Missachtung der unterschiedlichen Begrifflichkeiten von "Information" und "Werbung". Die Anklage warf der Ärztin vor, gegen Paragraf 219a Strafgesetzbuch verstoßen zu haben, welcher expressis verbis "Werbung für" einen Schwangerschaftsabbruch, aber nicht "Informationen über" Schwangerschaftsabbrüche verbietet.

Der Gesetzeswortlaut des Paragraphen 219a Strafgesetzbuch (StGB ) wurde von der Vorsitzenden Richterin am Amtsgericht Gießen offensichtlich gar nicht verstanden und falsch interpretiert:

"§ 219a Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft

(1) Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) seines Vermögensvorteils wegen oder in grob anstößiger Weise
1. eigene oder fremde Dienste zur Vornahme oder Förderung eines Schwangerschaftsabbruchs oder
2. Mittel, Gegenstände oder Verfahren, die zum Abbruch der Schwangerschaft geeignet sind, unter Hinweis auf diese Eignung
anbietet, ankündigt, anpreist oder Erklärungen solchen Inhalts bekanntgibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Absatz 1 Nr. 1 gilt nicht, wenn Ärzte oder auf Grund Gesetzes anerkannte Beratungsstellen darüber unterrichtet werden, welche Ärzte, Krankenhäuser oder Einrichtungen bereit sind, einen Schwangerschaftsabbruch unter den Voraussetzungen des § 218a Abs. 1 bis 3 vorzunehmen.

(3) Absatz 1 Nr. 2 gilt nicht, wenn die Tat gegenüber Ärzten oder Personen, die zum Handel mit den in Absatz 1 Nr. 2 erwähnten Mitteln oder Gegenständen befugt sind, oder durch eine Veröffentlichung in ärztlichen oder pharmazeutischen Fachblättern begangen wird."

M.E. hat sich die Vorsitzende Richterin am Amtsgericht Gießen instrumentalisieren und populistisch einspannen lassen: An keiner Stelle der Urteilsbegründung ist argumentativ und rechtsgüterabwägend von notwendigen ärztlichen Informationen für Ratsuchende die Rede. Denn dann müssten alle Ratgeber, Veröffentlichungen, Hinweise und Informationen, auch die der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) oder der katholischen Frauenverbände ebenfalls auf die Anklagebank.

Mf + kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

von 1982 bis 1991 ärztlicher Mitarbeiter im Essener AWO-Beratungszentrum ''Lore Agnes Haus'' für Familienplanung, Schwangerschaftskonflikte und Fragen der Sexualität (Träger Bezirksverband Niederrhein der ARBEITERWOHLFAHRT)

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