Ein Teil nur für COVID-19-Patienten
Wie Berlin-Neukölln sich auf viele Intensivpatienten vorbereitet
Einschneidende Maßnahmen auch im Vivantes Klinikum Berlin-Neukölln, um sich auf viele Intensivpatienten vorzubereiten. Welche das sind, erklärt Professor Thomas Albrecht, stellvertretender Direktor des Klinikums, im Interview.
Veröffentlicht:Ärzte Zeitung: Welche Vorbereitungen wurden in ihrer Klinik schon getroffen?
Professor Thomas Albrecht: Die allgemein einschneidendeste Veränderung ist die, dass wir das gesamte Elektivgeschäft mit Ausnahme der dringlichen Operationen und Therapien heruntergefahren haben. Zudem wird das Personal umstrukturiert. Das heißt, Ärzte, Pflegepersonal und andere Berufsgruppen werden aus jetzt weniger frequentierten Bereichen freigesetzt und wir integrieren sie in die Rettungsstellen, in die Pneumologie und Infektiologie und in die Intensivmedizin. Sie werden je nach Qualifikation eingesetzt. Im Moment laufen Schnellausbildungen und Hospitationen.
Außerdem schaffen wir natürlich zusätzliche Beatmungs- und Intensivkapazitäten. So widmen wir teilweise Überwachungsplätze oder besondere Bereiche so um, dass wir aus ihnen Beatmungsplätze machen können. Wir teilen Bereiche in der Klinik, sodass ein Teil nur für Corona-Verdachtsfälle da ist und der andere Teil für Nicht-Corona-Patienten. So haben wir Stationen und Intensivbereiche, die nur für Corona-Patienten gedacht sind.
Wie hoch werden die Kapazitäten in Ihrer Intensivabteilung nachher sein?
Man muss bedenken, dass wir auf der Intensivstation ja immer noch Patienten haben, die schwer erkrankt, aber nicht Corona-Patienten sind. Die müssen wir natürlich weiter versorgen. Normalerweise haben wir schon eine Auslastung der Intensivstation von 95 Prozent.
Wir bemühen uns, neue Kapazitäten zu schaffen und die Zahl der Plätze bei Vivantes zu verdoppeln, auch durch das gleichzeitige Herunterfahren des operativen Elektivprogramms. Nach den Vorgaben des Berliner Senats sollen wir bis zu 60 Prozent der Intensivplätze für Corona-Patienten vorhalten.
Werden Sie es schaffen, auch das dafür nötige Personal zu rekrutieren?
Das hoffen wir, vor allem durch die Umstrukturierungen. Wir haben auch einige ehemalige Mitarbeiter, die uns jetzt helfen wollen, also eine gewisse Unterstützung durch Externe. Wir rufen dazu auf, sich bei uns zu melden, vor allem wenn man Berufserfahrung im Krankenhaus mitbringt. Aber ob am Ende ausreichend Personal da sein wird, hängt natürlich auch von der Zahl der Patienten und der Erkrankungsquoten bei den Mitarbeitern ab.
Wann rechnen Sie mit dem Beginn des „Sturms“, wie Bundesgesundheitsminister Jens Spahn es ausdrückte?
Wir haben jetzt schon eine zunehmende Zahl Corona-Patienten, auch auf der Intensivstation. Wir rechnen mit einem starken Anstieg. Die jetzigen Infektionszahlen zeigen ja nur die Spitze des Eisberges. Ich hoffe, dass sich die Zahl der Neuinfektionen reduziert.
Wir werden eventuell zwei bis drei Wochen abwarten müssen, bis wir wissen, welche Belastung auf die Krankenhäuser zukommt. Ich habe die Hoffnung, dass die Zahlen nicht so schlimm werden wie in anderen Ländern. Dennoch bereiten wir uns natürlich vor. Allerdings glaube ich: Kein Gesundheitssystem kann mit Zahlen, wie sie in Italien und Spanien herrschen, zurechtkommen.
Sie meinen, dass dann in einer Triage entschieden werden muss, wer ans Beatmungsgerät kommt und wer nicht. Bereitet sich Ihre Klinik auf solche Entscheidungen schon vor, gibt es dafür Schulungen?
Wir hoffen, dass wir nicht in eine Situation kommen, in der eine Triage erforderlich ist. Wir machen uns dazu bereits jetzt intensiv Gedanken, und es gibt auch schon seit Kurzem die Empfehlung verschiedener Fachgesellschaften und des Deutschen Ethikrats. Wir arbeiten an internen Richtlinien dazu. Wenn es so weit kommen sollte, werden wir ein an die Notlage angepasstes Triagesystem einbauen müssen und unser Personal entsprechend vorher schulen.
Wie sieht es bei Ihnen mit der Ausstattung bei der Schutzausrüstung aus?
Momentan sind wir noch ausreichend ausgestattet, müssen aber sehr sparsam sein. Wir sind darauf angewiesen, dass die Nachschubkette besser wird.
Sie setzen zur Diagnose in Ihrer Klinik auf den Computertomografen (CT). Welche Vorteile hat das?
Mit dem CT kann man sehr schnell Veränderungen in der Lunge sehen, die für Covid charakteristisch sind und die schon in China beschrieben wurden. So kommen wir bei vielen Fällen sehr schnell zu einer Diagnose und können Patienten isolieren und gegebenenfalls beatmen. Wir müssen in diesen Fällen nicht auf die Testergebnisse warten, die teilweise erst nach drei Tagen vorliegen. Es ist aber für die Behandlung natürlich genauso wichtig zu erfahren, dass der Patient keine Covid-Erkrankung hat, wenn wir im CT etwa das Bild einer bakteriellen Pneumonie sehen. Wir haben inzwischen täglich drei Untersuchungsblöcke bei uns in der Radiologie, in denen wir nur diese CT-Untersuchung machen. Ich gehe davon aus, dass die meisten Krankenhäuser mit Covid-19-Patienten das ähnlich machen.