Prävention in kleinen Betrieben

Yoga-Kurse in der Pause reichen nicht

In Deutschland gibt es rund 3,3 Millionen Betriebe, die unter zehn Mitarbeiter beschäftigen. Betriebliche Gesundheitsförderung ist hier oft ein Fremdwort. Mit mehr Vernetzung unter den lokalen Unternehmen und der IHK soll sich das nun ändern.

Von Rebecca Beerheide Veröffentlicht:
Prävention am Arbeitsplatz? Betriebe wie diese Kfz-Werkstatt können das oft nicht leisten.

Prävention am Arbeitsplatz? Betriebe wie diese Kfz-Werkstatt können das oft nicht leisten.

© Karin & Uwe Annas / fotolia.com

BERLIN. Für kleine und mittelständige Unternehmen ist das Gesundheitsmanagement eine Herausforderung: Meist ist der Betrieb nicht groß genug, um einen Mitarbeiter für die Koordination abzustellen oder gar eine "Fachstelle für betriebliches Gesundheitsmanagement" einzurichten.

Auch wird kein Betriebsarzt beschäftigt, der Programme einfordern oder anstoßen könnte.

Gleichzeitig müssen die familien- und inhabergeführten Unternehmen es in Zeiten von Fachkräftemangel mit den großen Konzernen aufnehmen - denn Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz ist zum Wettbewerbsvorteil geworden.

Ein Baustein, um mehr betriebliches Gesundheitsmanagement in den kleineren Betrieben zu implementieren, ist das Programm "Gesund.Stark.Erfolgreich - Der Gesundheitsplan für Ihren Betrieb", das von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) entwickelt und gefördert wurde.

Ziel dabei ist es, dass regionale Partner gemeinsam mit kleineren Unternehmen Projekte zur betrieblichen Gesundheitsförderung anstoßen und ausprobieren.

Zwölf BKKen haben bereits gemeinsam Projekte in einzelnen Unternehmen angeschoben. Nicht selten sind Mittelständler skeptisch: Für solchen "Firlefanz" habe man keine Zeit, die Produktion müsse am Laufen gehalten werden, heißt es von den Arbeitgebern oft.

Vom "Nice-to-have" zur Verpflichtung

Bei der Überzeugungsarbeit vor Ort können auch die Industrie- und Handelskammern (IHK) ein wichtiger Unterstützer sein. Denn auch für die IHK wird die Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz ein immer größeres Thema.

"Die Angebote der Betriebe sollten vom ,Nice-to-have' zu einer Verpflichtung werden", sagte Irmtraut Grükan, stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Gesundheitswirtschaft beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag, bei einer Veranstaltung des BKK Dachverbandes zur betrieblichen Gesundheitsvorsorge in Berlin.

Gürkan ist seit 2003 Kaufmännische Direktorin an der Uniklinik Heidelberg. Am Klinikum, das zu den mittelgroßen Unternehmen zählt, wird vor allem auf die gesundheitsgerechte Gestaltung von Arbeitsplätzen gesetzt. Denn an Sportangeboten -  so die Erfahrung von Gürkan -  nehmen oftmals nur die Mitarbeiter teil, die bereits fit sind.

Mit Blick auf das vom Bundesgesundheitsministerium geplante Präventionsgesetz sollte es für kleinere Unternehmen möglichst bürokratiearme Regelungen geben, damit bestehende Initiativen nicht gestört werden, so Gürkan.

Ein ähnliches Argument findet sich auch in den Positionen des BKK Dachverbandes zum Präventionsgesetz wieder: Zwar ist es wichtig, dass der Zugang der kleinen und mittleren Unternehmen zu den Leistungen der betrieblichen Gesundheitsförderungen verbessert wird.

Dennoch sollten die "vorhandenen Strukturen genutzt und niederschwellige Angebote ausgebaut werden", heißt es. Der Aufbau einer Koordinierungsstelle hierfür ist nach Ansicht des Dachverbandes nicht der richtige Weg.

In der betrieblichen Gesundheitsförderung müsse für mehr Nachhaltigkeit geworben werden, sagte Frank Knieps, Vorstand des BKK Dachverbandes. "Es reicht nicht, einzelne Gesundheitstage anzubieten und dann wieder zu gehen. Es müssen Netzwerke vor Ort aufgebaut werden."

Dafür setzt sich auch das Bundesgesundheitsministerium ein. "Seminare sind nur dann erfolgreich, wenn es zusätzlich Verbesserungen in den Arbeitsstrukturen gibt. Dort setzt die Verhaltensprävention an", erklärte Regina Kraushaar, BMG-Abteilungsleiterin für Prävention, bei der BKK-Veranstaltung.

Präventionsangebote müssen glaubwürdig sein

Nach den Erfahrungen von Inke Jörgensen, Betriebsrätin der Union Investment in Frankfurt, handeln viele Unternehmen nicht, auch wenn sie bereits einen hohen Krankenstand feststellen können. Wenn kleinere Betriebe Projekte zur Gesundheitsförderung starten, dann muss es sich um glaubwürdige Angebote handeln, so Jörgensen.

Yoga- oder Bauchtanzkurse könnten dabei keine Standardantwort sein: Viel mehr müssen in jedem Unternehmen die Arbeitsabläufe analysiert und danach spezielle Angebote entwickelt werden.

"Wir erleben eine ganz neue Büroorganisation, bei der sich Mitarbeiter oft an ihren Arbeitsplatz ,angeschnallt' fühlen", sagte Andrea Galle, Vorstand der BKK Verkehrsbau Union (VBU). Nach ihrer Ansicht müssten Betriebe sich dafür einsetzten, dass es wieder mehr Gelegenheiten zum Aufstehen und damit auch zum spontanen Kollegengespräch gibt.

Für Netzwerke vor Ort plädiert auch Oppositions-Politikerin Kordula Schulz-Asche. "Es stellt sich beim Präventionsgesetz der Regierung weiter die Fragen, wie gute Angebote in den Betrieben Geld bekommen können", sagte die Präventionsexpertin der Grünen im Bundestag.

Sie spricht sich dafür aus, stärker die Gesundheitsämter in den Städten und Kommunen einzubinden. Auch die Unterstützung und Überzeugungsarbeit der IHKen vor Ort sei ein richtiger Weg.

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