Diabetischer Fuß
Zweitmeinung vor Totalamputation gefordert
50.000 Füße werden jedes Jahr in Deutschland in Folge einer Diabeteserkrankung amputiert - zu viel, findet die Deutsche Diabetes Gesellschaft. Schuld seien fehlende Vergütungsanreize und mangelndes Fachwissen.
Veröffentlicht:Patient mit diabetischem Fuß – die Deutschen Diabetes Gesellschaft will Versorgung verbessern.
BERLIN. 50.000 Füße werden jedes Jahr in Deutschland in Folge einer Diabeteserkrankung amputiert - und damit nach Ansicht der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) insbesondere im internationalen Vergleich zu viele. "Nur ein Viertel der Patienten überlebt nach einer Majoramputation fünf Jahre", kritisierte Professor Ralf Lobmann, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Diabetischer Fuß der DDG, in Berlin.
Bei der Abtrennung von Fußteilen unterhalb des Knöchels liege die Überlebensrate hingegen bei 80 Prozent.
Dringend erforderlich ist der Fachgesellschaft zufolge das Einholen einer qualifizierten Zweitmeinung, sollte eine Totalamputation eines diabetischen Fußes als Therapieoption im Raum stehen. Der Gesetzgeber hat mit Inkrafttreten des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes erstmals die Option auf eine Zweitmeinung für bestimmte Indikationen gegeben.
Innerhalb der AG Fuß der DDG gibt es Lobmann zufolge zahlreiche erfahrene, klinisch und ambulant tätige Ärzte, die eine solche Zweitmeinungstätigkeit übernehmen könnten.
Klinikaufenthalte von bis zu 40 Tagen
Gleichzeitig hält es die DDG für wichtig, andere Vergütungsstrukturen einzuführen. Derzeit bestünden "finanzielle Fehlanreize", da die Amputation eines Fußes vergleichsweise auskömmlich finanziert sei, bemängelte Lobmann. Dagegen seien die Behandlungen, die dem Erhalt des Fußes dienen, häufig langwierig und mit Klinikaufenthalten von bis zu 40 Tagen verbunden, die in der jetzigen Vergütung nicht abgebildet sind.
"Wir brauchen eine Qualitätspauschale für die Rettung des Fußes", forderte der AG Vorsitzende.
Änderungen muss es nach Ansicht der Fachgesellschaft auch beim Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) geben. Das im Gesetz verankerte AMNOG-Verfahren führe zu einer Verschlechterung der klinischen Forschungsbedingungen in Deutschland, kritisierte DDG-Präsident Professor Baptist Gallwitz, zugleich stellvertretender Direktor der Medizinischen Klinik IV an der Universität Tübingen.
AMNOG-Veränderungen angekündigt
Klinische, an Unis und Forschungsinstituten unabhängig geplante und durchgeführte Studien mit neuen Fragestellungen zu zusätzlichen Wirkungen oder Einsatzmöglichkeiten von Medikamenten für chronische Erkrankungen, seien nicht mehr möglich, wenn entsprechenden Medikamente in Folge des Gesetzes nicht mehr verfügbar sind.
Professor Edgar Franke, Vorsitzender des Ausschusses für Gesundheit des Deutschen Bundestages, kündigte Veränderungen am AMNOG im Anschluss an den Pharma-Dialog von Politik, Forschung und Industrie an.
Ziel sei es, dass die sprechende Medizin durch die Verankerung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) entlohnt werde.