Im Überblick

Die Eckpunkte der Gröhe-Gesetze

Versorgungsstärkungsgesetz, Klinikreform, Anti-Korruptionsgesetz und Co.: Bundesgesundheitsminister Gröhe hat in seiner Amtszeit einige Mammutprojekte auf den Weg gebracht. Die Eckpunkte der Gesetze im Überblick.

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Gröhe gibt die Richtung vor.

Gröhe gibt die Richtung vor.

© Wolfgang Kumm / dpa

BERLIN. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) treibt die Gesundheitspolitik an: Mit der Pflegereform und dem Versorgungsstärkungsgesetz hat er Mammutprojekte angepackt. Immer im Fokus: Die medizinische Versorgung zu verbessern - doch dabei stießen und stoßen einige Pläne auf starken Gegenwind.

Das Versorgungsstärkungsgesetz etwa: Es versucht zu integrieren, was nur schwer zusammengeht - Zuckerbrot und Peitsche für die niedergelassenen Ärzte. Zum einen bahnt es jungen Medizinern Wege, sich in lukrativen Innenstadtlagen niederzulassen, zum anderen fordert es von der Selbstverwaltung, Praxen aufzukaufen, die in als überversorgt geltenden Bezirken liegen.

Viele Gesetze sind - auch trotz Kritik - bereits verabschiedet, einige noch auf dem Weg. Die "Ärzte Zeitung" liefert einen Überblick über die Eckpunkte der wichtigsten Gröhe-Gesetze. (vdb/jk)

Versorgungsstärkungsgesetz

- Durch stärkere, vor allem finanzielle Anreize sollen Ärzte für eine Niederlassung in unterversorgten, strukturschwachen Gebieten gewonnen werden

- Termin-Servicestellen: Die Kassenärztlichen Vereinigungen werden verpflichtet, Terminservicestellen einzurichten. Sie sollen, wenn nötig, Versicherten mit einer Überweisung innerhalb von vier Wochen einen Termin bei einem Facharzt vermitteln. Sollte das nicht möglich sein, kann der Patient ein Krankenhaus aufsuchen (§ 75)

- Förderung der Weiterbildung (Allgemein- und Fachärzte) (§ 75a)

- Arztgruppengleiche MVZ / Kommunen dürfen MVZ gründen (§ 95)

- Neuausrichtung der Bedarfsplanung (§ 101): Künftig soll eine Praxis in einem überversorgten Gebiet nur dann nachbesetzt werden, wenn dies für die Versorgung der Patienten sinnvoll ist; die Einzelfallentscheidung treffen Zulassungsausschüsse (Ärzte und Krankenkassen) vor Ort

- EBM-Änderungen – mehr Gewicht auf betriebswirtschaftliche Komponenten (§ 87)

- Anpassung der Plausibilitätsprüfung (§ 106)

- Anpassung der Regressprüfung (gültig ab 2017)

- Förderung von KV-anerkannten Praxisnetzen (§ 87 b Absatz 2)

- Das Recht der Versicherten auf eine unabhängige ärztliche Zweitmeinung soll gestärkt werden; so sollen unnötige Eingriffe verhindert werden.

- Zur Förderung von Innovationen in der Versorgung wird ein Innovationsfonds von 300 Millionen Euro jährlich eingerichtet - zunächst von 2016 bis 2019

Das Versorgungsstärkungsgesetz ist seit 1. August 2015 in Kraft.

Krankenhausstrukturgesetz

- Fokus auf Leistungserbringung (Qualitätszu- und abschläge)

- Strukturfonds: Ziel ist es, die Zahl der bislang noch etwa 1980 Krankenhäuser deutlich zu reduzieren. Krankenhausträger, die sich bereit erklären, ihr Haus zu schließen oder zum Beispiel in ein geriatrisches Zentrum umzuwidmen, können Mittel aus dem Strukturfonds erhalten. Der Bund zahlt 500 Millionen in den Fonds ein, die Länder sollen sich in gleicher Höhe beteiligen

- Pflegestellenförderprogramm (660 Mio. Euro für 2016 bis 2018; ab 2019 330 Mio. Euro p.a.)

- Versorgungszuschlag (500 Mio. Euro ab 2017)

- Portalpraxen (EBM-Anpassung bis 2016, ergänzter Bewertungsausschuss): Sie sollen an Kliniken eingerichtet werden, um die vertragsärztliche Versorgung während der sprechstundenfreien Zeiten sicherzustellen - zum Ärger der Niedergelassenen.

- Tarifabschlüsse, die Preiszuwächse überschreiten, werden zur Hälfte von Kostenträgern refinanziert

Nach dem Bundestag hat auch der Bundesrat das Krankenhausstrukturgesetz verabschiedet. Es tritt am 1. Januar 2016 in Kraft.

Hospiz- und Palliativgesetz

- Zur Krankenbehandlung gehört die Palliativversorgung - zur Pflege gehört die Sterbebegleitung

- Förderung stationärer Hospize; Kassen tragen 95 % der Kosten (bislang 90 %), Mindestzuschuss für Versicherte steigt von 7 % auf 9 % (von 198 € auf 261 €)

- Förderung ambulanter Hospize (Beteiligung der Kassen an Personal- + Sachkosten)

- Stärkere Einbindung von Vertragsärzten bei Kooperationen (zusätzliche Vergütung)

- Pflegeeinrichtungen müssen ihren Bewohnern eine von den Kassen finanzierte individuelle Versorgungsplanung anbieten

- Spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV): Um SAPV-Verträge vor allem auf dem Land zu erleichtern, erhalten Vertragspartner mehr Spielraum, zudem wird bei Streitigkeiten ein Schiedsverfahren etabliert. Erstmals bis Ende 2017 und dann alle drei Jahre mus der GKV-Spitzenverband der Regierung über die Entwicklung der SAPV berichten.

- Berichtspflicht für vollstationäre Einrichtungen an Pflegekassen über Kooperationen mit Hospiz- und Palliativnetzen

- Rechtsanspruch für Versicherte auf Hospiz- und Palliativberatung durch die Kassen

Nach dem Bundestag hat auch der Bundesrat das Hospiz- und Palliativgesetz verabschiedet.

E-Health-Gesetz

- Einführung der Online-Funktionen der elektronischen Gesundheitskarte (eGK)

- Etablierung der Telematikinfrastruktur

- Öffnung der Telematikinfrastruktur für weitere Anwendungen / weitere Leistungserbringer (und ggf. Patienten, s. Änd.-Antr.)

- Verbesserung der Interoperabilität der unterschiedlichen Systeme

- Förderung der Online-Übermittlung von Arztbriefen mit elektr. Signatur: 0,55 € pro Brief (nur bis 2017)

- Anspruch auf Medikationsplan auf Papier für Versicherte ab Oktober 2016, die mindestens drei Arzneimittel anwenden (Integration auf eGK ab 2019 Pflicht – Technik soll ab 01/2018 zur Verfügung stehen s. Änd.-Antr.)

- Video-Konsultation + elektr. Patientenakte (s. Änd. Antr.)

Der Bundestag hat das E-Health-Gesetz verabschiedet. Am 18. Dezember ist es Thema im Bundesrat. Geplant ist, dass das Gesetz am 1. Januar 2016 in Kraft tritt.

Anti-Korruptionsgesetz

- Bestechung und Bestechlichkeit von Ärzten, Psychotherapeuten und allen Heilberuflern mit staatlich vorgeschriebener Ausbildung sollen Straftatbestände werden

- Von dem Gesetz betroffen sind neben Ärzten auch Pflegekräfte und Apotheker - alle Angehörigen von Heilberufen, die eine staatlich geregelte Ausbildung brauchen

- Wer aufgrund des geplanten neuen Paragrafen 299a des Strafgesetzbuches angeklagt wird, dem drohen bis zu fünf Jahre Haft und Geldstrafen

- Kritiker befürchten, dass Kooperationen erschwert werden und fordern, dass diese eundeutig im Gesetz zu regeln sind

- Strafrechtliche Regelungskompetenz für Berufskammern (§ 299a Abs.2)

Das Anti-Korruptionsgesetz wird derzeit im Bundestag beraten; bei einer Expertenanhörung im Rechtsausschuss stieß es zuletzt auf grundsätzliche Zustimmung. Am 26. Februar ist es Thema im Bundesrat. Im Laufe von 2016 soll es dann in Kraft treten.

Präventionsgesetz

- Ziel ist die Vorbeugung lebensstilbedingter Volkskrankheiten (Diabetes, Bluthochdruck etc.)

- Im Fokus stehen dazu Gesundheitsförderung und Prävention (in allen „Lebenswelten“)

- Besondere Verantwortung der Ärzte: „Sie sollen ihre Patienten ermutigen und begleiten, gesundheitsschädigende Verhaltensweisen abzustellen und sie zur Inanspruchnahme von primärpräventiven Angeboten motivieren“, heißt es beim BMG

- Förderung der Impfprävention (z.B.: Betriebsärzte können Patienten impfen)

- Vor dem Eintritt in Schulen und Kitas muss eine ärztliche Impfberatung nachgewiesen werden

- Zusätzliche Gesundheitsuntersuchung bis zum 18. Lebensjahr

- Ausweitung der Früherkennungsuntersuchung

- Verdopplung der Gesundheitsförderung von 3,09 Euro auf knapp 7 Euro pro Jahr und pro Versicherten (ab 2016)

- Gesundheitliche Selbsthilfe erhält 78 Mio. Euro (ab 2016)

- BZgA erhält 31,5 Mio. Euro p.a.

Nach dem Bundestag hat auch der Bundesrat das Präventionsgesetz verabschiedet. Es ist in Kraft.

Pflegestärkungsgesetz II

- Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs (körperliche, geistige und psychische Beeinträchtigungen werden gleichgestellt)

- Fünf Pflegegrade lösen drei Pflegestufen ab (ab 2017) – Begutachtung durch den MDK wird anhand von sechs Merkmalen überprüft

- Bestandsschutz: Leistungsbezieher werden per Gesetz automatisch ohne neue Begutachtung in das neue System überführt

- Ambulante Pflegdienste müssen neben körperbezogenen Pflegeleistungen auch „pflegerische Betreuungsleistungen“ anbieten (Begleitung beim Spaziergang, vorlesen usw.)

- Mehr pflegende Angehörige erhalten Rentenbeiträge durch die Pflegeversicherung

- "Reha vor Pflege": Der Medizinische Dienst wird zur Anwendung eines bundesweit einheitlichen, strukturierten Verfahrens für die Rehabilitationsempfehlungen verpflichtet

- Verbesserung des Versicherungsschutz für pflegende Angehörige in der Arbeitslosenversicherung

- Qualitativer Ausbau der Pflegeberatung: Pflegebedürftige und Angehörige werden besser unterstützt, um Leistungen nach ihren Bedürfnissen zusammen zu stellen

- Verbesserung des Pflege-TÜVs (Expertenkommission – nach 2017)

- Steigerung des Beitragssatzes ab 1. Januar 2017 von 2,35 Prozent auf 2,55 Prozent (2,8 Prozent für Kinderlose)

- Zur Erinnerung PSG I: Steigerung des Beitragssatzes ab 1. Januar 2015 um 0,3 Prozent

Der Bundestag hat das Pflegestärkungsgesetz II verabschiedet - im Bundesrat ist es am 18. Dezember. Das Gesetz soll am 1. Januar 2016 in Kraft treten.

Das neue Begutachtungsverfahren und die Umstellung der Leistungsbeträge der Pflegeversicherung sollen zum 1. Januar 2017 wirksam werden.

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