Betrug in der Corona-Pandemie
Ärzte sind selten an Impfpass-Fälschungen beteiligt
Gefälschte Corona-Impfausweise beschäftigen die Ermittlungsbehörden bundesweit. Aktuell sind die Fallzahlen jedoch rückläufig, sagt eine Oberstaatsanwältin.
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In rund 700 Fällen ging die Oberstaatsanwältin Antje Gabriels-Gorsolke dem Verdacht auf gefälschte Impfausweise nach.
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Nürnberg. Der Fall ging bundesweit durch die Medien: Ein Hausarzt im Wemding im Landkreis Donau-Ries soll Patienten statt einer Corona-Impfung ein wirkungsloses Placebo gespritzt und Impfgegnern trotzdem einen Impfnachweis ausgestellt haben. Das Amtsgericht Nürnberg hat ein vorläufiges Berufsverbot gegen den Arzt erlassen. Seine Praxis wird inzwischen von einem anderen Mediziner geführt.
Der Fall aus Wemding ist einer der wenigen, in denen Ärzte aktiv in die Fälschung von Impfausweisen eingebunden waren. Im vergangenen Winter hatten sich Meldungen über gefälschte Impfausweise bundesweit gehäuft, zum Teil war der Betrug durch organisierte Banden erfolgt.
Ein Beispiel dafür war der Fall einer Apotheke in München, in der laut Verdacht unberechtigt QR-Codes für digitale Impfausweise ausgestellt wurden. Aufmerksam wurden die Ermittler auf die Apotheke durch eine anonyme Person, die diese Codes im Darknet angeboten hatte.
Die für das Verfahren zuständige Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen bei der Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg verfolgt die Fälschungen von Impfausweisen nicht als Schwerpunkt, bei ihr sind sie eher Anhängsel anderer Betrugsfälle.
Weniger Fälle seit dem Frühjahr
Anders bei der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth. Oberstaatsanwältin Antje Gabriels-Gorsolke nannte auf Nachfrage der Ärzte Zeitung die Zahl von rund 700 Fällen, in denen sie dem Verdacht auf gefälschte Impfausweise nachgingen. Sie beobachtet, dass die Fälle seit dem Frühjahr rückläufig sind. „Fast alle, die es darauf angelegt haben, haben inzwischen ein gefälschtes Zertifikat oder zumindest versucht, eines zu erlangen“, vermutet Gabriels-Gorsolke.
Auch in ihrem Bereich hatte es Fälle gegeben, in denen Betrüger im Winter gefälschte Impfausweise in großem Stil zu veräußern versuchten. Das Vorbereiten solcher Fälschungen ist möglich, weil Impfdokumente und Stempel über das Internet zu bestellen sind.
In der Wohnung eines Verdächtigten fanden die Ermittler mehr als 300 gefälschte Ausweise sowie einige Tausend Chargenaufkleber, diverse Arztstempel und weitere Utensilien, die für Fälschungen benötigt werden. Es wird vermutet, dass mehrere Dutzend Kunden des Beschuldigten gefälschte Impfausweise in den Apotheken der Region vorgelegt haben, um ein digitales Impfzertifikat zu bekommen.
Anders als im Wemdinger Fall sind Ärzte ihrer Wahrnehmung nach nur selten beteiligt. In Köln ermitteln die Behörden gegen eine Arzthelferin sowie gegen 59 potenzielle Abnehmer. Bei einer Durchsuchungsaktion in der Domstadt waren im Februar 260 Polizisten im Einsatz, die in 70 Wohnungen mehr als 50 mutmaßlich gefälschte Impfausweise sicherstellten und mehrere digitale Impfzertifikate von den Mobilgeräten der Betroffenen löschten. Ähnliche Größenordnungen hatte eine Durchsuchung nur drei Wochen zuvor.
Zwei Motive: Falschinformationen und Impfkritik
Die in Lübeck eingerichtete Sonderermittlungsgruppe „Booster“ hatte bis März 218 Fälle bearbeitet. Ein größeres Verfahren hatte dazu geführt, dass gegen 411 Beschuldigte aus dem ganzen Bundesgebiet ermittelt wurde. Meist ging es dabei um Menschen, die sich einen falschen Impfausweis beschafft und diesen rechtswidrig benutzt haben sollen.
Dafür gibt es nach Angaben der Ermittler zwei Motive: Falsche Information über die Gesetzeslage und bewusster Verstoß, weil man als Impfkritiker nicht mit den Einschränkungen leben will. Inzwischen sei das Anzeigeverhalten rückläufig. (di)