Digitalisierung
Ärzte sollen Akzente setzen
Nordrheins Ärztekammerpräsident mahnt die Ärzte, die Digitalisierung im Gesundheitswesen aktiv mitzugestalten. Sonst könnten sie den Anschluss an den vernetzten Praxisalltag verpassen.
Veröffentlicht:DÜSSELDORF. Die Ärzteschaft muss aufpassen, dass sie bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen nicht abgehängt wird, warnt der Präsident der Ärztekammer Nordrhein (ÄKNo) Rudolf Henke. Bei dem Thema sei mehr denn je Mitgestaltung angesagt, betonte Henke auf der ÄKNo-Kammerversammlung in Düsseldorf.
"Sonst werden wir uns irgendwann verwundert die Augen reiben und feststellen, dass uns die Entwicklung überrollt hat und unser ärztliches Denken in der neuen Welt nicht oder nur noch verdünnt vorkommt."
Die Patienten bräuchten im digitalen Zeitalter ärztliche Expertise und menschliche Zuwendung, um nicht von der ungeheuren Informationsflut überrollt zu werden, sagte Henke. Sie könnten von dem explodierenden medizinischen Wissen profitieren, aber nicht unmittelbar, sondern nur vermittelt durch ihre Ärzte, die Instrumente wie medizinische Datenbanken sinnvoll nutzen können.
"Und warum sollte ein Arzt dem Patienten nicht eine Gesundheits-App oder eine Internetseite empfehlen, wenn er sie auf ihre Eignung geprüft hat?"
Telemedizin mit enormem Potenzial
Die ÄKNo hat gemeinsam mit der Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL) ein Positionspapier verabschiedet. Dort verweisen die beiden Körperschaften auf den Nutzen und die Chancen von digitalen Anwendungen und formulieren aus ärztlicher Sicht Anforderungen an ihre Entwicklung und Nutzung.
Die Kammern fordern den zügigen Ausbau der Telematikinfrastruktur (TI) unter der Voraussetzung, dass sie die Patientenversorgung verbessert, die Versorgungsprozesse optimiert und sich die Datenschutz- und Datensicherheitsmechanismen am neuesten Stand der Technik ausrichten.
Auch in der Telemedizin sehen ÄKNo und ÄKWL große Möglichkeiten, die noch lange nicht ausgeschöpft sind. "Das Potenzial der Telemedizin kann sich nur entfalten, wenn für die telemedizinischen Leistungen eine adäquate Honorierung zur Verfügung gestellt wird", stellen sie klar.
Chancen im Zweiten Gesundheitsmarkt
Beim Thema Digitalisierung dürfe die Ärzteschaft aus der Sicht der Kammern auch den zweiten Gesundheitsmarkt nicht aus dem Blick verlieren. Auch dort müssen die Ärzte ihre Patienten beraten.
Die digitale Medizin sei offenkundig ein lukratives Geschäft, an dem viele mitverdienen wollen, heißt es in dem Positionspapier. "Es darf keinen IT-gestützten Parallelmarkt für Gesundheitsdienstleistungen geben, der die Regelversorgung ersetzt."
Der digitale Fortschritt darf nach Überzeugung der beiden Kammern nicht auf den privat finanzierten Bereich beschränkt bleiben. "Die Mehrheit der Start-ups ist im Zweiten Gesundheitsmarkt unterwegs, weil unsere Strukturen im Gesundheitswesen zu träge sind. Das muss sich ändern."