Innovationsfonds
Ärztenetze sehen wenig Chancen
Etiche Kassenärztliche Vereinigungen fördern Arztnetze. Beim Innovationsfonds allerdings werden die Verbünde voraussichtlich leer ausgehen. Das wurde bei einer Diskussionsveranstaltung in Berlin deutlich.
Veröffentlicht:BERLIN. Ärzte- und Kassenvertreter sind pessimistisch, was die Aussicht von Ärztenetzen auf Förderung durch den Innovationsfonds angeht.
"Mit der Regulierung, die da aufgesetzt ist, und den Schwierigkeiten auch rechtlicher Natur wird es schwer werden", sagte Dr. Jan Helfrich, Abteilungsleiter Ambulante Leistungen und Vertragsmanagement der DAK-Gesundheit, bei der Diskussionsrunde "Gesundheitssystem 2016: Regionalisierung - Quo vadis?"des Pharmaunternehmens UCB in Berlin. Dazu komme, dass nur das förderfähig ist, was nicht schon über die Regelversorgung abgedeckt ist. Das sei "furchtbar, furchtbar wenig", so Helfrich.
Auch der Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbands der Fachärzte (SpiFa) Dr. Dirk Heinrich setzt keine großen Hoffnungen auf den Innovationsfonds. Er berichtete von einem Projekt eines Ärztenetzes in Hamburg in Kooperation mit der DAK-Gesundheit, bei dem es um die Verbesserung der Versorgung für Menschen mit Migrationshintergrund in schwierigen sozialen Verhältnissen geht.
Für eine Förderung durch den Fonds müssten jetzt Details gefunden werden, die in der Regelversorgung fehlten. Heinrich: "Das ist schon ein wenig verkrampft."
Mit dem Innovationsfonds will der Gesetzgeber innovative Versorgungsprojekte mit dem Ziel fördern, sie in die Regelversorgung zu überführen. 300 Millionen Euro jährlich sind dafür ab 2016 vorgesehen.
Typisches Muster?
Ein Vertreter des Bundesgesundheitsministeriums wollte diesen Pessimismus nicht teilen. "Das ist so ein Muster im Gesundheitswesen: Wenn etwas Neues kommt, wird gesagt, das kann doch nicht funktionieren", sagte Ministerialdirigent Joachim Becker. Ähnlich sei es auch bei der Integrierten Versorgung gewesen.
Er erwarte, dass das bereitgestellte Geld schon seinen Zweck erfüllen wird. "Das ist ein wunderbares Triebmittel für Kreativität", so Becker. Der CDU-Bundestagsabgeordnete und Gesundheitsexperte Michael Hennrich erklärte, die Förderfähigkeit eines Projekts hänge unter anderem von der inhaltlichen Ausrichtung ab.
So gebe es derzeit vier Förderschwerpunkte: Arzneimitteltherapiesicherheit, Psychotherapie, Versorgung im ländlichen Raum und Heimversorgung. Außerdem müsse ein Arztnetz eine gewisse Größe haben, damit eine Evaluation und eine Überführung in die Regelversorgung möglich seien. "Das wird für kleinere Netze wahrscheinlich nicht so interessant sein, es müssen schon ein paar Strukturen vorhanden sein", so Hennrich.
Streit in der Selbstverwaltung
Ein anderes Thema war das E-Health-Gesetz. Eine Veranstaltungsteilnehmerin berichtete von einem Telematik-Projekt zur Versorgung chronisch Kranker im ländlichen Raum, bei dem es immer wieder Probleme mit der Finanzierung zusätzlicher ärztlicher Leistungen gebe. "Wie können zusätzliche ärztliche Leistungen finanziert werden, damit diese Leute überhaupt noch einen Facharzt sehen?", wollte sie wissen.
SpiFa-Chef Heinrich verstärkte diese Kritik noch: Das E-Health-Gesetz sehe zwar für bestimmte telemedizinische Leistungen EBM-Ziffern vor.
Wann mit diesen zu rechnen sei, hänge aber vom erweiterten Bewertungsausschuss ab. "Und da streiten sich Ärzte und Krankenkassen", sagte Heinrich.
Bundestagsabgeordneter Hennrich entgegnete: "Das macht mich als Politiker wütend, denn das ist ein Thema der Selbstverwaltung, die sich einigen muss", sagte er. Weil das kein Einzelfall sei, stelle sich die Frage, ob die Politik sich mehr in die Zuständigkeiten der Selbstverwaltung einschalten müsse. "Wir haben in den letzten zwei, drei Jahren erlebt, dass es nicht richtig funktioniert", betonte der CDU-Politiker.
Mehr Arbeit durch E-Health?
Ein Arzt aus dem Publikum stellte den Sinn des E-Health-Gesetzes insgesamt infrage. "Ich habe das Gefühl, das E-Health-Gesetz ist vor allem eine große Anschubfinanzierung für die Software- und Hardwarebranche". "Die großen Vorteile für den Arzt kann ich nicht erkennen."
Auch Heinrich sah Probleme in der Umsetzung: "Bei den Praxisverwaltungssystemen haben wir durch die Digitalisierung wenig gewonnen". Zwar sei man dadurch die Akten losgeworden, müsse aber für Softwareupdates aufkommen und mit gestiegenen Anforderungen zurechtkommen. "Es kostet Geld, und es kostet Zeit", so Heinrich.
Zu den künftigen Vorteilen der Digitalisierung für Ärztenetze zählte Heinrich die Vernetzung bei Patientendaten. Allerdings müsse die Vertraulichkeit über Sicherheitsstandards gewährleistet sein. Heinrich: "Davon werden wir kein Jota abrücken."